Leitsatz

Nach Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989 können Ruhegehälter und alle anderen wiederkehrenden oder einmaligen Bezüge, die auf Grund der Sozialversicherungsgesetzgebung eines Vertragsstaates von diesem Staat, einem seiner Länder, einer ihrer Gebietskörperschaften oder einer ihrer juristischen Personen des öffentlichen Rechts gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden, wenn der Empfänger Staatsangehöriger dieses Staates ist, ohne Staatsangehöriger des anderen Vertragsstaates zu sein. Eine darauf beruhende Zuordnung des Besteuerungsrechts für die Leibrentenzahlungen der DRVB (Sozialversicherungsrente) an einen in Italien ansässigen deutschen Staatsangehörigen an den "Kassenstaat" Deutschland ist (insoweit abweichend zum Senatsbeschluss vom 25.07.2011 – I B 37/11, BFH/NV 2011, 1879) nicht rechtsfehlerhaft.

 

Normenkette

Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989

 

Sachverhalt

Der Kläger, der nicht im öffentlichen Dienst tätig war, ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Italien. Er bezieht seit dem 1.8.2003 eine Leibrente i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRVB).

In den Jahren 2005 und 2006 bezog der Kläger auch eine monatliche Rente der schweizerischen Eidgenössischen Alters‐, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung i.H.v. … CHF. Ab dem 20.9.2007 nahm er unter Beibehaltung seines Wohnsitzes (innerhalb eines 20 km‐Bereiches zur italienischen Grenze) eine selbstständige Tätigkeit in der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweiz) auf. Als sog. Grenzgänger war er mit seinem Erwerbseinkommen in der Schweiz (Arbeitsort) steuerpflichtig (Vereinbarung zwischen der Schweiz und Italien vom 3.10.1974 über die Besteuerung der Grenzgänger und den finanziellen Ausgleich zugunsten der italienischen Grenzgemeinden), wobei die Schweiz das ausschließliche Recht auf Besteuerung hatte (in Italien war keine Besteuerung vorgesehen, allerdings erhielten die italienischen Wohnsitzgemeinden der Grenzgänger eine Ausgleichszahlung in Höhe eines Teilbetrages der eingenommenen Quellensteuern von den betroffenen schweizerischen Kantonen).

ESt-Erklärungen reichte der Kläger in Deutschland nicht ein. Das FA veranlagte den Kläger mit der aus Deutschland bezogenen Rente nach Maßgabe einer beschränkten ESt-Pflicht (§ 1 Abs. 4 EStG) und setzte dementsprechend ESt für die Streitjahre fest. Die dagegen erhobenen Einsprüche blieben erfolglos; das FG gab der Klage unter Aufhebung der Bescheide statt (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 22.1.2019, 1 K 293/15, Haufe-Index 13123303, EFG 2019, 1110).

 

Entscheidung

Der BFH sah die Revision des FA als begründet an. Dies führte zur Aufhebung des stattgebenden FG-Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Begründung kann den Praxis-Hinweisen entnommen werden.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung betrifft eine mittlerweile häufig anzutreffende Situation: Nach einem Arbeitsleben in Deutschland zieht es nicht wenige Rentnerinnen und Rentner ins (sonnige oder – was die Lebenshaltungskosten angeht – preisgünstigere) Ausland. Sie empfangen dort die Rentenzahlungen der deutschen Rentenversicherung. Regelmäßig stellt sich dann die Frage, ob dem neuen Wohnsitzstaat oder Deutschland das Besteuerungsrecht für diese Rente zusteht.

2. Insbesondere im Fall von Italien stellt sich ein Sonderproblem, für das der BFH gewissermaßen selbst gesorgt hat, indem er vor einigen Jahren in einem AdV-Verfahren Zweifel am Besteuerungsrecht des Kassenstaats (im damaligen Fall Italien; im vorliegenden Fall Deutschland hinsichtlich der von der deutschen Rentenversicherung gezahlten Renten) geäußert hatte (BFH, Beschluss vom 25.7.2011, I B 37/11, BFH/NV 2011, 1879).

3. Das DBA-Italien sieht in seinem Art. 19 unter Abs. 4 vor, dass Ruhegehälter und alle anderen wiederkehrenden oder einmaligen Bezüge, die aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung eines Vertragsstaates von diesem Staat, einem seiner Länder, einer ihrer Gebietskörperschaften oder einer ihrer juristischen Personen des öffentlichen Rechts gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden können, wenn der Empfänger Staatsangehöriger dieses Staates ist, ohne Staatsangehöriger des anderen Vertragsstaates zu sein.

4. Liest man dies, dann scheint die Sache für einen deutschen Rentner, der in Italien lebt und eine deutsche Sozialversicherungsrente bezieht, klar zu sein: Deutschland hat als "Kassenstaat" das Besteuerungsrecht. Allerdings hat der BFH in dem oben zitierten Beschluss Zweifel am Besteuerungsrecht des Kassenstaats mit der Begründung angemeldet, Renten würden nicht vom Kassenstaat (oder einer seiner Institutionen, wie z.B. der Deutschen Rentenversicherung Bund als juristischer Person des öffentlichen Rechts), sondern lediglich durch diesen gezahlt (als bloße Zahlstelle). Denn die Rentenzahlung beruhe im Wesentlichen auf den früheren Beitragszahlungen des Rentners und seines früheren Arbeitgebers. Wirtschaftlich betrachtet zahle also mitnichten der Kassenstaat. Diese Argumentation machte sich das FG zu e...

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