Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerliche Behandlung von Leistungen aus einer Gruppenunfallversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

Gruppenunfallversicherung / Invaliditätsentschädigungen gehören nicht zum Arbeitslohn § 19 EStG.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Leistungen aus einer Gruppenunfallversicherung, die der Arbeitgeber für den Kläger abgeschlossen hatte, zum Arbeitslohn gehören.

Der Kläger erzielte im Streitjahr als Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Arbeitgeberin hatte für ihn und andere Arbeitnehmer eine Gruppenunfallversicherung abgeschlossen und die Zahlung der jeweiligen Prämien übernommen. Die Versicherung erstreckte sich auf Unfälle innerhalb und außerhalb des Berufs. Zahlungen waren bei Invalidität und Tod zu leisten. Bezugsberechtigter im Todesfall war der namentlich benannte Versicherungsnehmer.

Nach den allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 88) richtete sich die Höhe der Leistung nach dem Grad der Invalidität (§ 7 Abs. 2). Die Invaliditätsleistung war als Rente zu erbringen, wenn der Versicherte bei Eintritt des Unfalls das 65. Lebensjahr vollendet hatte (§ 7 Abs. 1). Die Ausübung der Rechte stand nicht dem Versicherten, sondern dem Versicherungsnehmer zu (§ 12). Er war neben dem Versicherten für die Erfüllung der Obliegenheiten (z. B. Aufsuchen des Arztes, Meldepflicht, Auskunfterteilung etc.) verantwortlich (§ 9).

Der Kläger und seine Arbeitgeberin hatten hierzu am 30. April 1985 folgende Vereinbarung getroffen:

„... Es wird vereinbart, dass bei Unfällen des privaten Bereichs die Versicherungsleistung der Gesellschaft und bei Unfällen im beruflichen Bereich die Versicherungsentschädigung dem Geschäftsführer zusteht.

Der Geschäftsführer erklärt, dass er aufgrund dieser Vereinbarung bei einem Berufsunfall gegenüber der Arbeitgeberin keine weiteren Ansprüche geltend machen wird.

Die Arbeitgeberin erklärt, dass sie im Fall eines Unfalls im privaten Bereich gegenüber dem Geschäftsführer keine weiteren Ansprüche geltend machen wird.“

Der Kläger erlitt im August 1991 bei einem Kundenbesuch für seine Firma einen Unfall. Er stolperte auf der Treppe und zog sich hierbei eine Fraktur des rechten Handgelenks zu. Am 25. November 1991 war er dann wieder arbeitsfähig. Bleibende Unfallschäden blieben zurück. Die Versicherung zahlte deshalb als Invaliditätsleistung im Jahr 1992 50.000 DM und im Jahr 1993 37.500 DM an die Arbeitgeberin. Diese leitete die Beträge an den Kläger weiter.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer(LSt)-Außenprüfung bei der Arbeitgeberin des Klägers vertrat das Finanzamt die Ansicht, die Versicherungsleistung sei steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dementsprechend setzte es die Einkommensteuer (ESt) durch ESt-Bescheid vom 1. August 1994, der in der Folgezeit aus hier nicht entscheidungserheblichen Gründen mehrmals geändert wurde, fest.

Den hiergegen vom Kläger erhobenen Einspruch wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 1997, auf die verwiesen wird, als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Zur Begründung trägt der Kläger vor:

Bei dem streitbefangenen Betrag handele es sich weder um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit noch um sonstige Einkünfte, die der ESt unterliegen. Die Leistungen der Unfallversicherung seien keine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen, da er - der Kläger - seinen Beruf weiterhin ohne irgendwelche Entgeltkürzungen habe ausüben können. Mit der Versicherungsleistung hätten Schadenersatzansprüche abgegolten werden sollen. Sie seien gezahlt worden für die durch den beruflichen Einsatz entstandenen Unfallfolgen wie Invalidität, Schmerzensgeld und sonstige entstandene Kosten. Es habe sich um nicht steuerpflichtigen Schadensersatz gehandelt.

Der Kläger beantragt,

den geänderten ESt-Bescheid vom 3. März 2000 dahingehend zu ändern, dass die ESt unter Nichtberücksichtigung der Versicherungsleistung in Höhe von 50.000 DM niedriger festgesetzt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor:

Der Kläger habe keine direkte Leistung aus einer Unfallversicherung erhalten, sondern eine solche von seinem Arbeitgeber. Die streitige Zahlung hätte nur dann keinen Arbeitslohn dargestellt, wenn der Arbeitgeber gesetzlich zum Schadensersatz verpflichtet gewesen wäre oder wenn er einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen schuldhafter Verletzung arbeitsvertraglicher Fürsorgepflichten erfüllt hätte (Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 17. Juli 2000, Der Betrieb 2000, 1492).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Verwaltungsakte verletzen den Kläger in seinen Rechten gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Leistung aus der Unfallversicherung gehört nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Bei der Invaliditätsentschädigung handelt es sich um nichtsteuerbaren Schadenersatz fü...

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