rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortfall des einzigen Komplementärs einer KG. automatische Umwandlung in eine OHG, wenn weder die Liquidation durch die verbliebenen Gesellschafter nachhaltig betrieben noch ein neuer Komplementär aufgenommen wird. unbeschränkte Gesellschafterhaftung für bestehende und neu entstehende Gesellschaftsschulden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Fortfall des einzigen Komplementärs (hier durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen) führt – außer bei einer zweigliedrigen Gesellschaft – grundsätzlich zur Auflösung der KG, da diese ohne ihren allein vertretungsberechtigten Gesellschafter das Handelsgewerbe nicht fortführen kann. Die aufgelöste Gesellschaft ist zu liquidieren.

2. Betreiben die verbleibenden Kommanditisten die Liquidation nicht nachhaltig und nehmen sie auch keinen neuen Komplementär auf, wandelt sich die Gesellschaft kraft Rechtsformzwangs automatisch in eine OHG um, mit der Folge der zwingenden und unbeschränkten Haftung der Gesellschafter für alle entstandenen und neu entstehenden Gesellschaftsverbindlichkeiten.

3. Die Rechtsprechung des BGH (Urteile v 4.4.1951, II ZR 10/50, NJW 1951 S. 650, und vom 19.6.1995, II ZR 255/93, DStR 1995 S. 1515), wonach die Abwicklung einer aufgelösten OHG bzw. einer aufgelösten GbR im Einverständnis aller Gesellschafter für absehbare Zeit aufgeschoben werden kann, wenn für den Aufschub ein verständiger Grund gegeben ist, und die aufgelöste Gesellschaft während dieser Zeit ihre werbenden Geschäfte fortführen kann, ist auf den Fall einer in Liquidation befindlichen KG nicht übertragbar.

 

Normenkette

HGB §§ 128, 131 Abs. 3, §§ 145, 161 Abs. 2, § 164; AO § 191 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, inwieweit der Beklagte den Kläger für Steuerschulden der Firma X GmbH & Co KG Immobilien (nachfolgend: X KG) in Haftung nehmen kann.

Die X KG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom … gegründet und ins Handelsregister des Amtsgerichts …. (HRA …) eingetragen. Komplementär war die Y GmbH (nachfolgend: Y GmbH), deren Geschäftsführer der Kläger war. Kommanditisten waren der Kläger mit einer Einlage von DM …, Herr Z mit einer Einlage von DM … sowie Herr A mit einer Einlage von DM …. Gegenstand des Unternehmens war die Beschaffung und Erschließung von Grundstücken sowie die Durchführung und Betreuung von Baumaßnahmen, der Erwerb von Grundstücken, deren Erschließung und Wiederveräußerung sowie die Vermietung von Gebäuden und Grundstücken und die Errichtung von Gebäuden auf eigenen oder fremden Grundstücken.

Die X KG ist Eigentümerin einer Immobilie in …. Bei dem Grundstück handelt es sich um den einzig wesentlichen Vermögensgegenstand der X KG. Es ist mit einer Werkhalle bebaut, welche mit technischen Geräten, baulichen Anlagen und Maschinen der Galvanikbranche ausgestattet ist. Den Kauf der Immobilie finanzierte die … Bank. Das Kreditinstitut ist Grundschuldgläubigerin. Die gesamte Immobilie wurde von der X KG an ihre Komplementärin, die Y GmbH, vermietet.

Mit Schreiben vom … beantragte der Kläger beim Amtsgericht … die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X KG sowie über das Vermögen der Y GmbH.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom … (Az. …) wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X KG mangels Masse abgewiesen. Über das Vermögen der Y GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom … (Az. …) das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger wurde am … als Liquidator der X KG bestellt. Das Grundstück wurde der neu gegründeten Y 1 GmbH, deren Geschäftsführer wiederum der Kläger ist, zur Nutzung überlassen. Ein schriftlicher Mietvertrag wurde nicht geschlossen. Mietzahlungen erfolgten nicht. Die Y 1 GmbH bilanzierte allerdings u.a. im Jahr 2013 in der Gewinn- und Verlustrechnung einen Mietaufwand von EUR …, wobei es sich um die Bildung einer Rückstellung handelte.

Mit Schreiben vom … teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass sich die X KG in Liquidation befinde und während dieser Zeit Geschäftstätigkeit zum Zwecke der Liquidation (Vermietung) habe. Für das 1. Quartal 2013 reichte der steuerliche Vertreter für die X KG eine Umsatzsteuervoranmeldung ein, aus der sich eine Zahllast von EUR … ergab. Diesen Betrag entrichtete die KG nicht. Der Beklagte rechnete Guthaben aus späteren Umsatzsteuervoranmeldungen (3. und 4. Quartal 2013, 3. und 4. Quartal 2014) in Höhe von insgesamt EUR … mit dem Rückstand auf.

Im Januar 2013 schied Herr A als Kommanditist aus und die Kommanditeinlage des Klägers wurde im Wege der Sonderrechtsnachfolge entsprechend erhöht.

Da die X KG keine Umsatzsteuerjahreserklärungen einreichte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Umsatzsteuer für 2013 mit Bescheid vom … unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf EUR … fest, so dass sich nach Abzug des Verrechnungsbetrages eine Zahllast von EUR … ergab, sowie de...

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