Bei schwebendenden Absatzgeschäften ist eine Drohverlustrückstellung zu bilden, wenn die ggf. bereits aktivierten Herstellungskosten zuzüglich noch anfallende Aufwendungen für ein fertiges Erzeugnis oder eine Dienstleistung den vereinbarten Kaufpreis übersteigen. Die noch anfallenden Aufwendungen sind zu Vollkosten anzusetzen, d. h. in die Bestimmung sind neben den Einzel- und Gemeinkosten des Produktionsbereichs alle weiteren direkt zurechenbaren Kosten einzubeziehen. Nach IDW RS HFA 4, Rz. 37 ist bei der Gemeinkostenzurechnung von einer normalen Kapazität auszugehen. Allgemeine Verwaltungs- und Vertriebskosten gehören jedoch nicht dazu.[1] Ebenso sind ein Gewinnaufschlag oder kalkulatorische Kosten nicht zu berücksichtigen.

Insbesondere bei Absatzgeschäften kann es zu einem Konkurrenzverhältnis zwischen der Buchung einer außerplanmäßigen Abschreibung und der Buchung einer Drohverlustrückstellung kommen. Z. B. ist ein am Bilanzstichtag angearbeiteter Auftrag grundsätzlich mit den bis dahin angefallenen Herstellungskosten als unfertiges Erzeugnis zu aktivieren. Droht jedoch in der Zukunft aus diesem Auftrag ein Verlust, stellt sich die Frage, ob das unfertige Erzeugnis abzuwerten ist oder eine Drohverlustrückstellung auszuweisen ist. Der BFH und das Schrifttum haben der Abschreibung klar den Vorrang eingeräumt.[2] Danach ist zunächst ein vorhandenes Wirtschaftsgut vollständig abzuschreiben. Erst der verbleibende Verpflichtungsüberschuss ist als Drohverlustrückstellung auszuweisen.

Steuerlich kommt der Ausweis einer Drohverlustrückstellung nicht in Betracht. Steuerlich kann der Unternehmer bei Wirtschaftsgütern des Anlage- und Umlaufvermögens eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 EStG vornehmen, wenn eine dauerhafte Wertminderung vorliegt.

Häufigster Grund einer Teilwertabschreibung beim Vorratsvermögen, das zum Verkauf bestimmt ist, ist der unzureichende Erlös. Unzureichende Erlöse können durch allgemeine Veränderungen am Absatzmarkt eintreten, z. B. durch Änderungen bei der Nachfrage, neue und bessere Angebote von Konkurrenten, aber auch durch produktbezogene Faktoren, wie Lagerschäden, Produktfehler und Änderungen in der modischen Entwicklung.

 
Praxis-Beispiel

Ausweis einer Drohverlustrückstellung bei Absatzgeschäften im Umlaufvermögen

Unternehmer Huber hat sich am 30.11.01 gegenüber dem Kunden Müller verpflichtet, im März 02 eine Verpackungsmaschine zu liefern. Der vereinbarte Nettokaufpreis beträgt 100.000 EUR. Die Vorkalkulation für die Preisfestsetzung sah wie folgt aus:

 
  Herstellungskosten 85.000 EUR
+ Verpackungskosten 5.000 EUR
+ allgemeine Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten 4.250 EUR
+ Gewinnzuschlag 5.750 EUR
= Verkaufspreis 100.000 EUR

Nach Vertragabschluss wird festgestellt, dass die vereinbarten Eigenschaften der Maschine nicht so einfach umgesetzt werden können, wie von den Vertriebsmitarbeitern gedacht. Unerwartete Mehrarbeiten sowie Materialmehrbedarf führen nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag (31.12.01) zu einem Ansteig der Herstellungskosten auf 110.000 EUR.

Für die handelsbilanzielle Behandlung ist der Verpflichtungsüberschuss zu ermitteln. Dabei sind die Herstellungskosten sowie die Verpackungskosten zu berücksichtigen. Danach ergibt sich zum 31.12.01 ein Verpflichtungsüberschuss von 15.000 EUR:

 
  Verkaufspreis 100.000 EUR
Herstellungskosten –  110.000 EUR
Verpackungskosten –  5.000 EUR
= Verpflichtungsüberschuss – 15.000 EUR

Fall A: Mit der Fertigung wird erst im Jahr 02 begonnen

Zum 31.12.01 kann der drohende Verlust in Höhe von 15.000 EUR aus dem vertraglich vereinbarten Verkauf der Maschine nicht bei der Bewertung der Maschine berücksichtigt werden, da diese erst im Geschäftsjahr 02 gefertigt wird und diese zum 31.12.01 – mangels angefallener Herstellungskosten – noch nicht als unfertiges Erzeugnis ausgewiesen werden kann.

Allerdings steht zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass aufgrund der genannten Schwierigkeiten ein Verpflichtungsüberschuss bzw. Verlust aus dem Verkauf droht. Daher ist in der Handelsbilanz zwingend eine Rückstellung für drohende Verluste gem. § 249 Abs. 1 HGB in Höhe des ermittelten Verpflichtungsüberschusses von 15.000 EUR auszuweisen.

Buchungsvorschlag für die Bildung einer Drohverlustrückstellung zum 31.12.01:

 
Konto SKR 03/04 Soll Kontenbezeichnung Betrag Konto SKR 03/04 Haben Kontenbezeichnung Betrag
4900/6300 Sonstige betriebliche Aufwendungen 15.000 0976/3092 Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften 15.000

In der Steuerbilanz darf nach § 5 Abs. 4a Satz 1 EStG keine Drohverlustrückstellung ausgewiesen werden. Somit ergeben sich zum 31.12.01 aus dem Absatzgeschäft keine (steuer)bilanziellen Konsequenzen.

Fall B: Mit der Fertigung wird am 1.12.01 begonnen und bis zum 31.12.01 fallen Herstellungskosten von 10.000 EUR an

In diesem Fall sind für die unfertige Maschine zum 31.12.01 die bis dahin angefallenen Herstellungskosten als unfertiges Erzeugnis zu aktivieren. Da die Maschine noch nicht ausgeliefert und abgenommen wurde, ist am...

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