Große Bedeutung besitzen gerade im Steuerrecht Verwaltungsvorschriften, welche dafür Sorge tragen sollen, dass auf der Ebene der Behörden die Steuergesetze gleichmäßig angewandt werden. Sie besitzen keinen Rechtsnormcharakter. Es handelt sich um Rechtssätze mit abstrakt-generellem Inhalt, die von übergeordneten Behörden kraft ihrer Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt gegenüber nachgeordneten Behörden erlassen werden.

Gerade im Steuerrecht kommt solchen Verwaltungsvorschriften eine besondere Bedeutung zu. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass in Art. 108 Abs. 7 GG festgehalten ist, dass die Bundesregierung gegenüber der Finanzverwaltung allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen kann, wobei bei Steuern, die von den Landesfinanzbehörden (Art. 108 Abs. 2 Satz 2 GG) oder den Gemeinden (Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG) verwaltet werden, hierzu die Zustimmung des Bundesrats erforderlich ist. Es gibt unterschiedliche Verwaltungsvorschriften, nämlich solche, welche eine Vielzahl von Steuerpflichtigen betreffen (sog. allgemeine Verwaltungsvorschriften), und solche, welche lediglich einen Einzelfall regeln (Dienstanweisungen, Weisung oder Verfügung).

Unterscheidungen

Speziell im Bereich der Finanzverwaltung lassen sich weitere Unterscheidungen treffen:

  • Richtlinien der Bundesregierung nach Art. 108 Abs. 7 GG. Sie beinhalten die Verwaltungsauffassung zu zahlreichen Steuergesetzen, wie etwa

    • die Einkommensteuer-Richtlinien,
    • die Lohnsteuer-Richtlinien,
    • die Umsatzsteuer-Richtlinien,
    • die Körperschaftsteuer-Richtlinien,
    • die Erbschaftsteuer-Richtlinien,
    • die Gewerbesteuer-Richtlinien.

    Auch zur Abgabenordnung gibt es solche "Richtlinien". Sie werden jedoch als "Anwendungserlass zur Abgabenordnung" bezeichnet. Diese Richtlinien werden noch ergänzt durch entsprechende Hinweise (z. B. EStH, LStH). Sie werden von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen und weisen den Rechtsanwender auf höchstrichterliche Rechtsprechung, BMF-Schreiben und andere Rechtsquellen zu bestimmten Themenbereichen hin.

  • Erlasse des Bundesfinanzministeriums und der Finanzminister/-senatoren der Länder. Einen Unterfall stellen die sogenannten Nichtanwendungserlasse dar, mit denen die Finanzverwaltung eine aus ihrer Sicht nicht zutreffende Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht zur Anwendung kommen lässt.
  • Verfügungen der Oberfinanzdirektionen und der Leiter eines Finanzamts. Sie stellen verbindliche Weisungen an die nachgeordneten Behörden des jeweiligen Oberfinanzdirektionsbezirks oder die Mitarbeiter des jeweiligen Finanzamts dar.
  • BMF-Schreiben. Sie stützen sich auf Art. 108 Abs. 3 Satz 2 GG und ergehen durch das Bundesfinanzministerium in Abstimmung mit den Länderfinanzministerien.

Bindungswirkung

Verwaltungsvorschriften sind interne Weisungen, d. h. sie binden im Regelfall weder den Steuerpflichtigen noch die Finanzgerichte. Allerdings erlangen solche Verwaltungsvorschriften als sogenannte ermessensleitende Richtlinien über Art. 3 Abs. 1 GG Außenwirkung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist zudem anerkannt, dass allgemeine Verwaltungsanweisungen, die Schätzungen zum Inhalt haben, aus Gründen der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. Den Finanzbehörden ist es danach verwehrt, in Einzelfällen, die offensichtlich von der Verwaltungsanweisung gedeckt werden, deren Anwendung ohne triftige Gründe abzulehnen. Der Steuerpflichtige hat einen auch vor den Steuergerichten zu beachtenden Rechtsanspruch darauf, nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsanweisungen besteuert zu werden, es sei denn, dass die Anwendung der allgemeinen Schätzungsrichtlinie im Einzelfall offensichtlich zu unzutreffenden Ergebnissen führt. Der BFH hat allerdings in diesem Zusammenhang auch ausgesprochen, dass die Steuergerichte nur an Gesetz und Recht gebunden sind und deshalb allgemeine Verwaltungsanweisungen nicht in gleicher Weise wie Gesetze handhaben, insbesondere nach den dafür maßgeblichen Kriterien auslegen dürfen. Vielmehr können die Steuergerichte nur unterbinden, dass die Finanzverwaltung in Einzelfällen, "die offensichtlich von der Verwaltungsanweisung gedeckt werden", willkürlich, d. h. ohne zwingende Sachgründe, die Anwendung der Verwaltungsanweisung ablehnt.

Soweit in einer Verwaltungsanweisung (etwa einem BMF-Schreiben) Übergangsregelungen enthalten sind, beinhalten diese eine Billigkeitsmaßnahme, über die in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden ist. Auch insoweit tritt eine Außenwirkung ein.

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