Die GmbH als Serienfertiger kalkuliert ihre Produkte in der Regel für Losgrößen à 1.000 Einheiten und nicht für einzelne Stücke, um Zufallsschwankungen bei Preisen, Zeiten und Materialeinsatz weitgehend ausschließen zu können.

Für ein Los mittelgroßer Schraubendreher vom Typ S 1 sieht die Zuschlagskalkulation aus wie in Abb. 2 dargestellt. Die Zuschlagssätze werden auf Grundlage des BAB ermittelt. Die Materialkosten und Löhne werden als Einzelkosten mit Hilfe von Entnahmescheinen und Stundenaufschreibungen der Mitarbeiter, die Sondereinzelkosten mittels Belegen oder Angeboten von Drittfirmen erfasst. Aus der Kalkulation eines Loses werden am Schluss die Kosten bzw. Preise pro Stück durch einfache Division errechnet. Will die GmbH ihre Kosten decken, einen Gewinn pro Stück erzielen und die Nachlässe abdecken, muss ein Kunde einen Netto-Listenpreis von immerhin 3,21 EUR bezahlen.

Abb. 2: Beispiel der Zuschlagskalkulation auf Vollkostenbasis für ein Fertigungslos des Schraubendrehers S 1

Kalkulation modifizieren

Entscheidungsprobleme können beispielsweise dann auftreten, wenn größere Kunden mit hoher Nachfragemacht nicht bereit sind, einen Preis zu bezahlen, der die Selbstkosten decken würde. Ob sich der Verkauf der Schraubendreher dann noch lohnt bzw. wie weit die GmbH mit dem Preis maximal herunter gehen kann, ohne Verluste zu erzielen, lässt sich mit der Zuschlagskalkulation nicht sofort erkennen. Um auch hier verlässliche Aussagen und Entscheidungshilfen zu erhalten, hat der Kostenrechner die Zuschlagskalkulation modifiziert.

Dazu wird der aktuell am Markt erreichbare Netto-Listenpreis an die erste Stelle der Kalkulation gesetzt. Anschließend werden die Einzelkosten, wie sie in der Zuschlagskalkulation ausgewiesen sind, von diesem Preis abgezogen. Das Ergebnis ist ein Deckungsbeitrag von immerhin rund 1.860 EUR für das Los Schraubendreher S 1. Dieser genügt, um auch die anteiligen Gemeinkosten und die restlichen Kalkulationsbestandteile abzudecken. Das veränderte Kalkulationsschema sieht die Möglichkeit vor, weitere, nicht in der Zuschlagskalkulation enthaltene, Einzelkosten sowie einen Sicherheitsaufschlag anzusetzen. Dieser Sicherheitsaufschlag kann genutzt werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass es weitere Einzelkosten gibt, aber noch nicht genau gesagt werden kann, in welcher Höhe sie anfallen.

Bei den Schraubendrehern verzichtet die GmbH auf den Ansatz, da der Preis am Markt durchzusetzen ist und der ermittelte Deckungsbeitrag ausreichend groß ist. Anders würde die Lage aussehen, wenn es Kunden gibt, die lediglich einen Preis zahlen, der sich in der Nähe der Preisuntergrenze (hier: Mindestpreis von 1,35 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, vgl. Abb. 6). Dann ist ein Aufschlag zumindest dann gerechtfertigt, wenn es weitere, bisher nicht in dem Schema berücksichtigte Einzelkosten gibt.

Abb. 3: Beispiel der modifizierten Zuschlagskalkulation der Tool-GmbH

Entscheidungsrelevante Informationen

Die modifizierte Kalkulation gibt den Entscheidungsträgern der GmbH u. a. folgende wichtige Informationen:

  • Ein Los Schraubendreher S 1 erwirtschaftet einen positiven Deckungsbeitrag von etwa 1.860 EUR, pro Stück beträgt er rund 1,86 EUR. Die Herstellung und der Verkauf des Artikels lohnen sich also aus betriebswirtschaftlicher Sicht für die GmbH.
  • Die absolute Preisuntergrenze liegt bei 1,35 EUR, inklusive Umsatzsteuer bei etwa 1,61 EUR (Berechnung s. Abb. 6).
  • Werden die Preisberechnungen bei allen Produkten modifiziert, kann man eine Rangfolge der Produkte nach Deckungsbeiträgen erstellen.

Listenpreis, Barverkaufspreis oder Selbstkosten ansetzen?

Wenn es um die Modifikation der Kalkulation geht, stellt sich u. a. die Frage, welcher Preis als Ausgangspunkt für die Berechnungen gewählt werden soll. Neben dem Listenpreis können z. B. der Barverkaufspreis oder auch die Selbstkosten gewählt werden. Grundsätzlich sollte der Listenpreis als Ausgangspunkt Ihrer Preisberechnung gewählt werden. Schließlich wollen Sie diesen Preis auch erreichen und Ihren Kunden in Rechnung stellen.

Barverkaufspreis oder Selbstkosten sollten Sie lediglich wählen, wenn Sie Zusatzinformationen benötigen. Gewähren Sie Ihren Kunden Rabatte und/oder Skonto und setzen Sie den Barverkaufspreis an, können Sie direkt den Deckungsbeitrag erkennen, der tatsächlich dazu beiträgt, Ihre Fixkosten zu decken und später einen Gewinn zu erzielen. Wenn Sie davon ausgehen, dass Sie am Markt nur einen Preis werden realisieren können, der unterhalb Ihres mit der Zuschlagskalkulation ermittelten Barverkaufspreises liegt, sollten Sie überlegen, ob Sie zunächst die Selbstkosten ansetzen. Dann können Sie direkt erkennen, wie hoch der verbleibende Deckungsbeitrag ausfällt, wenn ein Kunde weniger zahlt als der von Ihnen gewünschte Bar- oder Listenverkaufspreis.

 
Praxis-Tipp

Lässt sich der von Ihnen mit Hilfe der Vollkostenrechnung ermittelte Listenpreis nicht am Markt durchsetzen, sollten Sie stattdessen den voraussichtlich erreichbaren Nettopreis in das modifizierte Kalkulationsschema einset...

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