Das größte Risiko der Offenlegung wird in Gestalt der Interessen der aktuellen und potenziellen Konkurrenten gesehen. Durch den Ausweis hoher Umsatz- oder Eigenkapitalrenditen könnten Nachahmer auf den Markt drängen und dabei die Margen verringern.[1] Diese Sichtweise ist jedoch kritisch zu hinterfragen.

Relevante Informationen kaum ersichtlich

So ist fraglich, welche relevanten Informationen überhaupt aus dem offenlegungspflichtigen Jahresabschluss gezogen werden können, zumal dieser mit bis zu einem Jahr Verzögerung veröffentlicht werden kann. Bei größeren Unternehmen sind die Daten des Jahresabschlusses so stark zusammengefasst, dass Rückschlüsse auf einzelne Produkte und Märkte kaum gezogen werden können.

Kleinstunternehmen und Kleine Unternehmen, bei denen dies eher der Fall sein kann, haben genau aus diesem Grund Erleichterungen bei der Offenlegung, da die Gewinn- und Verlustrechnung von kleinen Gesellschaften nicht veröffentlicht werden muss bzw. bei mittelgroßen Gesellschaften die ersten Zeilen der Gewinn- und Verlustrechnung zusammengefasst werden können.[2] Bei Letzteren liegen somit zumindest Informationen über die Eigenkapitalrentabilität vor, während kleine Unternehmen diese Information durch geschickten Ausweis in der Bilanz vermeiden können.

Kennzahlen für den Unternehmensvergleich schwierig zu ermitteln

Eine Vergleichbarkeit bezüglich der Aufwandsstruktur, der Lagerhaltung und der Forderungsbindungsdauern ist aufgrund unterschiedlicher Fertigungstiefe und Marktstrategien oft im konkreten Einzelfall ebenfalls wenig gegeben. Denkbar ist hier jedoch, dass der elektronische Datenpool etwas aktueller ist, als etwa das Zahlenwerk des Statistischen Bundesamtes, und eine Auswertung der Bilanz- und GuV-Strukturen einzelner Branchen für Benchmarkingzwecke erlaubt. Durch die 12-monatige Offenlegungsfrist, die von den meisten Unternehmen auch nahezu komplett ausgenutzt wird, sind aber auch die elektronisch verfügbaren Daten i. d. R. immer mindestens 1 Jahr alt.

Interessanter erscheint dagegen die allgemeine Information über die wirtschaftliche Situation des Mitbewerbers zu sein, weil daraus auf das zu erwartende Marktverhalten, d. h. Preis- und Angebotspolitik, geschlossen und das eigene Verhalten darauf abgestimmt werden kann.

Eigene Chance: Selbst die Konkurrenz durchleuchten

Bei der Betrachtung dieser Risiken, die aus der Offenlegung resultieren, darf nicht vergessen werden, dass natürlich andersherum auch Chancen aus der Offenlegung der Konkurrenz für das eigene Unternehmen bestehen. Welche Ausprägung überwiegt, hängt von der wirtschaftlichen Lage des eigenen Unternehmens ab. Gehört das Unternehmen zu den schlechteren oder den besseren der Branche, so muss verstärkt mit Verdrängungs- oder Nachahmungsreaktionen gerechnet werden. Ist es eher im Durchschnitt positioniert, so kann ggf. von den besseren gelernt werden. Allerdings ist auch hier, ähnlich wie bei den Mitarbeitern, die Datenversorgung aus dem Jahresabschluss wohl deutlich weniger informativ als die konkrete Kenntnis des Marktes aus Gesprächen mit Kunden und Lieferanten.

Diese Einschätzung deckt sich mit dem Ergebnis, dass seit der Einführung des Antragsrechts durch jedermann im Jahr 2000 die Anzahl der Anträge auf Einleitung eines Verfahrens gegen Unternehmen, die ihren Offenlegungspflichten nicht nachkamen, nicht nennenswert gestiegen ist und in den letzten verfügbaren Daten durchschnittlich betrachtet bei 38 Abrufen pro Jahr und Unternehmen liegt.[3] Auch wurde in vielschichtigen Untersuchungen die Befürchtung der besseren Unterrichtung der Konkurrenten durch eine Ausweitung der Publizität relativiert.[4] Somit haben offensichtlich die Konkurrenten so wenig Interesse an den Daten ihrer Mitbewerber oder aber andere Informationskanäle, dass diese Möglichkeit der Informationsbeschaffung bislang kaum genutzt wurde.

[1] Vgl. Maul, WIST 2001, S. 532.
[2] Vgl. die Ausführungen zur Vermeidung und Verminderung der Offenlegung.
[3] Vgl. die Statistiken in BT-Drucks. 17/5028 v. 15.3.2011.
[4] Vgl. z. B. schon Moxter, Der Einfluß von Publizitätsvorschriften auf das unternehmerische Verhalten, 1962, S. 4 ff.

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