Hinweis

"Das Bundesamt für Justiz wird in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz gegen Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31.12.2020 am 31.12.2021 endet, vor dem 7.3.2022 kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 des Handelsgesetzbuchs einleiten. Damit sollen angesichts der andauernden COVID-19-Pandemie die Belange der Beteiligten angemessen berücksichtigt werden."[1]

Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, bei denen entweder kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (GmbH & Co. KG etc.) oder die über das Publizitätsgesetz zur Offenlegung von Jahresabschlüssen verpflichtet sind, haben die Pflicht, die offenzulegenden Rechnungslegungsdaten beim Bundesanzeiger einzureichen. Da der Betreiber des Bundesanzeigers beauftragt ist zu prüfen, ob die Unternehmen dieser Pflicht nachkommen, und die aus Pflichtverstößen resultierenden Sanktionen ebenfalls deutlich verschärft wurden, ist eine Vermeidung der Offenlegung nicht sinnvoll möglich – selbst während der Corona-Pandemie hat das Bundesamt für Justiz nur kurzzeitige Aussetzungen der Verfolgung von Ordnungsgeldverfahren erlaubt (s. obiger Hinweis).

Die bestehenden Pflichten im Überblick:

 

Offenlegungspflichten auf einen Blick

    Norm
Offenlegungspflichtig:

Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs von Kapitalgesellschaften und denen über § 264a gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften

Nach § 290 HGB konzernrechnungslegungspflichtige Mutterunternehmen
§ 325 HGB
  Eingetragene Genossenschaften § 339 HGB
  Kreditinstitute und Versicherungen § 340l und § 341l HGB
  Übrige Unternehmen und nach § 11 PublG konzernrechnungslegungspflichtige Mutterunternehmen § 9 und § 15 PublG
  Zweigniederlassungen ausländischer Mutterunternehmen § 325a HGB
Offenlegungspflichtige Unterlagen, sofern sie aufzustellen und zu erstellen sind: Festgestellter oder gebilligter Jahresabschluss, Lagebericht, Bilanzeid, Lageberichtseid und Bestätigungs- oder Versagungsvermerk sowie Bericht des Aufsichtsrats sowie Entsprechenserklärung nach § 161 AktG. § 325 Abs. 1 HGB
Offenlegungserleichterungen: Alle Aufstellungserleichterungen gelten auch für die Offenlegung. z. B. §§ 264, 266, 274a, 276 und 288 HGB
  Zusätzlich bestehen größenabhängige (Kleinst, klein, mittel, groß i. S. v. §§ 267 und 267a HGB) Offenlegungserleichterungen. insb. §§ 326 und 327 HGB
Offenlegung/Hinterlegung: Grundsätzlich erfolgt eine kostenfreie öffentlich zugängliche Offenlegung im Unternehmensregister. Kleinstgesellschaften brauchen die wenigen Unterlagen lediglich hinterlegen zu lassen im Unternehmensregister – der Zugriff ist dann nur kostenpflichtig möglich. § 326 Abs. 2 HGB
Bestehen der Offenlegungspflicht: Grundsätzlich ab Gründung bis zur Liquidation oder Umwandlung mit Entfall der Offenlegungspflicht (s. o.). Zudem gibt es unter bestimmten Voraussetzungen für ein in einen Konzernabschluss einbezogenes Tochterunternehmen die Möglichkeit der jährlich festzustellenden Befreiung von der Offenlegung. §§ 264 Abs. 3 und 4 sowie § 264b HGB
Offenlegungsfrist: 12 Monate nach dem Geschäftsjahresende (Einreichung beim Betreiber des Bundesanzeiger ist fristwahrend, Verkürzung auf 4 Monate für bestimmte kapitalmarktorientierte Unternehmen). § 325 Abs. 1a HGB
Sanktionen bei Offenlegungsverstößen: Der Bundesanzeiger prüft, ob die einzureichenden Unterlagen fristgemäß und vollständig eingereicht wurden. Fällt diese Prüfung negativ aus, unterrichtet der Bundesanzeiger das für die Durchführung des Ordnungsgeldverfahrens zuständige Bundesamt für Justiz. Somit wird das Verfahren wegen Verletzung der Pflicht zur Offenlegung von Amts wegen betrieben. Verstöße gegen die Offenlegungspflicht sind Ordnungswidrigkeiten und können Ordnungsgelder zwischen 500 EUR und 25.000 EUR (für kapitalmarktorientierte Unternehmen deutlich höher) pro Zeitüberschreitung von 6 Wochen nach sich ziehen. Die Sanktionen richten sich gegen das Unternehmen oder jedes Mitglied des vertretungsberechtigten Organs, diese haften gesamtschuldnerisch. § 335 HGB

Die Auswirkungen der internetweiten Offenlegung von Rechnungslegungsdaten sind auch größtenteils Jahre nach der Einführung der Verpflichtung umstritten.

Mögliche Chancen

Denkbare Chancen liegen in Folgendem:

  • Der Jahresabschluss als "Visitenkarte des Unternehmens" erlaubt potenziellen Kunden und Lieferanten eine bessere Einschätzung des Unternehmens und bietet die Chance bzw. Gefahr, sich ggf. adressatenorientiert besser bzw. schlechter darzustellen.
  • Investoren werden auf Unternehmen aufmerksam und sorgen in dem bislang relativ intransparenten Markt für Kapitalanteile von Nicht-Kapitalmarktorientierten Unternehmen für eine bessere Bewertung von Eigenkapital, was Unternehmensverkäufe lukrativer macht.
  • Die Rechnungslegungsdaten von Mitbewerbern können für Zwecke des Benchmarking analysiert werden.
  • Die Öffentlichkeit erhält ein realistischeres Bild von der wirtschaftlichen Lage der Unternehme...

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