vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Typisiertes Vergleichswertverfahren; eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 6/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts erfolgt gegenüber einer Erbengemeinschaft in Vertretung für die Miterben. Inhaltsadressaten der Feststellung sind die Miterben, für deren Besteuerung der Grundbesitzwert von Bedeutung ist. Die Miterben sind als Steuerschuldner der Erbschaftsteuer am Feststellungsverfahren beteiligt. Soweit der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zuzurechnen ist, sind § 352 AO und § 48 FGO entsprechend anzuwenden (§ 155 Satz 2 BewG).
  2. Die gerichtliche Überprüfung von Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt.
  3. Die Ermittlung des Grundbesitzwerts aus den von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreisen obliegt den Finanzämtern. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Finanzämter insoweit aus sämtlichen mitgeteilten Vergleichspreisen einen Durchschnittswert bilden und diesen ansetzen.
  4. Die Nichtangabe der genauen Adressen der vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichsfälle vermag keine offenbare Unrichtigkeit zu begründen.
  5. Bei den in der Mitteilung des Gutachterausschuss angegebenen Vergleichspreisen handelt es sich nicht um die Mitteilung einer Preisspanne. Vielmehr sind Differenzen bei den Einflussgrößen des Bewertungsobjekts durch das in der Mitteilung beschriebene Modell bei der Umrechnung derart berücksichtigt worden, dass die einzelnen Vergleichspreise anschließend direkt vergleichbar sind. In einem solchen Fall entspräche die Bewertung mit dem niedrigsten mitgeteilten Vergleichspreis nicht der von § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG vorgeschriebenen Bewertung.
 

Normenkette

ErbStG § 12 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Grundbesitzwert für das Wohnungseigentum in xxx in zutreffender Höhe festgestellt wurde.

Das Objekt xxx ging am 22. Januar 2017 durch Erwerb von Todes wegen auf die Kläger über. Mit Schreiben vom 6. September 2017 forderte die Erbschaftssteuerstelle des Beklagten, dem Finanzamt (FA), die Grundbesitzstelle des FA für Zwecke der Erbschafsteuer (§ 12 Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz - ErbStG -) um Ermittlung des Grundbesitzwertes auf den 22. Januar 2017 auf. Die Kläger hatten eine am 23. August 2017 von ihnen unterschriebene Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts beim FA eingereicht, in deren Anlage sie Angaben zum Grundstück machten, aus denen sich ein geltend gemachter Sachwert für das Objekt i.H.v. von 78.493 € ergab.

Die Rückseite der Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts vom 23. August 2017 enthält die Angabe der Kläger, dass der Bescheid Herrn xxx als Empfangsbevollmächtigter zugesandt werden soll. Unter dieser Erklärung befindet sich der in der Spalte 55 des Vordrucks in verkleinerter Schrift vorgesehene Hinweis: „Falls kein vertretungsberechtigter Geschäftsführer vorhanden ist, steht dem benannten Empfangsbevollmächtigen im Feststellungverfahren grundsätzlich die ausschließliche Einspruchs- und Klagebefugnis zu (§ 352 AO, § 48 FGO).” In Spalte 56 sieht der Vordruck eine Unterschriftenzeile vor, welche von den Klägern jedoch nicht ausgefüllt wurde. Die Vorderseite der Erklärung trägt mit Datumsangabe in den Abschlusszeilen die Unterschrift aller drei Kläger.

Das FA ermittelte einen Grundbesitzwert zunächst unter Zuhilfenahme des Immobilienpreiskalkulators in Höhe von 170.000 € und erließ am 10. April 2018 einen entsprechenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 22. Januar 2017 für Zwecke der Erbschaftsteuer. Der Bescheid, welcher im Adressfeld „Herrn xxx” nennt, bezeichnet als Inhaltsadressat die Erbengemeinschaft nach xxx mit dem Zusatz, dass der Bescheid mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergeht. Als Feststellungbeteiligte werden die Erben Frau xxx, Herr xxx und Frau xxx genannt.

Das FA wies in dem von den Klägern hiergegen geführten Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 4. Mai 2018 darauf hin, dass auch eine Ermittlung nach dem Vergleichsfaktorverfahren erfolgen könne. Danach ergebe sich ein Grundbesitzwert i.H.v. 153.456 € und somit eine Minderung um 16.544 €. Die Kläger waren mit der seitens des FA vorgeschlagenen Abhilfe nicht einverstanden, da nach ihrer Meinung das Sachwertverfahren anzuwenden sei.

Daraufhin forderte das FA von dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte …(GAG) Vergleichspreise für das Objekt auf den Besteuerungszeitpunkt 22. Januar 2017 an. Das Grundstück weise folgende Grundstückmerkmale auf:

- Objektart (Gebäudeart): Einfamilienhaus im Wohnungs-Teileigentum

- Lage: xxx

- Grundstücksgröße: 563/100.000-Anteil an 17.579 m² = 100,44 (anteilige Grundstücksfläche)

- Wohnfläche: 92 m²

- Baujahr: 1972

- vorgenommene Moder...

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