Schon immer war die Verwendung von Schlüsseln bei der Kostenzuordnung umstritten. Die stufenweise Verrechnung von Kosten auf immer globalere Einheiten sollte das Schlüsselproblem lösen. In der Artikelkalkulation führt das nicht zum Ziel, da hier eine möglichst detaillierte Zuordnung der Kosten zu den Produkten des Unternehmens notwendig ist. Die Entwicklung mit steigenden Gemeinkostenblöcken und sinkenden typischen direkten Kosten führt dazu, dass sich der Kostenrechner intensiv um die Bezugsgrößen der Kosten kümmern muss. Denn im Ergebnis gilt es, möglichst verursachungsgerechte Kosten pro Produkt zu ermitteln.

Realistische Verteilung

Auch heute noch ist es notwendig, für die Verrechnung indirekter Kosten auf Produkte eine möglichst realistische Verteilung vorzunehmen. Das bleibt immer problematisch:

  • Die Abhängigkeit zwischen den Kosten einer Einheit und deren Belastung durch die einzelnen Produkte sind oft nicht exakt bekannt.
  • Viele Abhängigkeiten sind zu komplex, um sie exakt abbilden zu können.
  • Die Abhängigkeit der Kosten von den einzelnen Produkten ist nicht statisch. Einmal gefundene Zusammenhänge können sich schnell wieder ändern.
 
Praxis-Beispiel

Rüstkosten verteilen

Werden auf einer Maschine fünf Produkte hergestellt und innerhalb eines Wartungszyklus einhundert Produktionsaufträge abgearbeitet, dann gibt es bereits 10025 mögliche unterschiedliche Auftragsreihenfolgen. Obwohl es naheliegt, dass die Auftragsreihenfolge einen wesentlichen Einfluss auf die Kosten für die Produktionsaufträge hat, ist diese Bezugsgröße problematisch. Allein die große Anzahl von möglichen Auftragsreihenfolgen verursacht zu große mathematische Probleme.

Richtige Schlüssel

Dennoch bleibt es Aufgabe der Kostenrechnung, die richtigen Bezugsgrößen für die Verteilung der Gemeinkostenblöcke innerhalb der Kostenrechnung und damit auch innerhalb der Kalkulation zu finden. Richtig ist der Schlüssel dann, wenn er wirtschaftlich sinnvoll ermittelt werden kann und möglichst gerecht Kosten verteilt. Mithilfe der technischen Mittel, vor allem der IT, ist das Berechnen der richtigen Schlüssel heute einfacher als noch vor zehn Jahren. Moderne Kostenrechner nutzen diese Technik.

  • Moderne Kalkulationsprogramme ermöglichen die Verwendung von Bezugsgrößen, die aus mehreren Komponenten bestehen (z. B. Quadratmeterzahl, Raumhöhe, Besucherfrequenz usw.). Auch leistungsbezogene Bezugsgrößen können komfortabel eingesetzt werden.
  • Durch digitale Messsysteme können Schlüssel wesentlich wirtschaftlicher ermittelt werden als in Zeiten analoger Geräte oder Beobachtungen.
  • Durch die massenhafte Auswertung von Aufzeichnungen der Belastungen von Systemen durch die Produkte können auch komplexe Zusammenhänge erkannt werden.
  • Bei steigender Anzahl von Berechnungen werden zufällige Fehler in den Bezugsgrößen ausgeglichen. Systematische Fehler werden schneller entdeckt, je häufiger eine Berechnung durchgeführt wird. Moderne IT-Systeme lassen schnelle und transparente Verteilungen jederzeit zu.
 
So finden Sie möglichst gerechte und wirtschaftliche Bezugsgrößen
1 Analysieren Sie den Ablauf der Belastung der Maschine, des Systems durch die Produkte.
2 Wenn möglich, führen Sie Tests durch, bei denen unterschiedliche Situationen zu unterschiedlichen Belastungen führen.
3 Sammeln Sie Daten aus den Echtbetrieben der Vergangenheit.
4 Ermitteln Sie mithilfe der Analyse aus 1 und den Daten aus 2 und 3 mögliche Abhängigkeiten zwischen der Kostenentstehung und der Belastung (z. B. Zeit der Beanspruchung, Gewicht, Reihenfolge, Farbe, Anzahl, …).
5 Prüfen Sie mit Daten aus der Vergangenheit, welche Verteilungsergebnisse mit den möglichen Schlüsseln entstehen.
6 Beurteilen Sie die so entstehenden Verteilungen der Gemeinkosten auf die Produkte hinsichtlich der verursachungsgerechten Beträge.
7 Wählen Sie den oder die Schlüssel aus, die ein gerechtes Ergebnis liefern und die in der Praxis wirtschaftlich sinnvoll ermittelt werden können.
 
Achtung

Mögliche Ungenauigkeiten akzeptieren

Moderne Systeme lassen die Verwendung von sehr exakten Schlüsseln zu. Es werden Raumgrößen in Quadratmetern mit mehreren Nachkommastellen verrechnet oder die zeitliche Inanspruchnahme einer Maschine im Sekundenbereich als Schlüssel genutzt. Diese Genauigkeit bei den Schlüsseln gaukelt dem Empfänger der Informationen eine hohe Genauigkeit der Verteilungsergebnisse vor. Die durch die Wahl der Bezugsgröße, durch veränderte Parameter oder durch unbekannte Resteinflüsse immer vorhandene Ungenauigkeit wird dabei verschwiegen. Verschwenden Sie Ihre Zeit nicht damit, die Schlüssel bis auf viele Stellen genau zu berechnen. Konzentrieren Sie sich auf die Wahl des Schlüssels und akzeptieren Sie mögliche Ungenauigkeiten.

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