Lockout-Tagout (LOTO): Prinzip der Wartungssicherung erklärt

Jeder fünfte tödliche Unfall in deutschen Betrieben ereignet sich bei Wartungs-, Inspektions-, Reparatur- und Reinigungsarbeiten an Maschinen und Anlagen. Durch eine moderne Wartungssicherung kann die Gefahr von unkontrolliert freigesetzten Energien in den Maschinen aber weitgehend beherrscht werden. Daher setzen Unternehmen zunehmend Lockout-Tagout-Systeme (LOTO) ein, um Wartungs- und andere Servicearbeiten möglichst sicher durchführen zu können. Was genau sind LOTO-Systeme, wie funktionieren sie und wie werden sie in die betriebliche Praxis umgesetzt?

Systematische Verriegelungs- und Blockiersysteme an Maschinen und Anlagen werden im Englischen als Lockout-Tagout-Systeme (abgekürzt.: LoTo- oder LOTO-Systeme) bezeichnet.

LOTO-System ist nicht verpflichtend

Entstanden ist das Verfahren in der amerikanischen Maschinenbauindustrie. Hierzulande gibt es im Gegensatz zu den USA keine rechtliche Verpflichtung, ein LOTO-System anzuwenden. Immer mehr deutsche Unternehmen wenden LOTO-Systeme aber dennoch an, um Unfälle bei Wartungsarbeiten und ähnlichen Arbeiten an den Maschinen aufgrund freiwerdender Restenergien (Hydraulikdruck, Druckluft, Gas, Dampf, elektrische Energie, Fluide) in den Zylindern, Federn und anderen Maschinenteilen zu verhindern und Abschaltvorgänge an ihren Maschinen und Anlagen so sicher wie möglich zu gestalten.

Denn allzu oft wurden Wartungstätigkeiten in der Vergangenheit ausgeführt, ohne vorher die Maschinen und Anlagen ausreichend und fachgerecht zu sichern. Bei einem unkontrollierten Anlaufen der Maschinen während der Arbeiten kam es daher immer wieder zu kostenintensiven Beschädigungen an den Anlagen und in einigen Fällen auch zu teilweise tödlichen Verletzungen der eingesetzten Service-Mitarbeiter (2019: 118 tödliche Unfälle). LOTO-Verfahren bzw. -Systeme sollen genau diese Folgen verhindern.

Was genau ist das Lockout-Tagout-Prinzip?

Das LOTO-Verfahren besteht aus zwei Schritten, Lockout und Tagout:

  • Mechanische und elektrische Sicherung (Lockout): Eine Verriegelungsvorrichtung (Wiedereinschaltsperre, zumeist Vorhängeschlösser, Ventilabsperrungen und Schließkammern) wird an Schaltern, Ventilen, Hebeln oder anderen im Vorfeld identifizierten sogenannten Energietrennungspunkten angebracht. Die Verriegelung besteht meist aus einem Mechanismus zum Blockieren und einem Schloss zum Verriegeln. Sie sorgt dafür, dass die Maschine bis zum Ende der Arbeiten nicht wieder angemacht werden kann, und verhindert dadurch, dass gefährliche Energien in die Maschine gelangen können (Strom, Dampf, heißes Wasser, Druckluft, Fluide oder Gase).
  • Optische Sicherung (Tagout): Ein Warnanhänger wird an der Maschine angebracht, zumeist an Ventilen und Hauptschaltern. Auf diesem finden sich alle notwendigen Informationen, so zum Beispiel der Grund der Sperrung, Dauer der Sperrung oder die für die Sperrung verantwortliche Person. Somit ist für jeden Betriebsmitarbeiter klar ersichtlich, dass die Maschine nicht bewegt oder eingeschaltet werden darf.

Weiterhin werden individuelle Lösungen von Gruppen-Lösungen unterschieden:

Das individuelle Verfahren: Zu jedem Vorhängeschloss in einem LOTO-System gehört ein spezieller Schlüssel für das Tagout-Vorhängeschloss, der nur von der Person verwendet wird, die an einer bestimmten Maschine arbeitet. Auf diese Weise kann der Beschäftigte selbst für seine eigene Sicherheit sorgen.

Das Gruppenverfahren: Wenn mehrere Personen an einer Maschine tätig sind, greift das LOTO-System ebenfalls. Indem für alle Arbeitsschritte spezifische Genehmigungen festgelegt sind, wird sichergestellt, dass die Maschinen erst dann wieder ihre Arbeit aufnehmen, wenn jedes einzelne Mitglied des Serviceteams seine Arbeit bereits beendet hat.

Warum ist das LOTO-System sinnvoll?

Das LOTO-System bietet Unternehmen eine Reihe von Vorteilen, wenn es richtig umgesetzt wird. Der wichtigste Vorteil ist, dass die Unfallzahlen mit ihm deutlich reduziert werden können. Dadurch werden natürlich auch die durch die Verletzungen der Beschäftigten und die Beschädigung der Maschinen anfallenden Kosten eingespart. Gleichzeitig verkürzt ein gut organisiertes LOTO-System die Dauer von Wartungs- und Reparaturarbeiten, was ebenfalls die Kosten drückt.

Richtig sinnvoll ist das LOTO-System aber nur, wenn ein Unternehmen vor der Einrichtung der ersten Lockouts und Tagouts ein Programm für dessen Implementierung konzipiert, in dem alle Schritte festgeschrieben sind, die zur Einführung des LOTO notwendig sind. Neben klaren Verantwortlichkeiten unterschiedlicher Personen bzw. Führungskräfte werden alle Vorgehensweisen detailliert beschrieben. Um also die Vorteile des LOTO-Systems vollständig ausschöpfen zu können, bedarf es zunächst eines ganzheitlichen und an die betrieblichen Bedingungen perfekt angepassten LOTO-Programmes, das aus mindestens den folgenden Elementen und Aktivitäten bestehen sollte:

LOTO-Richtlinie festlegen: Im ersten Schritt wird eine Richtlinie zur Steuerung der Energiequellen für die im Betrieb eingesetzten technischen Geräte erarbeitet. Die Richtlinie muss zum einen alle gesetzlichen Anforderungen berücksichtigen, zum anderen aber auch die spezifischen Arbeitsbedingungen an den Maschinen und in deren Umfeld.

Maschinenspezifische Prozeduren erstellen: Für jede Maschine wird eine individuelle und unverwechselbare Lockout-Prozedur erstellt. In deren Rahmen werden alle relevanten Schritte aufgeführt, durch die die Servicetechniker sicher an den Maschinen arbeiten können: Ausschalten, Trennen, Sperren und Sichern. Auch das korrekte Anbringen, Einrichten, Entfernen und Verlagern von LOTO-Hilfsmitteln (zum Beispiel Vorhängeschlösser, Ventilabsperrungen) wird hierbei festgelegt.

Energietrennungspunkte identifizieren: Jeder Energietrennungspunkt, d.h. alle Ventile, Schalter, Schutzschalter und Stecker, wird mit standardisierten Etiketten oder Anhängern markiert und möglichst auch nummeriert. Für jeden Punkt muss dabei genau angegeben werden, welche Energieform und welche Gefährdungen vorliegen.

Schulungen durchführen: Selbstverständlich müssen mindestens die Servicetechniker des Unternehmens einschlägig geschult werden. Das LOTO-Prinzip und -Verfahren muss aber möglichst allen Beschäftigten bekannt gemacht werden, die im Umfeld der Maschinen und Anlagen arbeiten und sich aufhalten.

LOTO: Rechtliche Situation

Wie bereits oben erwähnt, wird das LOTO-System vom Gesetzgeber nicht gefordert. In der 2015 novellierten Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) wurden immerhin Instandhaltungs- bzw. Wartungsarbeiten wesentlich stärker als vorher berücksichtigt – eine Folge der hohen Unfallzahlen bei diesen Tätigkeiten. Aber auch die BetrSichV verzichtete darauf, für die Durchführung von Wartungsarbeiten konkrete Schutzmaßnahmen vorzugeben, ganz im Gegensatz zum OSHA-Regelwerk in den USA.

In der betrieblichen Praxis lassen sich allerdings mittels des LOTO-Verfahrens die § 10 BetrSichV und § 6 DGUV Vorschrift 3 zu Arbeiten an aktiven Teilen besonders gut umsetzen. So ist in der BetrSichV festgelegt, dass nur bei Stillstand des Arbeitsmittels Wartungsarbeiten und andere Arbeiten vorgenommen werden dürfen. Bewegliche Teile müssen während dieser Tätigkeiten gegen Einschalten und unbeabsichtigte Bewegung gesichert werden.

In § 6 der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 3 wird vorgegeben, wie Arbeiten an aktiven Teilen korrekt durchzuführen sind. Auch hier wird grundsätzlich das LOTO-Prinzip beschrieben, denn es heißt dort unter anderem, dass vor Arbeitsaufnahme an aktiven Teilen elektrischer Anlagen und Betriebsmittel der spannungsfreie Zustand hergestellt und für die Dauer der Arbeiten sichergestellt werden muss.


Schlagworte zum Thema:  Arbeitsunfall, Wartung, Unfallverhütung