Kommentar

Auslöser dieses Verfahrens war eine Klage der Europäischen Kommission gegen Deutschland. Die Kommission meinte, daß die bis zum 31.10.1993 bestehende Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG (Steuerfreiheit von Reiseleistungen) gemeinschaftswidrig sei, weil sie gegen Artikel 26 Abs. 3 der 6. EG-Richtline verstoße. Nach der deutschen Regelung waren Reiseleistungen umsatzsteuerfrei, wenn Reisevorleistungen, d.h. Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute kommen ( § 25 Abs. 1 Satz 5 UStG ), grenzüberschreitende Beförderungen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen waren oder Beförderungen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen, die ausschließlich im Ausland erfolgten.

Der EuGH hat mit seinem Urteil festgestellt, daß Artikel 26 der 6. EG-Richtline eine Besteuerung der Reiseleistungen vorsieht und als einzige ausdrückliche Ausnahme die Steuerbefreiung der Reiseleistung bei Reisevorleistungen zuläßt, die außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, also im Drittlandsgebiet erbracht werden. Es gäbe auch keine anderen Gründe für die Beibehaltung der Vorschrift des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG in der bis dahin geltenden Fassung.

Deutschland war nach Artikel 171 EG-verpflichtet, die zur Beseitigung der in dem EuGH-Urteil festgestellten Vertragsverletzungen erforderlichen Maßnahmen unverzüglich zu ergreifen. § 25 Abs. 2 UStG wurde deshalb neu gefaßt. Mit Wirkung vom 1.11.1993 sieht die Vorschrift jetzt vor, daß eine Reiseleistung nur in dem Umfang steuerfrei ist, soweit die ihr zuzurechnenden Reisevorleistungen im Drittlandsgebiet erbracht werden.

Die Regelung bewirkt bei Reisevorleistungen, die in der Beförderung von Personen mit Flugzeugen oder Schiffen bestehen, folgendes: Erstreckt sich eine Beförderung sowohl auf das Drittlandsgebiet als auch auf das Gemeinschaftsgebiet, so hat der Reiseveranstalter die gesamte Beförderungsleistung nach Maßgabe der zurückgelegten Strecken in einen auf das Drittlandsgebiet und in einen auf das Gemeinschaftsgebiet entfallenden Anteil aufzuteilen. Hier bietet die Finanzverwaltung aber eine Vereinfachungsregelung an (vgl. Abschnitt 273 Abs. 4 UStR):

Erstreckt sich eine Personenbeförderung im Luftverkehr (Reisevorleistung) sowohl auf das Drittlandsgebiet als auch auf das Gemeinschaftsgebiet, so gilt die Beförderungsleistung (Reisevorleistung) insgesamt als im Drittlandsgebiet erbracht, wenn der Zielort der Personenbeförderung im Drittlandsgebiet liegt. In diesem Fall ist die Reiseleistung insgesamt steuerfrei.

Liegt der Zielort der Personenbeförderung im Gemeinschaftsgebiet, gilt die Beförderungsleistung (Reisevorleistung) insgesamt als im Gemeinschaftsgebiet erbracht. In diesem Fall ist die Reiseleistung insgesamt steuerpflichtig.

Eine weitere Vereinfachungsregelung gilt für Personenbeförderungen bei Kreuzfahrten. Erstrecken sich diese Beförderungen sowohl auf das Drittlandsgebiet als auch auf das Gemeinschaftsgebiet, kann der Reiseveranstalter von der Berücksichtigung des auf das Gemeinschaftsgebiet entfallenden Anteils der gesamten Beförderungsstrecke absehen, wenn dieser Anteil geringfügig ist.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 27.10.1992, C-74/91

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