Einführung

Die Fertigungstiefe in den Unternehmen beträgt teilweise nur noch 10 %, d. h., dass 90 % der Wertschöpfung eines Produktes von den Lieferanten bezogen werden. Teilweise wird in der Automobilindustrie die Fertigung eines Pkws komplett an Systemlieferanten vergeben. Damit werden die Lieferanten zu wettbewerbsentscheidenden Faktoren für die Hersteller. Der richtigen Auswahl der Lieferanten kommt deswegen besondere Bedeutung zu. Eine professionelle Methode, mit der sowohl die leistungsfähigen als auch die kristischen Lieferanten zu erkennen sind, stellt das Lieferantenbeurteilungssystem dar.

1 Welche Bedeutung hat die Lieferantenbeurteilung?

Die Lieferantenbeurteilung lässt sich wie folgt umschreiben: Unter einem Lieferantenbeurteilungssystem versteht man die Beurteilung von Lieferanten nach verschiedenen Kriterien. Die Kriterien wie Qualität, Preis oder Lieferzuverlässigkeit sind dabei vorher festzulegen.

Die Lieferantenbeurteilung ist ein Instrument der Beschaffungspolitik und wird oft in Zusammenarbeit mit der Beschaffungsmarktforschung durchgeführt. Die Beurteilung durch den Kunden bzw. Hersteller kann vor, während oder nach der Belieferung durch den Lieferanten erfolgen. Die regelmäßige Beurteilung der Lieferanten stellt einen wichtigen Baustein eines funktionierenden Risikomanagementsystems dar, welches auch kleine und mittlere Unternehmen effizient einsetzen. Es gibt verschiedene Lieferantenbeurteilungssysteme wie z. B. das Punktbewertungsverfahren oder die Nutzwertanalyse.

2 Welchen Nutzen bringt die Lieferantenbeurteilung?

Die Lieferantenbeurteilung analysiert die Lieferanten bezüglich ihrer Stärken und Schwächen. Leistungsfähige Lieferanten, welche den eigenen betrieblichen Zielvorstellungen entgegenkommen, lassen sich so gezielt auswählen. Andererseits identifiziert man kritische bzw. unzuverlässige Lieferanten, die oft zu spät oder eine schlechte Qualität liefern. Die Lieferantenbeurteilungen vor der Belieferung analysiert schon frühzeitig kritische Lieferanten, die man aus der Lieferantenliste ausschließen kann.

Bei schlechten Lieferantenbeurteilungen sind folgende Maßnahmen möglich:

  • Lieferant wird auf die Fehler hingewiesen unter sofortiger Einleitung von Verbesserungsmaßnahmen;
  • Reduzierung des Liefervolumens;
  • Ausschluss des Lieferanten aus der Lieferantenkartei.
  • Ein zweiter Lieferant wird als Risikoausgleich in die Lieferantenliste aufgenommen.

Die sorgfältige und regelmäßige Lieferantenbeurteilung reduziert das Risiko von z. B. Fehlmengen oder schlechter Qualität. Durch die damit verbundenen besseren und reibungsloseren Lieferleistungen können die Bestellkosten ebenfalls reduziert werden. Das Beurteilungssystem zwingt Hersteller bzw. Kunden, sich eingehend mit der Auswahl ihrer anzuwendenden Beurteilungskriterien auseinander zu setzen. Die Lieferantenbeurteilung ist aber auch mit Aufwand verbunden. Der Aufwand sollte deshalb im Verhältnis zum Nutzen stehen. Deswegen kann auch hier eine ABC-Analyse der Beurteilung eingeführt werden.

  • Wichtige A-Lieferanten werden z.B. mindestens 1 x pro Jahr beurteilt.
  • B-Lieferanten werden alle 1-2 Jahre beurteilt und
  • C-Lieferanten alle 2-3 Jahre.

Sollte ein Lieferant von einem B-Lieferanten zu einem A-Lieferanten aufsteigen, so muss natürlich die Beurteilung in kürzeren Abständen erfolgen. Damit verbunden sind oftmals auch eine Besichtigung des Unternehmens des Lieferanten durch Mitarbeiter von Einkauf und Produktion sowie detailliertere Auskünfte über die finanziellen und rechtlichen Verhältnisse sowie die Kapazität des Unternehmens. Der Wechsel vom B-Lieferanten zum A-Lieferanten kann erfolgen. wenn das Liefervolumen einen bestimmten Umsatzwert überschreitet (z.B. 250.000 Euro) oder wenn anstatt Massenartikel nun technologisch hochwertige Produkte vom Lieferanten gefertigt werden.

3 Vorgehensweise bei der Festlegung der individuellen Kriterien

3.1 Gewichtung der Kriterien

Bei der Beurteilung eines Lieferanten soll sich die Bewertung seiner Leistungsfähigkeit nicht nur auf das Beschaffungsmaterial an sich, sondern auch auf das gesamte Unternehmen erstrecken. Bei weltweiter Beschaffung (Global Sourcing) ist auch die Bewertung des Landes, in dem der Lieferant seinen Sitz bzw. seine Produktionsstätte hat, oftmals von Bedeutung.

Bei jeder Beurteilungsmethode muss sich das Unternehmen, dessen Einkauf bzw. die beteiligten Bereiche vorher überlegen, welche Kriterien für sie jeweils am wichtigsten sind. Bei vielen Unternehmen ist z. B. der Preis das wichtigste Kriterium. Jedes Unternehmen kann unterschiedliche Kriterien haben. Die einzelnen Kriterien werden jeweils unterschiedlich gewichtet. Das wichtigste Kriterium bekommt die höchste Gewichtung, z. B. Qualität 40 % oder 9 von 10 möglichen Punkten. Das zweitwichtigste Kriterium bekommt eine niedrigere Gewichtung z. B. Preis 30 % oder 7 von 10 möglichen Punkten.

Verwenden Sie eine angemessene Anzahl von Kriterien. Bei zu wenigen Kriterien (nur 2–3 Kriterien) kann die Bewertung den betrieblichen Erfordernissen nicht gerecht werden. Bei der Verwendung zu vieler Kriterien wird die Beurteilung nicht mehr aussagekräftig.

Aussagekraft der Bewertungskriterien

Die Beurteilungskriterien müssen die betriebliche Wirklichkeit widers...

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