Leitsatz

1. Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht auch dann, wenn ein Fahrzeug für einen Tag zugelassen und zugleich antragsgemäß wieder abgemeldet wird.

2. Eine Abstempelung von Kennzeichen war – bei Zulassung im Juli 2008 – für die Zulassung und damit auch die Kraftfahrzeugsteuer entbehrlich.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 5, § 7 Nr. 1 KraftStG, § 3 Abs. 1 FZV, § 3 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin war im Kraftfahrzeughandel tätig und benötigte für aus dem Ausland importierte Fahrzeuge regelmäßig Zulassungsbescheinigungen Teil I (Fahrzeugschein) und Teil II (Fahrzeugbrief). Für das streitgegenständliche Fahrzeug beantragte sie am 21.7.2008 die Zuteilung eines Saisonkennzeichens für einen Tag, das antragsgemäß zugeteilt wurde. Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Abmeldung des Fahrzeugs. Die An- und die Abmeldung wurden in die Zulassungsbescheinigung eingetragen und die Zulassungsbescheinigung sodann der Klägerin ausgehändigt. Das Kennzeichen war für die Klägerin bereits im September 2007 verwendet worden, danach wurde es für eine Vielzahl anderer auf Antrag der Klägerin zugelassener Fahrzeuge eingesetzt. Ob es abgestempelt wurde, hat das FG nicht festgestellt.

Aufgrund der Mitteilung über die Zulassung erging ein Bescheid über KraftSt für den 21.7.2008 über 10 EUR. Dabei wurde die Mindestdauer der Steuerpflicht von einem Monat zugrunde gelegt (§ 5 KraftStG).

Nachdem das Verfahren im Hinblick auf das damalige beim BFH anhängige Verfahren (BFH, Urteil vom 18.4.2012, II R 32/10, BFH/NV 2013, 1200) zunächst geruht hatte, wies das FG die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.9.2016, 13 K 1913/13, Haufe-Index 10083795, EFG 2017, 96). Das FG entschied, bei der Zulassungsbescheinigung handele es sich um einen Grundlagenbescheid, der verbindlich feststelle, dass und auf wen ein Fahrzeug zugelassen wurde.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück; ob die Zulassung als Grundlagenbescheid wirkt, ließ er offen.

 

Hinweis

Der III. BFH-Senat ist zum Jahresanfang nicht nur für die GewSt der Körperschaften (vormals I. Senat), sondern auch für die KraftSt (vormals II. Senat) zuständig geworden.

1. Die KraftSt ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – gemäß § 3 Abs. 1 AO eine Steuer und keine Gebühr oder ein Beitrag. Ihr unterliegt das "Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen". Ein Fahrzeug wird gehalten, wenn es nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)"zum Verkehr zugelassen" worden ist. Das tatsächliche Befahren einer öffentlichen Straße ist dafür entbehrlich. Ein Fahrzeug wird also auch dann gehalten, wenn von dem durch die Zulassung eingeräumten Recht, es auf öffentlichen Straßen in Betrieb zu setzen, kein Gebrauch gemacht wird oder wenn es trotz der Zulassung im Straßenverkehr nicht genutzt werden darf.

2. Der Begriff "Registrierzulassung" wird im KraftStG und der FZV nicht verwendet. Er bezeichnet Tageszulassungen, die nicht der Ermöglichung des Befahrens öffentlicher Straßen dienen, sondern der Beschaffung deutscher Zulassungsdokumente für importierte Gebrauchtfahrzeuge. Registrierzulassungen sind auch Zulassungen i.S.d. FZV und des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG.

3. Der BFH hat offengelassen, ob und inwieweit die Zulassung als Grundlagenbescheid wirkt (vgl. dazu einerseits BFH, Beschluss vom 25.11.2009, II B 105/09, BFH/NV 2010, 251 und andererseits BFH, Urteil vom 23.5.2006, VII R 27/05, BFH/NV 2006, 1694, BStBl II 2006, 607) oder Tatbestandswirkung entfaltet, denn die Zulassung war rechtmäßig. Sie war weder nichtig noch handelt es sich bei Außerbetriebsetzungen von Fahrzeugen mit Saisonkennzeichen vor Beginn des Betriebszeitraums – was hier nicht zutraf – um Scheinzulassungen. Etwaige Rechtsfehler des Zulassungsverfahrens wären für den Tatbestand des Haltens i.S.d. § 1 Abs. 1 KraftStG und damit die Entstehung der Kraftfahrzeugsteuer zudem nicht von Bedeutung.

Die Zulassung erfolgte 2008"durch Zuteilung eines Kennzeichens und Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung"; sie bedurfte mithin keiner Abstempelung des Kennzeichens. Ob die KraftSt auch nach gegenwärtiger Rechtslage ohne Abstempelung der Kennzeichenschilder entstehen würde, obwohl die Zulassung nach der aktuellen Fassung des § 3 Abs. 1 Satz 3 FZV durch "Zuteilung eines Kennzeichens, Abstempelung der Kennzeichenschilder und Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung" erfolgt, hat der BFH offengelassen.

4. Falls durch den nicht angefochtenen Zulassungsbescheid bindend festgestellt worden wäre, dass das streitgegenständliche Fahrzeug am 21.7.2008 auf die Klägerin zugelassen war und diese deshalb das Fahrzeug gehalten hat, oder wenn die Zulassung als rechtsgestaltender ressortfremder Verwaltungsakt eine entsprechende Tatbestandswirkung entfaltet hätte, wäre die Revision ohne Weiteres unbegründet.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.6.2018 – III R 26/16

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