Leitsatz

1. Im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind eine Erbengemeinschaft und eine aus den Miterben gebildete GbR als jeweils selbständige Feststellungssubjekte zu behandeln. Bestehen beide Feststellungssubjekte fort, ist für jedes ein eigenständiges Feststellungsverfahren durchzuführen.

2. Ein identitätswahrender Formwechsel einer Erbengemeinschaft in eine GbR ist nach dem UmwG nicht möglich.

3. Der Grundsatz, dass eine Erbengemeinschaft nebeneinander Gewinn- und Überschusseinkünfte erzielen kann, gilt nicht mehr, wenn diese in eine GbR als "andere Personengesellschaft" i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG überführt wird.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 Sätze 3 und 4 EStG, § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 41 Abs. 1 Satz 1 AO, § 125 Satz 1, § 311b Abs. 1, § 705, § 2032 Abs. 1, § 2033 Abs. 2, § 2040 Abs. 1 BGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine aus drei Geschwistern bestehende GbR. Die Geschwister hatten 2005 diversen Grundbesitz geerbt, u.a. ein Grundstück, auf dem die D-GmbH ein Hotel betreibt, sowie alle Geschäftsanteile an der D-GmbH. Im Januar 2007 schlossen die Geschwister (bezeichnet als "in GbR") mit der Sparkasse S einen Zins- und Währungsswap. In den Folgejahren nahmen sie (jeweils bezeichnet als "in Erbengemeinschaft") bei der S mehrere Darlehen zur Finanzierung eines Umbaus sowie des Erwerbs eines Erbbaurechts auf. Das beklagte FA stellte für die Klägerin in den Gewinnfeststellungsbescheiden für die Streitjahre 2008 bis 2011 sowohl gewerbliche Einkünfte (laufender Gesamthandsgewinn) als auch solche aus VuV fest. Die geltend gemachten Aufwendungen aus dem Zins- und Währungsswap-Geschäft ordnete es dabei den gewerblichen Einkünften zu und ließ sie nach § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG nicht zum Abzug zu, weil das Geschäft zeitlich und unter Berücksichtigung der vereinbarten Konditionen in keinem Sicherungszusammenhang mit den abgeschlossenen Darlehensverträgen stehe. Das FG (FG Köln, Urteil vom 18.12.2018, 8 K 3086/16, Haufe-Index 13012011, EFG 2019, 602) gab der Klage, mit der die Klägerin geltend gemacht hatte, dass die Aufwendungen aus dem Zins- und Währungsswap-Geschäft den Einkünften aus VuV zuzuordnen seien und dort keiner Abzugsbeschränkung unterlägen, statt.

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die bisherigen Feststellungen des FG ermöglichten keine Entscheidung, ob bzw. inwieweit die streitigen Feststellungen für das "richtige" Feststellungssubjekt getroffen worden seien. Das FG habe nicht näher untersucht, ob bzw. in welchen Streitjahren zwei eigenständige Feststellungssubjekte – die Klägerin als GbR und eine Erbengemeinschaft, bestehend jeweils aus denselben natürlichen Personen – existiert habe oder ob für alle Streitjahre nur von einem Feststellungssubjekt, nämlich der Klägerin, auszugehen sei. Je nach Beantwortung dieser Frage ergäben sich im Streitfall unterschiedliche steuerliche Folgerungen.

 

Hinweis

1. Setzen sich die Miterben einer Erbengemeinschaft dergestalt auseinander, dass sie zukünftig im Rahmen einer Personengesellschaft einen gemeinsamen Zweck verfolgen wollen, kann die Auseinandersetzung in der Weise erfolgen, dass die Erbengemeinschaft (notwendig im Wege der Einzelrechtsübertragung) den gesamten Nachlass in Bruchteilseigentum einer von den (bisherigen) Miterben gebildeten GbR überträgt. Ein identitätswahrender Formwechsel einer Erbengemeinschaft in eine GbR nach dem UmwG ist nicht möglich. Sind alle Erbteile auf eine durch die Miterben gebildete Personengesellschaft übergegangen, ist die Erbengemeinschaft beendet.

2. Bei einer Erbengemeinschaft beschränkt sich die gewerbliche Betätigung der Miterben auf den zum Nachlass gehörenden Betrieb. Wenn zu einem Nachlass sowohl Betriebs- als auch Privatvermögen gehören, können diese Vermögensarten in einer Erbengemeinschaft ungeachtet der Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nebeneinander bestehen. Eine Erbengemeinschaft kann daher nebeneinander Gewinn- und Überschusseinkünfte erzielen. Diese Grundsätze gelten jedoch nicht mehr fort, wenn die Erbengemeinschaft in eine GbR als "andere Personengesellschaft" i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG überführt wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.1.2023 – IV R 5/19

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