Leitsatz

Das Mitglied einer gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft, das eine Genossenschaftswohnung aufgrund eines Dauernutzungsvertrags bewohnt, ist kein wirtschaftlicher Eigentümer dieser Wohnung.

 

Normenkette

§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO , § 10e EStG , § 7 FördG

 

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder einer gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft im Beitrittsgebiet und schlossen mit ihr im Jahr 1987 auf unbestimmte Zeit gegen eine monatliche Nutzungsgebühr einen Nutzungsvertrag über eine Genossenschaftswohnung. Das Nutzungsverhälnis endet durch Kündigung des Mitglieds oder – bei Beendigung des Mitgliedschaftsverhältnisses – durch Kündigung der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft. Nach der Satzung der Wohnungsgenossenschaft endet die Mitgliedschaft u.a. durch Kündigung des Mitglieds, Übertragung des Geschäftsguthabens, Tod (wenn die Mitgliedschaft durch die Erben des Mitglieds nicht fortgesetzt wird) und durch Ausschluss nach näherer Maßgabe der Satzung.

Die Kläger machten gegenüber dem FA mit ihrer Einkommensteuererklärung Bauaufwendungen an der Wohnung als außergewöhnliche Belastungen geltend; das daraufhin angerufene FG sah die Kläger durch Zwischenurteil als wirtschaftliche Eigentümer der Genossenschaftswohnung und die Aufwendungen deshalb als nach § 10e EStG, § 7 FördG förderbar an.

 

Entscheidung

Von den Mietern einer Wohnung, die nicht im Eigentum einer Wohnungsgenossenschaft stehe, unterschieden sich die Kläger nur dadurch, dass sie eine geringe Nutzungsgebühr zahlten, in einem über § 564b BGB hinausgehenden Maß vor einer Kündigung geschützt seien, eine Veräußerung der Wohnung ihrer Zustimmung bedürfe und die Mitgliedschaft und das Nutzungsrecht vererblich seien.

Als Eigentümer sei die gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft ebenso wie ein Vermieter verpflichtet, die Wohnung während der Vertragsdauer in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Lediglich die sog. Schönheitsreparaturen habe der Mieter zu tragen. Bauliche Veränderungen, Um- und Einbauten an Wohnung und Zubehör bedürften der schriftlichen Genehmigung des Vorstands. Eine Untervermietung müsse der Vorstand ebenso genehmigen.

Der Nutzungsberechtigte könne daher insoweit ebenfalls nicht wie ein Eigentümer verfügen. Auch sei er wertmäßig nicht an dem Gebäude beteiligt. Selbst bei Auflösung der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft erhalte er nur sein Geschäftsguthaben zurück. Ein bei der Abwicklung verbleibendes Restvermögen sei dem zuständigen Prüfungsverband für Zwecke der Gemeinnützigkeit im Bereich der Wohnungsbaugenossenschaften zu übertragen.

Ein allenfalls zufälliges Zusammenfallen von tatsächlicher Nutzungsdauer und wirtschaftlichem Verbrauch des gemieteten Wirtschaftsguts rechtfertige im Übrigen nicht die Annahme wirtschaftlichen Eigentums (BFH, Urteil vom 1.10.1997 X R 91/94, BStBl II 1998, 203). Dass das Recht auf Erwerb einer Genossenschaftswohnung in erster Linie den Genossenschaftsmitgliedern zustehe und eine Veräußerung an Fremde der Zustimmung der nutzenden Genossenschaftsmitglieder bedürfe, sei kein Indiz für wirtschaftliches Eigentum des nutzungsberechtigten Genossenschaftsmitglieds, sondern eine Folge der satzungsmäßigen Aufgabe, die Mitglieder mit Wohnungen zu versorgen und demgemäß den Wohnungsbestand zu erhalten.

 

Hinweis

Abzugsbeträge nach § 10e EStG oder § 7 FördG kann nur geltend machen, wer zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der Wohnung ist (BFH, Urteil vom 1.10.1997, X R 91/94, BStBl II 1998, 203); über diese Voraussetzung kann das FG nach § 99 Abs. 2 FGO vorab durch Zwischenurteil entscheiden. Wirtschaftlicher Eigentümer ist nur, wer den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Eigentum wirtschaftlich ausschließen kann, so dass der Herausgabeanspruch des Eigentümers nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat.

Ist wie im Streitfall ein bürgerlich-rechtlicher Erwerb des Wohnungsnutzers nicht vorgesehen und bedarf eine solche Übertragung ggfs. der Zustimmung aller Mitglieder der Genossenschaft, ist ferner das Nutzungsverhältnis sowohl durch den nutzenden Genossen – jederzeit – als auch durch die gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft – unter bestimmten Voraussetzungen – kündbar, so weichen die Rechtsbeziehungen zwischen der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft und den Wohnungsnutzern ihrer Art nach nicht wesentlich von Mietverhältnissen ab, bei denen Mieter ebenfalls nicht als wirtschaftliche Eigentümer der vermieteten Sache anzusehen sind.

Denn wirtschaftliches Eigentum eines Mieters wird nur angenommen, wenn ihm das zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut zu übertragen ist, ihm das Mietobjekt unwiderruflich überlassen worden ist und nach dem Tod des Vermieters auf ihn übergehen soll (beim Immobilienleasing), nach Ablauf der Grundmietzeit das bürgerlich-rechtliche Eigentum ohne Zahlung eines zusätzlichen Entgelts oder gegen Zahlung eines geringen Entgelts auf ihn übergeht oder (beim sog. Mietkauf) der Kaufpreis nach d...

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