Leitsatz

Die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer und damit auch einer negativen pauschalen Lohnsteuer ist gesetzlich nicht vorgesehen.

 

Normenkette

§ 40b Abs. 1 und Abs. 5, § 40 Abs. 3, § 41a EStG, § 37 Abs. 2, § 168, § 218 AO, § 15 Abs. 1 UStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der A‐GmbH (GmbH). Die GmbH hatte ihren vor dem ... eingestellten Arbeitnehmern im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge Rentenzahlungen durch die Unterstützungskasse A e.V. (UK) zugesagt. Darüber hinaus schloss die GmbH mit einer Lebensversicherung einen Firmen-Gruppenversicherungsvertrag als sog. Direktversicherung ab. Die Direktversicherungsbeiträge versteuerte sie nach § 40b EStG. Im März 2009 kündigte die GmbH den Gruppenversicherungsvertrag und beantragte beim FA die Lohnsteuer für den Monat März 2009 auf …  EUR festzusetzen. Sie machte geltend, durch die Kündigung des Versicherungsvertrags hätten die Arbeitnehmer ihren Versicherungsschutz verloren. Dementsprechend sei in Höhe des Rückkaufswerts negativer Arbeitslohn angefallen. Da in der Vergangenheit die Zahlung der Versicherungsbeiträge und deren Versteuerung als Arbeitslohn nach § 40b EStG pauschale Lohnsteuer ausgelöst hätten, müsste aufgrund des Widerrufs und der Rückzahlung der Versicherungsbeiträge bei der Lohnsteuerfestsetzung März 2009 negative pauschale Lohnsteuer nebst pauschaler Annexsteuern in Höhe von insgesamt … EUR berücksichtigt werden. Mit diesem Betrag sei die in diesem Anmeldungszeitraum entstandene (reguläre) Lohnsteuer zu verrechnen und in Höhe der Differenz negative pauschale Lohnsteuer festzusetzen. Das FA berücksichtigte die geltend gemachte negative pauschale Lohnsteuer jedoch nicht und setzte die Lohnsteuer für den Monat März 2009 auf insgesamt … EUR fest. Hiergegen legte die GmbH erfolglos Einspruch ein. Die daraufhin erhobene Klage wies das FG ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.1.2015, 14 K 91/13, EFG 2015, 957).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG, wie in den Praxis-Hinweisen näher erläutert.

 

Hinweis

1. Der BFH konnte dahinstehen lassen, ob der mit der Kündigung des Versicherungsvertrags durch die GmbH einhergehende Verlust des Bezugsrechts der Arbeitnehmer und die Auskehr des Rückkaufswertes durch die Versicherung an den Arbeitgeber als Rückzahlung von Arbeitslohn zu beurteilen ist. Denn die GmbH hat im streitigen Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum März 2009 trotz des Widerrufs des Bezugsrechts weder einen Anspruch auf Erstattung der in der Vergangenheit nach § 40b Abs. 1 EStG entrichteten pauschalen Lohnsteuer noch auf Festsetzung einer negativen Pauschsteuer und – nach Verrechnung mit positiver regulärer Lohnsteuer – Auszahlung des verbleibenden Rotbetrags.

2. Eine Erstattung (§ 37 Abs. 2 AO) der in der Vergangenheit entrichtete pauschalen Lohnsteuer für die an das Versicherungsunternehmen geleisteten Direktversicherungsbeiträge kam vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil der Rechtsgrund für die Zahlung der Pauschsteuer, die entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldungen der GmbH, nicht nachträglich entfallen ist.

3. Die vom Kläger begehrte Festsetzung negativer Vorauszahlungen ist gesetzlich nicht vorgesehen, auch wenn dadurch Lohnsteuerüberzahlungen ausgeglichen werden sollen. Eine § 15 Abs. 1 UStG entsprechende Regelung kennt das Einkommensteuergesetz nicht.

4. Auch eine Verrechnung negativer pauschaler mit positiver regulärer Lohnsteuer oder gar die Auskehr eines aus einer solchen Verrechnung resultierenden Rotbetrags ist nicht möglich. Hierfür fehlt es zum einen an der erforderlichen Schuldneridentität. Zum anderen ordnet § 40 Abs. 3 Satz 4 EStG an, dass die pauschale Lohnsteuer auf die Einkommensteuer des Arbeitnehmers nicht anzurechnen ist. Das gilt auch bei einer fehlgeschlagenen Pauschalierung (BFH, Beschluss vom 20.3.2006, VII B 230/05, BFH/NV 2006, 1292).

5. Ob negative und positive pauschale Lohnsteuer in einem Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum saldiert werden können, brauchte der BFH vorliegend nicht zu entscheiden. Denn für den streitigen Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum März 2009 wurde positive pauschale Lohnsteuer weder angemeldet noch festgesetzt.

6. Schließlich konnte der Revision auch R 40b.1 Abs. 14 LStR nicht zum Erfolg verhelfen. Danach sind zwar als Arbeitslohn pauschal versteuerte Direktversicherungsbeiträge, die das Versicherungsunternehmen an den Arbeitgeber zurückzahlt, wenn der Arbeitnehmer sein Bezugsrecht aus der Direktversicherung ganz oder teilweise ersatzlos verliert, mit gleichzeitig (im selben Kalenderjahr) anfallenden pauschal besteuerbaren Beitragsleistungen des Arbeitgebers bis auf Null zu verrechnen (R 40b.1 Abs. 14 LStR). Eine solche Verrechnung von Beitragsleistungen begehrte der Kläger jedoch nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.4.2016 – VI R 18/15

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