Leitsatz

1. Betreiber von Bodenstromaggregaten zur Bordstromversorgung von Flugzeugen können für das Kalenderjahr 2004 neben der nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zu gewährenden Steuerbefreiung für den erzeugten Strom nicht zusätzlich eine Vergütung der auf dem zur Stromerzeugung eingesetzten Gasöl lastenden Energiesteuer beanspruchen.

2. Einem unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL abzuleitenden Anspruch auf Befreiung der bei der Stromerzeugung verwendeten Energieerzeugnisse von der Energiesteuer steht die Regelung in Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 EnergieStRL entgegen, die der deutsche Gesetzgeber in einer für die betroffenen Verwender erkennbaren Weise in nationales Recht umgesetzt hat.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG, Art. 14 Abs. 1 Buchst. a, Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 EnergieStRL

 

Sachverhalt

Zur Bordstromversorgung von Flugzeugen werden auf einem Flughafen Aggregate eingesetzt, welche mithilfe von Gasöl Strom erzeugen. Die Nennleistung dieser Aggregate beträgt weniger als zwei Megawatt. Den auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der RL 2003/96/EG (EnergieStRL) gestützten Antrag des Flughafenbetreibers, für das Kalenderjahr 2004 die im Kaufpreis für das Gasöl enthaltene MinöSt zu vergüten, hat das HZA abgelehnt.

Auf Vorabentscheidungsersuchen des FG hat der EuGH entschieden, der Flughafen könne sich unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL – der im Streitzeitraum in Deutschland noch nicht durch das EnergieStG umgesetzt war – berufen (EuGH, Urteil vom 17.07.2008, C-226/07, Slg. 2008, I-5999), weil diese Vorschrift unmittelbare Wirkung habe.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Klageabweisung durch das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2008, 4 K 1819/06, Haufe-Index 2079115) bestätigt. Der Flughafenbetreiber kann nicht im Widerspruch zur EnergieStRL zugleich Strom unversteuert lassen und für das eingesetzte Mineralöl Steuervergütung verlangen. Die Rechtslage nach Maßgabe des deutschen Rechts war auch vor Umsetzung der RL durch das EnergieStG hinreichend bestimmt und klar.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung ist im Hinblick auf folgende Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht nur für das Verbrauchsteuer- bzw. Energiesteuerrecht: Was wird vom nationalen Gesetzgeber verlangt, wenn ihm eine RL bestimmte Vorgaben für die Gestaltung des nationalen Steuerrechts macht? Muss er dann – fristgerecht – ein der RL entsprechendes Steuergesetz neu erlassen oder genügt es, wenn das bestehende nationale Recht in Geltung bleibt, sofern es seinem Inhalte nach mit der RL vereinbar ist? Muss, wenn man dieser Ansicht ist, der Mitgliedstaat jedenfalls das Ergebnis seiner dahin gehenden Prüfung publik machen, durch entsprechende öffentliche Verlautbarung oder zumindest Mitteilung an die Gemeinschaft?

Diese Frage stellte sich vor Erlass des EnergieStG im Hinblick darauf, dass damals in kleinen Anlagen erzeugter Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nicht besteuert wurde, dafür eingesetztes Mineralöl jedoch vom damals geltenden MinöStG der Besteuerung unterworfen wurde. Ein Verzicht auf die Besteuerung des Mineralöls wäre gem. Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 S. 2 EnergieStRL auch nur dann zulässig gewesen, wenn der mit dem Mineralöl erzeugte Strom besteuert worden wäre, der deutsche Gesetzgeber sich also für die sog. input-Lösung (anstelle der output-Lösung) entschieden hätte. Ganz auf die Energiebesteuerung zu verzichten, also keine dieser beiden Lösungen zu wählen, lässt die RL hingegen nicht zu, wenn auch Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL grundsätzlich einen Anspruch auf Vergütung der auf dem von ihr zur Stromerzeugung verwendeten Mineralöl ruhenden Steuer gewährt.

Im deutschen Recht bestand mithin eine Rechtslage (Verzicht auf die Besteuerung des Stroms, Besteuerung des Mineralöls), die der deutsche Gesetzgeber bei Umsetzung der RL hätte schaffen dürfen (freilich nicht schaffen musste). Sie ergab sich aber nicht aus einem durch einen durch die RL ausgelösten und gesteuerten Umsetzungsrechtsakt.

Im Streitfall wollte ein Flughafen beide Steuervorteile einstreichen: die Steuerfreiheit des von ihm erzeugten Stroms und die Vergütung der MinöSt für das zur Stromerzeugung eingesetzte Mineralöl. Die damit im Ergebnis eintretende völlige Steuerentlastung der Energieverwendung zur Bordstromversorgung lässt die EnergieStRL nicht zu und lässt dementsprechend heute das EnergieStG i.V.m. dem StromStG nicht zu. Aber wie war die Lage unter der Geltung des alten MinöStG?

2. Der EuGH hat in einer in dieser Streitsache vom FG eingeholten Vorabentscheidung nur entschieden, dass man sich auf die fragliche RL-Bestimmung gegenüber dem nationalen Recht berufen kann. Offen blieben die Fragen,

  • ob eine RL stets durch einen nationalen Rechtsakt umgesetzt werden muss oder sich der nationale Gesetzgeber unter Umständen schon dann richtlinienkonform verhält, wenn er das dem Inhalt nach richtlinienkonforme nationale Recht fortbestehen lässt;
  • ob Letzteres auch dann zulässig ist, wenn die RL ihm lediglich eine Option eröffnet, das nationale Recht so zu gestalten, wie es ...

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