Zur Lösung derartiger Doppelbesteuerungsprobleme hat die Bundesrepublik rund 100 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen.

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sind völkerrechtliche Verträge, die dem nationalen Recht vorgehen (§ 2 AO). Sie regeln vorrangig in den Zuweisungsartikeln die Abgrenzung der Besteuerung zwischen dem Quellenstaat (Ausland) und Wohnsitzstaat (Deutschland). Sie geben die Besteuerungsmöglichkeit (-hoheit) vor, nämlich wo ist was in welchem Umfang zu besteuern. Daneben regeln sie im sog. Methodenartikel die Behandlung der Einkünfte im Wohnsitzstaat (Deutschland). Die DBA enthalten auch verfahrensrechtliche Regelungen z. B. über die Quellensteuerentlastung, die Auskunftserteilung sowie der Streitschlichtung durch Verständigungsverfahren.

Den von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen liegt weitgehend das OECD-Musterabkommen von 1977 mit den Änderungen 1992, 2008, 2010 und 2017 zugrunde. Seit 1992 wird das OECD-Musterabkommen als Loseblattsammlung herausgegeben, das ständig an die neueste Entwicklung angepasst wird. In den einzelnen Abkommen kommt es aber auch zu Abweichungen, die durch die Besonderheiten des deutschen bzw. ausländischen Steuerrechts bedingt sind. Das OECD-MA wird durch den amtlichen Kommentar der OECD (OECD-MAK) ergänzt, der aber keine bindende Wirkung für den Steuerpflichtigen bzw. die Gerichte im Rahmen der inländischen Besteuerung hat. Er hat allerdings Bindungswirkung für die Finanzverwaltung der beteiligten Staaten und kann daher auch im Verhältnis zu ausländischen Staaten als Argumentationshilfe verwendet werden. Der BFH sieht den OECD-MAK lediglich als Auslegungshilfe. Er legt ihn zudem "statisch"[1] aus: Stammt das maßgebende DBA z. B. aus dem Jahr 1971 (z. B. DBA Schweiz), ist der MAK Stand 1971 maßgebend. Die Finanzverwaltung bzw. die OECD-Staaten haben sich hingegen zu einer dynamischen Auslegung verpflichtet und wenden auch auf "Altfälle" die aktuelle Kommentierung an.

Das BMF hat ergänzend im Jahr 2013 die deutsche Verhandlungsgrundlage für DBA[2] vorgestellt, die bislang noch keine große praktische Bedeutung hat.

[2] Vgl. z. B. Endres/Freiling, PIStB 02/2014 S. 40.

1.2.1 Unterschiede bei der Vermeidung der Doppelbesteuerung DBA zum EStG/KStG

Bereits das EStG versucht bei ausländischen Einkünften (§ 34d EStG) eine Doppelbesteuerung durch den Zugriff der Steuerverwaltung eines ausländischen Staates dadurch zu vermeiden, dass die ausländische Steuer auf die deutsche Steuer angerechnet wird (§ 34c EStG/§ 26 KStG). Der Unterschied zwischen den Regelungen der DBA zu einer derartigen Maßnahme eines Wohnsitzstaates (= unilateralen Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) besteht bereits im Ansatzpunkt.

Bei einer unilateralen Regelung ist die Besteuerung im Quellenstaat uneingeschränkt vorgegeben. Es bestehen keine Rechtsansprüche zur Quellensteuerreduktion. Der Wohnsitzstaat Deutschland kann nur noch einseitige, ausschließlich ihn belastende Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (wie Steuerfreistellung, Steueranrechnung oder Abzug der Steuer von der Bemessungsgrundlage) vorgeben.

Bei einer bilateralen Regelung wie einem DBA besteht hingegen bereits die Einschränkung des Territorialitätsprinzips im Quellenstaat, d. h. die Besteuerung im ausländischen Quellenstaat wird bereits durch das DBA (z. B. bei Streubesitz-Dividenden häufig auf einen Höchststeuersatz von 15 %) eingeschränkt.

1.2.2 Entstehen eines DBA

Die DBA sind zwischenstaatliche Verträge, die von Delegationen der zuständigen Behörden (in der Bundesrepublik das BMF und ggf. unter Beteiligung eines Landesfinanzministeriums) ausgehandelt werden. Den Abschluss der Verhandlungsphase bildet nach einer Vorabunterrichtung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages die Paraphierung durch die Leiter der Delegationen.

Nach Vorliegen der ggf. zu übersetzenden Texte erfolgt die Unterzeichnung durch Bevollmächtigte der Regierungen.

Vor der völkerrechtlichen Bindung bedarf es eines innerstaatlichen Zustimmungsgesetzes (Art. 59 Abs. 2 GG), mit dem die deutschen gesetzgebenden Körperschaften dem Vertrag zustimmen. Anschließend erfolgt die Ratifikation, d. h. die völkerrechtliche Bindungserklärung des Bundespräsidenten mittels Ratifikationsurkunde. Das Vertragsgesetz nebst Abkommen wird im BGBl verkündet und im BStBl abgedruckt. Nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden durch die Botschafter erfolgt i. d. R. noch ein voller Monat, bis das DBA völkerrechtlich in Kraft tritt. Zeitpunkt dieses Austausches und das In-Kraft-Treten werden durch eine im BStBl abgedruckte Bekanntmachung mitgeteilt.

Von diesem Zeitpunkt zu unterscheiden ist der Anwendungszeitpunkt. Dieser Zeitpunkt ist meist getrennt nach Veranlagungs- und Quellensteuern im Abkommen selbst bestimmt. Zum Teil werden für ein "Übergangsjahr" für den Steuerpflichtigen auch Wahlrechte eingeräumt.

1.2.3 Umfang der Doppelbesteuerungsabkommen

Zu beachten ist, dass neben dem eigentlichen Abkommenstext häufig ein Schlussprotokoll oder Protokoll existiert, das ergänzende oder interpretierend...

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