6.10.1 Umrechnung des Betriebsstättengewinns

Bevor man sich mit den umfangreichen Vorgaben der Finanzverwaltung[1] beschäftigt, muss man festhalten, welche Bedeutung diese Umrechnung hat:

  • Im Regelfall erfolgt eine Auswirkung beim Progressionsvorbehalt,
  • bei Kapitalgesellschaften: Zugangshöhe beim sog. neutralen Vermögen,
  • in N-DBA-Fällen: volle Auswirkung,
  • bei passiven Einkünften: volle Auswirkung.

Allerdings können sich im EU-Bereich auch endgültige Währungsverluste im Stammhausstaat steuerlich auswirken, vgl. die EuGH-Entscheidung "Deutsche Shell".[2] .

[1] BMF, Schreiben v. 24.12.1999, BStBl 1999 I. S. 1076, Tz. 2.8.

6.10.2 Grundsätze

Folgende handelsrechtlichen Grundsätze sind steuerlich zu beachten:

a) Vollständigkeitsprinzip gem. § 246 Abs. 1 HGB:

Die Umrechnung darf nicht dazu führen, dass durch Wechselkursänderungen entstandene Wertänderungen unberücksichtigt bleiben.

b) Währungseinheit Euro gem. § 244 HGB:

Die Bewertung von Vermögenswerten und Schulden in der Buchführung in Euro ist unter Beachtung der bestehenden Bilanzierungsregeln durchzuführen.

c) Einzelbewertungsgrundsatz gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB:

Ausnahmen von dem Einzelbewertungsgrundsatz sind nach Auffassung der Finanzverwaltung möglich, z. B. bei der Bewertung von Devisenbeständen.

d) Realisations- und Imparitätsprinzip gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB:

Wechselkursbedingte Wertsteigerungen sind erst im Zeitpunkt des Umsatzes zu erfassen und wechselkursbedingte Wertminderungen sind bereits bei ihrer Entstehung auszuweisen. Die Umrechnung der Anzahlungen und Rechnungsabgrenzungsposten erfolgt mit dem Geldkurs bei Zahlungseingang und dem Briefkurs bei Zahlungsausgang.

e) Steuerliche Bewertungs- und Abschreibungsvorschriften:

Anschaffungs- und Herstellungskosten sind mit dem Briefkurs im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung umzurechnen; das Abschreibungsvolumen hat den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und dem steuerlichen Abschreibungsverlauf zu entsprechen. Bei Vermögensgegenständen kann der niedrigere, bei Schulden der höhere Teilwert mit dem maßgeblichen Kurs am Stichtag angesetzt werden. Bei der Teilwertabschreibung ist zu berücksichtigen, dass eine wechselkursbedingte Wertänderung regelmäßig durch einen entsprechend gestiegenen Teilwert kompensiert wird. Bei minimalen Wechselkursänderungen kann der Gewinn mit dem monatlichen amtlichen Umsatzsteuer-Umrechnungskurs am Jahresende oder mit dem Jahresdurchschnittskurs der amtlichen monatlichen Umsatzsteuer-Umrechnungskurse umgerechnet werden. Von einer einmal gewählten Methode der Umrechnung kann nach Auffassung der Finanzverwaltung nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

6.10.3 Folgen

Hieraus ergeben sich für die einzelnen Bilanzposten/Wirtschaftsgüter folgende Wertansätze:

a) Anlagevermögen:

Die Umrechnung zum jeweiligen Kurs erfolgt bei Anschaffungsgeschäften mit dem Briefkurs zum Zeitpunkt des Zugangs des Wirtschaftsguts, bei Herstellungsgeschäften jeweils fortschreitend entsprechend der Aktivierung auf dem Konto "unfertige Arbeiten" oder dergleichen. Hieraus ergeben sich die jeweiligen Euro-Werte als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts. Ein rechnerischer Verlust, der sich durch die Gegenüberstellung der Werte in der Gesamtbilanz/Stammhausbilanz/Betriebsstättenbilanz zum jeweiligen Stichtag ergibt, begründet keine Teilwertabschreibung, da es sich um kein Wirtschaftsgut "Beteiligung" handelt. Zudem steht dem scheinbaren Wertverlust ein gestiegener Teilwert im Betriebsstättenstaat gegenüber.

b) Umlaufvermögen:

Der Grundsatz der "Einmalermittlung" der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gilt nicht für das Umlaufvermögen, da hier nach dem Niederstwertprinzip ggf. der niedrige Stichtagswert anzusetzen ist.

c) Verbindlichkeiten:

Es erfolgt ein Ansatz mit dem höheren Briefkurs zum Stichtag.

d) Rückstellungen:

Es erfolgt ein Ansatz mit dem jeweiligen Briefkurs zum Stichtag.

e) Anzahlungen und Rechnungsabgrenzungsposten:

Erhaltene Anzahlungen und passive RAP sind mit dem Geldkurs bei Zahlungseingang anzusetzen. Geleistete Anzahlungen und aktive RAP sind mit dem Briefkurs bei Zahlungsausgang anzusetzen.

6.10.4 Wechselkursbedingte Wertsteigerungen zwischen Aktivierung und Zahlungseingang

Entstehen zwischen der Aktivierung einer Zinsforderung und der Zahlung der Zinsen wechselkursbedingte Wertsteigerungen, so unterliegen diese Gewinne der inländischen Besteuerung.[1]

6.10.5 Wechselkursbedingte Wertverluste des Betriebsstättenvermögens – Zuordnung von Währungsschwankungen (Währungsgewinnen/-verlusten) beim Stammhaus oder beim Betriebsstättenergebnis

Das Verrechnungskonto ist als Eigenkapital (wie Dotationskapital) zu qualifizieren, deshalb betreffen die Kursschwankungen ausschließlich den Eigenkapitalbereich. Die Kursverluste sind weder tatsächlich entstanden noch durch das Stammhaus erwirtschaftet. Gewinne und Verluste berühren den inländischen Teil nicht, da ausschließlich Wirtschaftsgüter betroffen sind, die der ausländischen Betriebsstätte dienen. Die durch die Umrechnung aufgedeckten Gewinne/Verluste sind durch die ausländische Betriebsstätte verursacht und dieser zuzurechnen. Die Auffassung der Finanzverwaltung wurde auc...

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