Rz. 1

Vor der von der EU verbindlich verlangten nichtfinanziellen Berichterstattung (Geschäftsjahre 2017 – 2023)[1] und seit dem Geschäftsjahr 2024 der Nachhaltigkeitsberichterstattung[2] in Verbindung mit den seither verbindlichen Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungstandards (ESRS)[3] wurden primär auf freiwilliger Basis von den verschiedensten internationalen oder nationalen Akteuren Konzepte entwickelt, um die Entscheidungsnützlichkeit der regelmäßigen primär finanzorientierten Berichterstattung in Jahresabschluss und Lagebericht zu erhöhen. Ursächlich hierfür waren zum einen die durch den gesellschaftlichen Wertewandel hervorgerufenen differenzierteren Informationsbedürfnisse unterschiedlicher Adressatengruppen, insbesondere hinsichtlich ökologischer und gesellschaftlicher Aspekte des betrieblichen Handelns.[4] Zum anderen liegt dies in Umfang und Komplexität nationaler und internationaler Rechnungslegungsvorschriften sowie der zunehmenden Anzahl verpflichtend bzw. freiwillig veröffentlichter Rechnungslegungsinstrumente und des damit einhergehenden Risikos nicht gänzlich abgestimmter Berichtsinhalte begründet.[5] Die EU hat mit der vorgenommenen Regulierung Teile dieser Entwicklungen aufgenommen und diese somit von der freiwilligen zu einer verpflichtend zu beachtenden Erweiterung der Rechnungslegung gemacht. Andere Teile wurden freiwillig als Empfehlung in die ESRS mit aufgenommen. Letztlich basiert die gesamte Regulierung der Transparenz auf der Vorstellung, dass die Notwendigkeit der Berichterstattung das interne Steuerungsverhalten hin zu einer stärkeren Beachtung der Auswirkungen, Risiken und Chancen in Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten verändert. Dies ist genau das Konzept der integrierten Berichterstattung, die stets zusammen mit dem internen "Integrates Thinking" gedacht werden muss. Aber im internationalen Bereich ist die integrierte Berichterstattung teilweise verpfichtend verbreitet[6]

und wird – vielleicht noch konsequenter – auch in den Standards der International Sustainable Standards Board (ISSB)[7] umgesetzt, die allerdings in der EU bislang weiterhin nicht verpflichtend zu beachten sind.

 

Rz. 2

International werden in diesem Kontext gegenwärtig seitens unterschiedlicher Institutionen sowohl die Weiterentwicklung bestehender als auch die Implementierung neuartiger Berichterstattungskonzepte erörtert, in der Rechnungslegungspraxis erprobt sowie auch zunehmend vorgeschrieben. So wurden exemplarisch für viele Regulierungen am 6.3.2024 von der US-amerikanischen Wertpapier- und Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission, SEC) neue Regeln zur Offenlegung von klimabezogenen Angaben verabschiedet.[8] Die SEC reagiert damit auf Forderungen von Investoren nach konsistenten, vergleichbaren und zuverlässigen Informationen über die finanziellen Auswirkungen klimabezogener Risiken. In der Folge sollen SEC-registrierte Unternehmen zukünftig u. a. zur Offenlegung folgender Angaben verpflichtet werden:

  • klimabezogene Risiken, die einen wesentlichen Einfluss auf die Unternehmensstrategie, das Geschäftsergebnis oder die Finanzlage haben oder mit hoher Wahrscheinlichkeit haben werden;
  • tatsächliche und potenzielle wesentliche Auswirkungen der identifizierten klimabezogenen Risiken auf die Unternehmensstrategie, das Geschäftsmodell und die Geschäftsaussichten;
  • Maßnahmen zur Begrenzung klimabezogener Risiken oder zur Anpassung an diese; Überwachung klimabezogener Risiken durch den Vorstand sowie die Rolle der Unternehmensleitung bei der Beurteilung und Steuerung wesentlicher klimabezogener Risiken;
  • Prozesse zur Ermittlung, Beurteilung und Steuerung wesentlicher klimabezogener Risiken, incl. wie diese Prozesse in das übergeordnete Risikomanagementsystem integriert sind; und
  • klimabezogene Ziele mit wesentlichem Einfluss auf die Geschäftstätigkeit, das Geschäftsergebnis oder die Finanzlage

Anders als nach ESRS E1[9] oder IFRS S2, die beide auf den Entwicklungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) aufbauen,[10] werden aber keine Angaben zu Scope 3-Treibhausgasemissionen gefordert und auch die Angaben zu Scope 1- und Scope 2-Treibhausgasemissionen sind nur von bestimmten größeren Unternehmen (sog. „large accelerated filers“ und „accelerated filers“) zu erfüllen.

Die als am konsequentesten einzuschätzende Evolutionsstufe von einer Darstellung des Unternehmens unter Einbezug von Nachhaltigkeitsaspekten stellt das Berichterstattungsinstrument des Integrated Reportings[11] dar.[12] Dieses Konzept greift zahlreiche veränderungsbedürftige Aspekte des bisherigen Berichterstattungssystems auf und hat damit nicht nur eine Weiterentwicklung des regelmäßigen unternehmerischen Publizitätsverhaltens, sondern auch der Unternehmensführung ausgelöst.[13] Das Integrated Reporting beabsichtigt insbesondere, die regelmäßig in verschiedenen Rechnungslegungsinstrumenten und folglich isoliert voneinander ausgewiesenen wesentlichen Determinanten der derzeitigen und prognostizierten zukünftigen ...

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