Besondere Regelungen bestehen sowohl in Anschaffungs- wie in Herstellungsfällen für Rückbau-, Entfernungs- und Abbruchverpflichtungen. In der handelsrechtlichen Bilanz wirken sich derartige Verpflichtungen in der Form einer Ansammlungsrückstellung aus. Die Rückstellung wird kontinuierlich über die Nutzungsdauer gebildet. Nach IAS 37 ist eine erforderliche Rückstellung sofort zu bilden. Die Gegenbuchung erfolgt jedoch nicht im Aufwand, sondern bei den Anschaffungs-/Herstellungskosten des Anlagegegenstands (IAS 16.16(c)). Soweit Rückbauverpflichtungen im Zusammenhang mit Nutzungsrechten aus Leasing (rigtht-of-use assets) nach IFRS 16 stehen, und diese Nutzungsrechte zu aktivieren sind, werden die Rückbaukosten vorrangig beim Nutzungsrecht erfasst (IFRS 16.24(d)).
Beispiel
Die MovieBrother Cologne AG nimmt Ende 01 in einem gemieteten Studiogebäude umfangreiche, aktivierungspflichtige Mietereinbauten mit ihren eigenen Technikern vor. Einzel- und Gemeinkosten der Herstellung belaufen sich auf jeweils 500 TEUR. Während der Bauzeit fallen 50 TEUR direkt zurechenbare Fremdkapitalzinsen an. Die AG ist verpflichtet, die Einbauten am Ende des Mietvertrags (in zehn Jahren) zu entfernen. Die geschätzten Kosten hierfür betragen 100 TEUR. Handelsrechtlich hat die AG auf die Einbeziehung der Zinsen in die Herstellungskosten verzichtet (§ 255 HGB), also insgesamt 1.000 TEUR aktiviert. In der Überleitung zum IFRS-Abschluss wünscht die AG möglichst wenig Veränderung.
Von der Aktivierung der Fremdkapitalzinsen sieht die AG ab, weil der Herstellungszeitraum als nicht beträchtlich und damit kein qualifizierter Vermögenswert angenommen wird. Sie muss jedoch die Rückbauverpflichtung sofort einbuchen. Unter Vernachlässigung der Abzinsungsvorschrift nach IAS 37.45 f. sowie der Inflationierung setzt die AG daher den Mietereinbau mit 1.100 TEUR an. Sie bucht wie folgt (in TEUR):
Jahr | Konto | Soll | Haben |
---|---|---|---|
01 | Sachanlagevermögen | 1.000 | |
Geld | 1.000 | ||
Nutzungsrecht (lease) | 100 | ||
Rückstellung | 100 | ||
02 | Abschreibung | 110 | |
Sachanlagevermögen | 100 | ||
Nutzungsrecht (lease) | 10 |
Auf das Ergebnis hat die Aktivierungspflicht der Rückbauverpflichtungen keine Auswirkung. Eine jährliche Abschreibung von 110 TEUR tritt an die Stelle einer bei (handelsrechtlicher) Ansammlung der Rückstellung anzusetzenden jährlichen Summe von 100 TEUR Abschreibung und 10 TEUR Aufwand aus der Dotierung der Rückstellung.
In der Praxis wird die Behandlung der Rückbaukosten dadurch kompliziert, dass der Barwert der zukünftigen Ausgaben anzusetzen ist.
- Einerseits ist also eine Hochinflationierung der bei Anschaffung/Herstellung zu aktuellen Preisen geschätzten Kosten auf den Erfüllungszeitpunkt notwendig,
- um andererseits diesen Betrag wieder auf den Anschaffungs-/Herstellungszeitpunkt abzuzinsen.
- Dieser abgezinste Betrag geht dann in die Anschaffungs-/Herstellungskosten ein.
- Die Rückstellung wird durch Aufzinsung von Jahr zu Jahr planmäßig fortgeschrieben.
Ändern sich die Schätzgrößen (Preisentwicklung, Diskontierungssatz), ist gemäß IFRIC 1 wie folgt zu verfahren:
- Die Rückstellung ist "außerplanmäßig" entsprechend anzupassen, bei einer Erhöhung der Rückstellung durch eine Buchung "per Anlagevermögen an Rückstellung".
- Der sich daraus ergebende neue Buchwert des Anlagevermögens ist über die Restnutzungsdauer abzuschreiben.
Hierzu folgendes Beispiel:
Beispiel
Das Unternehmen B erhält das Recht zum Aufbau einer Windkraftanlage (WKA) im Wattenmeer unter der Auflage, nach 25 Jahren einen Rückbau vorzunehmen. Die Anlage geht am 31.12.00 in Betrieb. Die Nutzungsdauer beträgt 20 Jahre. Die "eigentlichen" Herstellungskosten betragen 7.000 TEUR. Hierin noch nicht berücksichtigt sind folgende Daten:
- Rückbaukosten nach Preisen 31.12.00: 1.475 TEUR,
- erwartete Preissteigerung: 2 % p. a.,
- Zins 20 bzw. 19 Jahre 31.12.00/31.12.01: 4 %,
- Zins 18 Jahre 31.12.01: 3 %.
Der Buchwert entwickelt sich bis zum 31.12.03 wie folgt:
Anlage | Rückstellung | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
diverse Herstellungskosten | 7.000 | |||||
Rückbaukosten | ||||||
nach Preisen 31.12.00 | 1.475 | |||||
× Inflationierung mit 2 %/20 Jahre | 1,4859 | |||||
= geschätzte Rückbaukosten | 2.192 | |||||
× Abzinsungsfaktor 4 %/20 Jahre | 0,4564 | |||||
= Barwert Rückbauverpflichtung | 1.000 | 1.000 | ||||
Windkraftanlage 31.12.00 | 8.000 | Rückstellung 31.12.00 | 1.000 | |||
Abschreibung 01 (1/20) | –400 | Aufzinsung 01 (4 %) | 40 | |||
Windkraftanlage 31.12.01 | 7.600 | Rückstellung 31.12.01 | 1.040 | |||
Abschreibung 02 | –400 | Aufzinsung 02 (4 %) | 42 | |||
Windkraftanlage 31.12.02 vorläufig | 7.200 | Rückstellung 31.12.02 vorläufig | 1.082 | |||
Anpassung wegen geänderten Zinses | ||||||
2.192 diskontiert mit 3 %/18 Jahre | 1.288 | |||||
2.192 diskontiert mit 4 %/18 Jahre | –1.082 | |||||
Zuschreibung | 206 | 206 | Zuschreibung | 206 | ||
Windkraftanlage 31.12.02 | 7.406 | Rückstellung 31.12.02 | 1.287 | |||
Abschreibung 03 (1/18 Restbuchwert) | –411 | Aufzinsung 03 (3 %) | 39 | |||
Windkraftanlage 31.12.03 | 6.995 | Rückstellung 31.12.03 | 1.326 |
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