(1) 1Der Erlaß der Grundsteuer kommt bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei bebauten Grundstücken, nicht aber bei unbebauten Grundstücken in Betracht. 2Der Erlaß setzt voraus, daß

 

1.

die Minderung des normalen Rohertrags (vgl. Abschnitt 39 ff.) mehr als 20 v. H. beträgt und

 

2.

der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat (vgl. Absätze 2 bis 4a).

3Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken muß außerdem die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig sein (vgl. Absatz 5).

 

(2) 1Der Steuerschuldner hat die Minderung des normalen Rohertrags eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines bebauten Grundstücks nicht zu vertreten, wenn die Umstände, die zu einer Minderung des Rohertrags führen, zwingend von außen in die Ertragslage des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder des bebauten Grundstücks eingegriffen haben und der Steuerschuldner auf ihren Eintritt oder Nichteintritt keinen Einfluß hat. 2Der Steuerschuldner hat demnach Umstände nicht zu vertreten, die unabhängig von seinem Willen eintreten (vgl. hierzu das zur Vermögensteuer ergangene BFH-Urteil vom 7. 5. 1971, BStBl. II S. 696), dagegen hat er für Umstände einzustehen, die er selbst auf Grund freier Willensentschließung herbeigeführt hat (BFH-Urteil vom 7. 5. 1971 a.a.O.).

 

(3) 1Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft hat der Steuerschuldner eine Minderung des normalen Rohertrags insbesondere dann nicht zu vertreten, wenn sie auf Naturereignisse zurückzuführen ist. 2Hierzu gehören Hagel, Auswinterung, Dürre, Hochwasser, Viehseuchen, Eis, Schnee und Windbruch, Windwurf, Erdbeben, Bergrutsch, Waldbrand und andere nicht abwendbare Ereignisse ähnlicher Art. 3Die Nichtbewirtschaftung von Flächen hat der Steuerschuldner zu vertreten 4Sie ist daher kein Erlaßgrund.

 

(4) 1Bei Wohnungen und anderen Räumen, die leerstehend, hat der Vermieter die dadurch bedingte Minderung des normalen Rohertrags in der Regel nicht zu vertreten, wenn er sich in ortsüblicher Weise um deren Vermietung bemüht hat. 2Dabei darf er keine höhere als die marktgerechte Miete verlangt haben. 3Bei vermieteten Wohnungen und Räumen hat er einen Mietausfall nicht zu vertreten, wenn er eine marktgerechte Miete vereinbart hatte, diese jedoch aus Gründen nicht erhalten konnte, auf die er keinen Einfluß hat, z.B. bei Zahlungsunfähigkeit des Mieters. 4Bei Wohnungen, die von vornherein z.B. als Ferienwohnungen nur zeitweise vermietet werden können, hat er dagegen die dadurch bedingte Minderung des normalen Rohertrags selbst zu vertreten.

 

(4a) 1Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken hat der Unternehmer eine Minderung der Ausnutzung (§ 33 Abs. 2 GrStG) nicht zu vertreten, wenn für ihn keine Möglichkeit bestand, auf deren Ursachen in zumutbarer Weise Einfluß zu nehmen. 2Zu diesen Ursachen können auch strukturelle und konjunkturelle Entwicklungen gehören, die ihn zwingen, den bisher auf dem Grundstück unterhaltenen Betrieb stillzulegen oder einzuschränken. 3Dagegen fällt zum Beispiel eine Minderung der Ausnutzung bei Neugründungen oder Kapazitätsausweitungen in der Regel in den Bereich des Unternehmerrisikos. 4Sie ist daher auch vom Unternehmer zu vertreten.

 

(5) 1Für einen Erlaß kommt es auf die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Steuerschuldners nicht an. 2Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken ist jedoch weitere Voraussetzung für den Erlaß, daß die Einziehung der Steuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. 3Dabei ist allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse während des Kalenderjahres abzustellen, für das der Erlaß beantragt wird (§ 34 Abs. 1 Satz 2 GrStG). 4Wenn zum Betrieb mehrere Betriebsstätten gehören, kommt es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesamtunternehmens an. 5Dasselbe gilt bei Organgesellschaften. 6Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen gehört insbesondere das Betriebsergebnis. 7Bei seiner Beurteilung ist von dem für die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer maßgebenden Gewinn oder Verlust auszugehen. 8Ist danach das Betriebsergebnis negativ und ist auch die Entrichtung der Grundsteuer aus dem Vermögen oder durch Kreditaufnahme nicht zumutbar, so wäre die Erhebung der Grundsteuer unbillig.

 

(6) 1Ein Erlaßgrund liegt nicht vor, wenn die Ertragsminderung auf Umständen beruht, die für den Erlaßzeitraum durch eine Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden können. 2Das gilt auch, wenn der Steuerschuldner es versäumt hat, den Fortschreibungsantrag rechtzeitig zu stellen (§ 33 Abs. 5 GrStG).

Beispiel:

Im Juni 1978 wird das Nebengebäude eines Mietwohngrundstücks durch Brand zerstört. Die eingetretene Wertminderung des Grundstücks kann erst durch Fortschreibung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1979 berücksichtigt werden. Für den Erlaßzeitraum 1978 kann demnach ein Erlaß der Grundsteuer in Betracht...

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