OFD Hannover, 26.3.2002, S 2137 - 63 - StH 221/S 2137 - 67 - StO 221

 

1. Bilanzsteuerliche Behandlung der Rückstellung für Pfandgelder

Für die bilanzsteuerrechtliche Behandlung der Rückstellung für Pfandgelder auf Grund der – vorgesehenen – Erhöhung des Pfandgeldes gilt Folgendes:

Besteht für Unternehmen am Bilanzstichtag die Verpflichtung, Pfandgeld auszahlen zu müssen, so haben sie für diese Verpflichtung eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die Rückstellung ist sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz zwingend auszuweisen. Die Höhe der passivierten Rückstellung richtet sich nach dem Umfang der Verpflichtung am Bilanzstichtag. Steht an Bilanzstichtagen vor dem 1.1.1993 fest, dass die Verpflichtung zunimmt, weil eine Pfandgelderhöhung mit Wirkung vom 1.1.1993 an beschlossen wurde, so ist dies bei der Bewertung der Rückstellung an den Bilanzstichtagen vor diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Die Höhe der Rückstellung richtet sich dann nach dem wahrscheinlichen Pfandaufwand, bezogen auf die am Bilanzstichtag ausgegebenen Flaschen. Dies bedeutet, dass auf Grund des Beschlusses zur Erhöhung des Pfandgeldes mit Wirkung ab 1.1.1993 an Bilanzstichtagen vor diesem Zeitpunkt die Pfandrückstellung jeweils um den Betrag erhöht werden muss, der wahrscheinlich anfallen wird, weil am Bilanzstichtag ausgegebene Flaschen erst nach dem 1.1.1993 zurückgegeben werden. Das Ergebnis dieser Handhabung ist eine gleitende Aufdeckung der Rückstellung.

Eine anderweitige Aufstockung der Rückstellung (z.B. in drei Schritten) ist mit den gesetzlichen Bestimmungen und dem Sinn und Zweck des Feststellungsausweises nicht zu vereinbaren. Zum einen dient der Rückstellungsausweis der zutreffenden Darstellung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens nach außen. Würde die Rückstellung für eine Verpflichtung nicht entsprechend der am Bilanzstichtag vorliegenden Verhältnisse ausgewiesen, würde die Vermögenssituation des Unternehmens verfälscht dargestellt. Zum anderen dient der Ausweis der Rückstellung entsprechend den am Bilanzstichtag vorliegenden Verhältnissen der zutreffenden Besteuerung. Es sind keine Gründe für eine sachliche Unbilligkeit ersichtlich, die eine dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz widersprechende steuerliche Behandlung rechtfertigen würden.

 

2. Bilanzsteuerliche Fragen des Getränkegroßhandels; Rückstellungen für die Verpflichtung zum Ausgleich wegen nicht zurückgegebenen Leerguts

Getränkehändler sind spätestens bei Beendigung der Geschäftsbeziehung mit einem Lieferanten verpflichtet, diesem Ausgleich dafür zu leisten, dass geliefertes Leergut nicht zurückgegeben worden ist. Zu der Frage, ob hierfür in der Steuerbilanz Rückstellungen zu bilden sind, ist nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder folgende Rechtsauffassung zu vertreten:

Ist der Steuerpflichtige vertraglich verpflichtet, für am Bilanzstichtag nicht zurückgegebenes Leergut Schadensersatz zu leisten, so hat er für diese Verpflichtung grundsätzlich eine Rückstellung zu bilden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass mit der Inanspruchnahme nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag gerechnet werden muss. Dies ist nicht der Fall, wenn auf Grund der Erfahrungen der Vergangenheit bei laufenden Geschäftsbeziehungen damit zu rechnen ist, dass der Gläubiger mit Rücksicht auf die Rücklieferung des ausstehenden Leerguts nach dem jeweiligen Bilanzstichtag auf die Geltendmachung seines Schadensersatzanspruchs verzichtet. In einem solchen Fall ist die Bildung einer Rückstellung erst zulässig, wenn wegen Beendigung der Geschäftsbeziehungen am Bilanzstichtag nicht mehr mit dem Ausgleich der Verpflichtung durch Rücklieferung von Leergut nach dem Bilanzstichtag gerechnet werden kann.

Im Regelfall sehen die allgemeinen Lieferbedingungen vor, dass während der laufenden Geschäftsbeziehungen eine Rückgabepflicht besteht, die sich nur bei Leistungsstörungen in einen Schadensersatzanspruch umwandeln kann. Voraussetzung ist, dass ein Schadensersatzverlangen nach Fristsetzung auch tatsächlich geltend gemacht wird. Erst bei Ende der Geschäftsbeziehung ist das gesamte Leergut sofort zurückzuliefern.

Auch die Mehrzahl der allgemeinen Lieferbedingungen sehen vor, dass die Brauereien berechtigt sind, bei Leergutrückständen statt der Rückgabe (Schadensersatz-)Zahlungen zu verlangen. Es handelt sich insoweit um eine Option der Gläubiger. Eine zwingende Inanspruchnahme ergibt sich nicht.

Bei der Rückstellungsfrage ist daher im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob der Getränkehersteller die Durchsetzung seiner Forderung tatsächlich beabsichtigt und somit eine ungewisse Verbindlichkeit vorliegt. Der Getränkefachgroßhändler als Schuldner hat dabei insbesondere auch die Erfahrungen der Vergangenheit zu beachten (vgl. hierzu auch § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002).

Ein Anhaltspunkt für die Absicht des Getränkeherstellers, s...

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