Das Erbbaurecht ist in zivilrechtlicher Hinsicht seinem Wesensgehalt nach ein befristetes Nutzungsrecht. Es umfasst zum einen die "verdinglichte" Befugnis des Erbbauberechtigten, das Grundstück fortwährend in bestimmter Weise zu nutzen, und zum anderen die damit korrespondierende "verdinglichte" Verpflichtung des Grundstückseigentümers, diese Nutzung fortwährend zu dulden. Damit steht das Erbbaurechtsverhältnis seinem Leistungsinhalt nach einem entgeltlichen, rein schuldrechtlichen Nutzungsverhältnis wie Miete oder Pacht nahe. Erbbauzinsen sind mithin – auch wenn sie in einem Einmalbetrag geleistet werden – keine Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB für den Erwerb eines Wirtschaftsguts "Erbbaurecht", sondern allein das Entgelt für die Nutzung des Grundstücks.[1]

Im Regelfall überlässt der erbbauverpflichtete Grundstückseigentümer das Grundstück entgeltlich auf eine bestimmte Zeit, z. B. 99 Jahre, mit der Maßgabe, dass der Erbbauberechtigte darauf mit eigenen Mitteln ein Gebäude errichtet oder erwirbt. Dadurch entstehen dem Erbbauberechtigten keine Anschaffungskosten für den Grund und Boden, sondern nur Herstellungskosten oder Anschaffungskosten für das Gebäude. Zwischen den Beteiligten des Erbbaurechtsverhältnisses kommt es wie bei jeder anderen Nutzungsüberlassung zu einem Leistungsaustausch. Der Erbbauverpflichtete muss für den vereinbarten Zeitraum das nach § 1 Abs. 1 ErbbauRG veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben, "dulden" und erbringt damit regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die durch den Erbbauzins entgolten werden, und zwar zivilrechtlich wie auch steuerrechtlich. Deshalb erfasst die Rechtsprechung Erbbauzinsen beim Grundstückseigentümer als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und nicht als Veräußerungsentgelt.[2] An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, dass der Erbbauzins in einem Einmalbetrag geleistet wird. Der Erbbauzins ist auch dann kein Entgelt für die Nutzung der auf dem belasteten Grundstück bereits bei Begründung des Erbbaurechts befindlichen Gebäude, wenn der Erbbauzins sich an dem Ertragswert des Gebäudes orientiert und der Erwerber dieses Grundstücks für das Gebäude ein Entgelt gezahlt hat.[3]

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