Leitsatz

Die Garantiezusage eines Autoverkäufers, durch die der Käufer gegen Entgelt nach seiner Wahl einen Reparaturanspruch gegenüber dem Verkäufer oder einen Reparaturkostenersatzanspruch gegenüber einem Versicherer erhält, ist steuerpflichtig (Änderung der Rechtsprechung in dem BFH-Urteil vom 16.01.2003, V R 16/02, BFH/NV 2003, 734, BFH/PR 2003, 272).

 

Normenkette

§ 4 Nr. 8 Buchst. g, § 4 Nr. 10 Buchst. b, § 3 Abs. 9 UStG 1993, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger betreibt eine Reparaturwerkstatt und einen Handel mit Kfz. Er bot den Käufern der Kfz gegen Zahlung eines Entgelts eine Garantie auf bestimmte Bauteile an.

Der Käufer hatte die Wahl, die Reparatur durch den Kläger oder durch eine Fremdwerkstatt durchführen zu lassen. Der Kläger hatte die Garantie in der Weise versichert, dass der Käufer bei Inanspruchnahme einer Fremdwerkstatt gegenüber der Versicherung einen Anspruch auf Erstattung der Kosten hatte. Für den Fall seiner eigenen Inanspruchnahme hatte der Kläger bei derselben Versicherung eine Rückversicherung abgeschlossen.

Das FA unterwarf die Entgelte für die Garantien der USt.

Das FG gab der Klage auf der Grundlage der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebenden Rechtsprechung des BFH im Wesentlichen statt und entschied, die Entgelte seien steuerfrei (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.09.2005, 2 K 109/03, Haufe-Index 1451756, EFG 2005, 1973).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Neufestsetzung der USt durch den BFH.

Der BFH sah die Garantiezusage als einheitliche Leistung an, die steuerpflichtig ist. Eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG komme aufgrund der Rechtsprechung des EuGH nicht in Betracht. Eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG scheide aus, weil nicht die Verschaffung von Versicherungsschutz, sondern die eigene Einstandspflicht des Verkäufers das dominierende Element der abgegebenen Garantie sei.

 

Hinweis

1. Die dem Besprechungsfall zugrunde liegenden Garantiebedingungen B 196 ("Kombinationsmodell" aus Händlergarantie und Versicherungsschutz) waren bereits Gegenstand des BFH-Urteils vom 16.01.2003, V R 16/02 (BFH/NV 2003, 734, BFH/PR 2003, 272). Der BFH hatte entschieden, die Garantieleistungen seien "jedenfalls nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG und/oder nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG" steuerfrei.

Nach der erstgenannten Vorschrift ist steuerfrei "die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze".

Der EuGH hat mit Urteil vom 19.04.2007, C-455/05, "Velvet & Steel" (BFH/NV Beilage 2007, 294, BFH/PR 2007, 311) zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der 6. EG-RL entschieden, dass von dem Begriff der Übernahme von Verbindlichkeiten nur Geldverbindlichkeiten erfasst werden.

Danach konnte an der Rechtsauffassung, die Garantieleistungen seien nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei, nicht mehr festgehalten werden. Der V. Senat hat deshalb auch einer Abweichung von seiner Rechtsprechung zugestimmt.

2. Bei der Garantiezusage des Verkäufers handelt es sich nicht um zwei selbstständige Hauptleistungen, sondern um eine einheitliche untrennbare Leistung. Der Verkäufer gibt eine Garantie für jeden in den Bedingungen bezeichneten Schadensfall gegen Zahlung eines einheitlichen Entgelts ab. Dass dem Käufer ein Wahlrecht zusteht, ob er das Fahrzeug beim Verkäufer oder einer Fremdwerkstatt reparieren lässt, dient dem einheitlichen Zweck, einen künftigen Schaden beseitigen zu lassen, ohne dass der Käufer für die Kosten aufkommen muss. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Eigenreparatur und die Verschaffung des Versicherungsschutzes für den Fall der Inanspruchnahme einer Fremdwerkstatt sind so eng miteinander verknüpft, dass ihre Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

3. Diese einheitliche Leistung ist eine sonstige Leistung eigener Art i.S.d. § 3 Nr. 9 UStG, die geprägt ist durch das Versprechen der Einstandspflicht durch den Verkäufer (Garantie) und nicht durch die Verschaffung von Versicherungsschutz.

Die eigene Einstandspflicht des Verkäufers macht das Wesen der Garantiezusage aus, weil zu dem Verkäufer ein Vertrauensverhältnis besteht, das eine unkomplizierte Abwicklung eines eventuellen Schadensfalls verspricht. Dass das Recht des Kunden, nach seiner Wahl statt des Verkäufers die Versicherung in Anspruch zu nehmen, die Attraktivität des "Kombinationsmodells" gegenüber einer einfachen Händlergarantie ohne Versicherungsschutz erhöht, bedeutet nicht, dass die Verschaffung von Versicherungsschutz das dominierende Element der einheitlichen Leistung ist.

Diese sonstige Leistung eigener Art ist deshalb nicht nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG steuerfrei, sondern steuerpflichtig.

Sie ist auch nicht etwa deshalb steuerfrei, weil sich der Verkäufer für seine Verpflichtung rückversichert hat. Ein Umsatz beurteilt sich nach dem Rechtsgeschäft zwischen dem Unternehmer und seinem Kunden und nicht danach, ob der Unternehmer für seine Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft eine Rückver...

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