Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Führung eines steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen Stiftungen

 

Leitsatz (amtlich)

Sind Zahlungen einer rechtsfähigen Stiftung an ihre Destinatäre Gewinnausschüttungen iSd § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 EStG wirtschaftlich vergleichbar, ist auch für eine solche Stiftung ein steuerliches Einlagekonto zu führen. Dabei sind die Regelungen über Zu- und Abgänge in dem nach § 27 Abs. 1 Satz 2 KStG maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen.

 

Normenkette

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 27 Abs. 1-2, 2; EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.05.2023; Aktenzeichen I R 42/19)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggfls. mit welchem Bestand für die Klägerin eine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos vorzunehmen ist.

Die Klägerin ist eine gemäß Stiftungsgeschäft vom 17. April 2010 und gemäß Stiftungsurkunde der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 30. April 2010 durch den Stifter S gegründete rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts in Gestalt einer Familienstiftung. Nach dem Stiftungsgeschäft soll die mit einem Vermögen iHv 100.000 € ausgestattete Klägerin den Zweck der Förderung der eigenen Familie verfolgen und gemäß der Satzung nur durch den Gründungsvorstand vertreten werden. Zum ersten Vorstand berief sich der Stifter gemäß § 6 der Satzung selbst.

Die Satzung sieht u.a. folgendes vor (Bl. 1 ff Vertragsakten):

"…

§ 2 Zweck der Stiftung

(1) Die Stiftung soll dem Wohl des Stifters, seiner Ehefrau, seiner leiblichen Kinder sowie deren Abkömmlingen dienen (Destinatäre).

(2) Die Stiftung erfüllt ihren Zweck durch laufende oder einmalige Zuwendungen aus den Erträgen der Stiftung. Über Art und Höhe der jeweiligen Zuwendungen entscheiden die Stiftungsgremien nach Maßgabe dieser Satzung. Andere Personen als die Destinatäre dürfen durch die Stiftung nicht gefördert werden.

(3) Zur Erfüllung des Stiftungszwecks gemäß Abs. 1 kann die Stiftung Wirtschaftsunternehmen jeder Art gründen oder sich daran beteiligen.

§ 3 Stiftungsvermögen

(1) Das Vermögen der Stiftung besteht aus

1. dem Anfangsvermögen in Höhe von 100.000 Euro sowie

2. sonstigen Zuwendungen zum Stiftungsvermögen.

Das Dotationskapital ist in der Bilanz der Stiftung gesondert als solches auszuweisen. Es ist zu erhalten.

(2) Die Stiftung hat ihren Gewinn, der nach Abzug der Zuwendungen gemäß § 2 der Stiftungssatzung verbleibt, in die offenen Rücklagen einzustellen, um ihren satzungsmäßigen Zweck nachhaltig erfüllen zu können. Über die spätere Verwendung der offenen Rücklagen wird durch die Gremien nach Maßgabe dieser Satzung entschieden.

...

§ 4 Verwendung der Stiftungserträge

(1) Aus den der Stiftung zufließenden Erträgen sind zunächst die Kosten der Stiftungsverwaltung und die gesetzlichen Abgaben zu decken. Im Übrigen sind die Erträge zur Erfüllung des Stiftungsgeschäfts gemäß § 2 zu verwenden oder den offenen Rücklagen gem. § 3 der Satzung zuzuführen.

(2) Die Unterstützung von Destinatären erfolgt auf der Basis entsprechender Beschlüsse des Stiftungsrates (§ 10 dieser Satzung). Der Stiftungsrat kann der Stiftung Förderrichtlinien vorgeben. Soweit ein Stiftungsrat noch nicht bestimmt ist, obliegt die Wahrnehmung der Aufgaben des Stiftungsrates allein dem Vorstand.

(3) Ausschüttungen an die Destinatäre erfolgen freiwillig, sie werden ohne Rechtsansprüche der Destinatäre gewährt, es sei denn, es werden rechtlich bindende Zusagen erteilt.

§ 5 Stiftungsorgane

Organe der Stiftung sind der Vorstand und - soweit in dieser Satzung nichts anderes geregelt - der Stiftungsrat. Zu Lebzeiten des Stifters kann ein Stiftungsrat vom Stifter bestimmt werden. Wird kein Stiftungsrat bestimmt, ist einziges Organ der Vorstand. Nach dem Ableben des Stifters ist ein Stiftungsrat nach Maßgabe dieser Satzung zu bilden.

§ 6 Zusammensetzung und Bestellung des Stiftungsvorstands

(1) Der Vorstand besteht aus bis zu drei Personen. Alleiniger Gründungsvorstand ist der Stifter.

(2) Weitere Mitglieder des Vorstands werden nach dem Ableben des Stifters oder mit ausdrücklicher Zustimmung des Stifters vom Stiftungsrat gewählt und bestellt. …

§ 7 Stellung und Aufgaben des Stiftungsvorstandes

(1) Der Vorstand ist vertretungsberechtigtes Organ der Stiftung (§§ 26, 86 BGB).

(3) Aufgaben des Vorstandes sind insbesondere:

a) die Verwaltung des Stiftungsvermögens;

c) Ausführung der Beschlüsse des Stiftungsrates, insbesondere auch solcher, die in Erfüllung des Stiftungszweckes gemäß § 2 beschlossen worden sind;

§ 8 Zusammensetzung des Stiftungsrates

(1) Der Stiftungsrat besteht aus bis zu drei Personen.

(2) Die ersten Mitglieder des Stiftungsrates sind die Kinder des Stifters, die jeweils einen Familienstamm repräsentieren. Jeder Stamm hat das Recht darauf, im Stiftungsrat vertreten zu sein. Scheidet ein Mitglied aus dem Stiftungsrat aus (Ablauf der Amtszeit, Rücktritt, Tod etc.), wählt der betroffene Stamm seinen Nachfolger. …

§ 10 Stellung und Aufgabe des Stiftungsrates

(1) Der Stiftungsrat ist das oberste Organ der Stiftung.

(2) Zu den Aufgaben des Stiftungsrates geh...

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