Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristgerechte Klageerhebung; Änderungssperre bei Steuerfahndungsprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird nachgewiesen, dass die Klageschrift rechtzeitig an das Finanzgericht gefaxt wurde, so ist die Klage fristgerecht erhoben und es kommt nicht mehr darauf an, dass dieser Vortrag und seine Glaubhaftmachung innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 FGO erfolgten.

2. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO greift auch bei Steuerfahndungsprüfungen.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2; FGO § 47 Abs. 1, § 56 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.06.2004; Aktenzeichen X R 56/01)

BFH (Urteil vom 16.06.2004; Aktenzeichen X R 56/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger für die Streitjahre der Abzugsbetrag gemäß § 10e Abs. 1 EStG zusteht.

Der Kläger ist verheiratet und wird mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt. Die Ehefrau des Klägers erwarb im Jahr 1988 das Anwesen in der ... Der Kläger und seine Familie bewohnten die Dachgeschosswohnung; die anderen Wohnungen wurden vermietet. Ab 1988 wurde bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger antragsgemäß der Abzugsbetrag gemäß § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 6.680 DM gewährt.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1995 teilte der Kläger mit Schreiben vom 7. Juli 1997 dem Beklagten mit, dass er mit seiner Familie seit 1991 die Wohnung im Obergeschoss bewohne und dass das Dachgeschoss seither vermietet werde. Der Beklagte erließ darauf hin geänderte Einkommensteuerbescheide u. a. für die Streitjahre 1992 und 1994, in denen der Abzugsbetrag gemäß § 10e Abs. 1 EStG nicht mehr berücksichtigt wurde. Seinen dagegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger damit, es könne nicht sein, dass der Umzug vom Dachgeschoss in das Obergeschoss steuerschädlich sei. Schließlich handele es sich um dasselbe Haus. Im Übrigen müsse die Folgeobjektregelung angewendet werden. Der Einspruch wurde nach Hinzuziehung der Ehefrau des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung wurde am 1. August 2000 mit einfachem Brief angesendet.

Die vom 1. September 2000 datierende Klage des Klägers ging am 5. September 2000 (Dienstag) bei Gericht ein. Die Mitteilung des Gerichts über den Eingang der Klage wurde am 15. September 2000 versendet. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2000 (Bl. 15 Prozessakte) wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Einspruchsentscheidung mit Ablauf des 4. September 2000 bestandskräftig geworden war. Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2000, bei Gericht am 26. Oktober 2000 eingegangen, trug der Kläger vor, er habe die Klage am 3. September 2000 vorab per Telefax an das Gericht übermittelt. Außerdem habe er die Einspruchsentscheidung erst am 7. August 2000 erhalten. Eine Kopie des Sendeberichts (Bl. 23 Prozessakte) reichte der Kläger mit Telefax vom 29. Oktober 2000 nach.

Mit der Klage wehrt der Kläger sich wegen der Versagung der Steuervergünstigung des § 10e Abs. 1 EStG. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Einspruchsverfahren trägt er vor, dem Beklagten sei bereits bei Erlass der erstmaligen Einkommensteuerbescheide für 1992 und 1994 bekannt gewesen, dass die Familie des Klägers vom Dachgeschoss in das Obergeschoss umgezogen sei. Am 22. Juli 1992 sei ein Beamter der Steuerfahndung bei ihm gewesen. Dennoch habe die Steuerfahndung in ihrem Bericht vom 13. Dezember 1996 ihm die Abzugsbeträge gemäß § 10e Abs. 1 EStG für die Jahre 1992 und 1993 zugesprochen. Mit Schreiben vom 19. Juni 1997 habe der Beklagte die Abzugsbeträge sogar über das Jahr 1993 hinaus bestätigt.

Nach dem Umzug sei nicht die gesamte Dachgeschosswohnung vermietet worden, sondern nur einzelne Zimmer. Ein Zimmer in der Dachgeschosswohnung sei nach wie vor von der Familie des Klägers genutzt worden. Auch die zur Dachgeschosswohnung gehörenden Nebenräume (Keller, Abstellraum, Garage) seien weiter selbst genutzt worden.

Der Kläger beantragt,

die geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 und 1994 vom 6. August 1998 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erachtet die Klage als unzulässig. Die Klagefrist sei nicht gewahrt worden. Der Kläger müsse, um die Drei-Tages-Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zu widerlegen, substantiiert vortragen, dass ihm die Einspruchsentscheidung erst später zugegangen sei; dies habe er nicht getan. Durch die Vorlage des Sendeberichts sei der rechtzeitige Eingang der Klage nicht belegt. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht gegeben. Der Kläger habe nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 56 FGO Wiedereinsetzungsgründe vorgetragen und glaubhaft gemacht.

Im Übrigen hält an seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung fest und verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO hätten vorgelegen. Entscheidend sei, dass dem Veranlagungsbeamten neue Tatsachen nachträglich bekannt werden; auf die Kenntnis des Steuerfahnders komme es nicht an. Dem Kurzbericht d...

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