rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen aus Legasthenie-Therapie umsatzsteuerfrei

 

Leitsatz (redaktionell)

Umsätze einer Deutschlehrerin und Pädagogin aus der Tätigkeit als Legasthenie-Therapeutin unterliegen als Leistungen aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit nicht der Umsatzsteuer.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen V R 71/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin für Umsätze aus der Behandlung von LegastheniePatienten die Umsatzsteuerfreiheit beanspruchen kann.

Die Klägerin ist als Legasthenie-Therapeutin vom Jugendamt der Stadt A. anerkannt und wird von ihm im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gemäß § 35 a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII i.V.m. §§ 39 und 40 BSHG zur ambulanten Legasthenie-Therapie beauftragt.

Daneben erzielt die Klägerin als Dozentin an der B.schule in A. Einkünfte, deren Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 21 b UStG hier nicht streitig ist. Weiter erzielt sie umsatzsteuerpflichtige Einnahmen als pädagogisch-psychologische Beraterin, die für sich genommen im Streitjahr die Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG nicht überschritten haben.

Die Klägerin hat das Staatsexamen als Deutschlehrerin abgelegt und in Pädagogik promoviert. Sie ist geprüfte psychologische Beraterin und hat sich als Legasthenie-Therapeutin fortgebildet. Über eine Kassenzulassung nach § 124 SGB V verfügt sie unstreitig nicht.

Auf den Antrag der Klägerin vom 03.04.2000 auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft erklärte das Finanzamt, dass es zwar der Rechtsauffassung der Klägerin zustimme, sie übe eine selbständige Tätigkeit im Rahmen des § 18 EStG aus. Die Umsätze aus der Tätigkeit als Legasthenie-Therapeutin seien jedoch umsatzsteuerpflichtig.

Nachdem die Klägerin keine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr abgegeben hatte, schätzte das Finanzamt mit Bescheid vom 07.05.2002 die Besteuerungsgrundlagen und nahm steuerpflichtige Umsätze zu 16 % in Höhe von 100.160 DM an. Die abziehbaren Vorsteuerbeträge schätzte es in Höhe von 2.262,29 DM und setzte eine Umsatzsteuerschuld von 13.763 DM fest; die Steuerfestsetzung erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO).

Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin hat Klage erhoben.

Während des Klageverfahrens reichte sie unter Vorbehalt ihrer Rechtsmeinung eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2000 ein, in der sie steuerpflichtige Umsätze in Höhe von netto 105.173 DM erklärte. Als Vorsteuerbeträge machte sie 3.975,51 DM geltend und errechnete daraus eine Umsatzsteuerschuld in Höhe von 12.852,17 DM. Das Finanzamt folgte den Angaben der Klägerin, änderte mit Bescheid vom 24.10.2002 entsprechend die Umsatzsteuerfestsetzung und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 13.02.2003 anerkannte das Finanzamt die Umsatzsteuerfreiheit der Dozententätigkeit der Klägerin für die B.-Schule in A. und ging nunmehr von steuerpflichtigen Leistungen in Höhe von 103.414 DM aus. Die Umsatzsteuerschuld setzte es in Höhe von 12.570 DM fest.

Aufgrund der Feststellungen in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2003 ist unstreitig, dass die Klägerin im Jahr 2000 Einnahmen aus Legasthenietherapie von öffentlicher Hand in Höhe von 92.025,80 DM und von privater Seite in Höhe von 24.160 DM erzielte, darüber hinaus steuerpflichtige Umsätze aus pädagogisch psychologischer Beratung in Höhe von 3.775 DM und steuerfreie Umsätze aus Dozententätigkeit in Höhe von 2.040 DM tätigte.

Die Klägerin beantragt zuletzt, den mit Bescheiden vom 24.10.2002 und vom 13.02.2003 geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 07.05.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.08.2002 ersatzlos aufzuheben.

Sie begründet ihre Klage wie folgt:

Zwar gebe es in Deutschland keine gesetzliche Regelung zur Berufsausbildung als Legasthenie-Therapeut und auch keinen entsprechenden Ausbildungsgang. Unstreitig würden die Legasthenie-Therapien auch von den gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich nicht und von den privaten Krankenkassen nur teilweise bezahlt.

Gleichwohl seien ihre aus Legasthenie-Therapie erzielten Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei.

Es sei anerkannt, dass Legasthenie eine Krankheit darstelle, die mit entsprechenden Therapien heilbar sei. Sie verweise hierzu auf eine Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Unterricht und Kultus und Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 16.11.1999 (Nr. IV/1a-S 7306/4-4/127883). Auch das Finanzamt gehe davon aus, dass sie eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübe.

Aufgrund ihrer Ausbildung und Qualifikation sei sie, die Klägerin, u.a. auch vom Jugendamt der Stadt A. als Legasthenie-Therapeutin anerkannt, werde im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII zur Legasthenie-Therapie beauftragt und nach einem festen Stundensatz bezahlt. Sie unterliege hinsichtlich dieser Tätigkeit der Überwachung durch das Jugendamt. Damit seien d...

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