Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Erlass von Säumniszuschlägen, die auf einem nicht nichtigen Schätzungsbescheid beruhen

 

Leitsatz (amtlich)

Selbst wenn das Finanzamt im Rahmen einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu Unrecht den Gewinn des Steuerpflichtigen aus selbständiger Arbeit nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt und dabei eine Rücklage nach § 7g EStG aufgelöst hat, stellt dies allenfalls einen groben Schätzungsfehler dar, der nicht zur Nichtigkeit des Schätzungsbescheides führt. Der möglicherweise rechtswidrige aber wirksame Einkommensteuerbescheid ist deshalb geeignet, Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 S. 1 AO entstehen zu lassen.

Die Erhebung der bis zur Einreichung der Einkommensteuererklärung entstandenen Säumniszuschläge ist nicht sachlich unbillig im Sinne des § 227 AO, denn nach der Regelung des § 240 Abs. 1 S. 4 AO ist unbeachtlich, worauf die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung beruht. Die Ablehnung des Erlasses dieser Säumniszuschläge ist deshalb nicht ermessensfehlerhaft.

 

Normenkette

AO §§ 125, 227, 240 Abs. 1 Sätze 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.01.2010; Aktenzeichen VIII B 156/09)

 

Tatbestand

Streitig ist der Erlass von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 2005 und zum Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 2005.

Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger ermittelt seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 4 Abs. 3 EStG.

Weil die Kläger keine Einkommensteuererklärung für 2005 einreichten, schätzte das beklagte Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen. Dabei löste es bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers eine Rücklage nach § 7g EStG i.H.v. 307.000 € gewinnerhöhend auf. Unter dem Vorbehalt der Nachprüfung setzte der Beklagte mit Bescheid vom 10.08.2007 die Einkommensteuer für 2005 auf 237.898 € fest. Die nachzuzahlende Einkommensteuer i.H.v. 236.578 € und der festgesetzte Solidaritätszuschlag i.H.v. 12.881,11 € waren bis spätestens 13.09.2007 zu zahlen.

Am 31.10.2007 ging beim Beklagten die Einkommensteuererklärung 2005 nebst Anlagen ein. Zugleich wurde beantragt, die aufgrund des Schätzungsbescheids für 2005 entstandenen Säumniszuschläge i.H.v. insgesamt 4.988 € zu erlassen, weil die sich nach diesem Bescheid ergebende Nachzahlung von insgesamt 255.190,11 € völlig unrealistisch sei und vor dem Hintergrund der vorangegangenen Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 jeder Grundlage entbehre.

Im nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid vom 26.11.2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 auf 111.890 € und den Solidaritätszuschlag für 2005 auf 5.950,67 € fest. Die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit wurden dabei mit 298.021 € (erklärt 296.926 €) statt bisher mit 587.000 € berücksichtigt. Es errechnete sich eine nachzuzahlende Einkommensteuer i.H.v. 106.995 € und ein nachzuentrichtender Solidaritätszuschlag i.H.v. 5.754,80 €. Bereits entstandene und fällige Säumniszuschläge sind in dem Bescheid vom 26.11.2007 i.H.v. 6.990 € zur Einkommensteuer und i.H.v. 379,50 € zum Solidaritätszuschlag ausgewiesen.

Mit am 17.12.2007 beim Beklagten eingegangenen Schreiben legten die Kläger gegen den Bescheid vom 26.11.2007 Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung sowie erneut den Erlass der Säumniszuschläge i.H.v. mittlerweile insgesamt 6.990 €.

Mit Verfügung vom 21.12.2007 wurde mit Wirkung ab 17.12.2007 Einkommensteuer 2005 i.H.v. 8.400 € und der Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 2005 i.H.v. 462 € von der Vollziehung ausgesetzt.

Mit nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändertem Bescheid vom 11.01.2008 setzte der Beklagte im Einspruchsverfahren die Einkommensteuer 2005 auf 103.490 € und den Solidaritätszuschlag auf 5.488,67 € herab. Im Bescheid wurden Säumniszuschläge für die Einkommensteuer i.H.v. 8.059,50 € und für den Solidaritätszuschlag i.H.v. 437 € ausgewiesen.

Mit Bescheid vom 14.03.2008 wurden Säumniszuschläge für einen Monat (zur Einkommensteuer 2005 i.H.v. 1.379,50 € und zum Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 2005 i.H.v. 75,50 €) insoweit erlassen, als sich aufgrund der berichtigten Veranlagung eine Minderung der Einkommensteuer i.H.v. 137.983 € und des Solidaritätszuschlags i.H.v. 7.588,31 € ergeben hatte und dementsprechend ab 31.10.2007 eine technische Stundung vertretbar gewesen wäre. Ein weitergehender Erlass wurde abgelehnt mit der Begründung, die hohe Schätzung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit sei zwingend gewesen, da in den Vorjahren Rücklagen nach § 7g EStG gebildet worden waren, die im Rahmen der Schätzung aufzulösen gewesen seien. Dieses Verfahren sei laut BMF-Schreiben vom 25.02.2004 für die Finanzverwaltung vorgeschrieben. Eine überhöhte Schätzung liege somit nicht vor. Ein Teilerlass zu 50 % komme bei einem Steuerpflichtigen in Betracht, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung oder Ratenzahlung unstreitig bis an die äußerste Grenze ausgeschöpft worden sei (Hinweis auf § 240 Nr. 5d Anwendungs...

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