Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnungsbescheid vom 22.01.1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.04.1999; Aktenzeichen VII R 82/98)

 

Tenor

1. Die Einspruchsentscheidung vom 29.01.1998 wird aufgehoben. Der Abrechnungsbescheid vom 22.01.1997 wird dahin geändert, daß das Finanzamt verpflichtet wird, die Drittschuldnererklärung unter Anerkennung der Bestimmtheit des gesamten gepfändeten Anspruchs abzugeben.

2. Das Finanzamt hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt verpflichtet ist, in der Drittschuldnererklärung eine Pfändung auch insoweit anzuerkennen, als diese nicht nur angebliche Erstattungsansprüche einer bestimmten Steuerart des abgelaufenen Kalenderjahres sondern auch früherer Kalenderjahre erfassen soll.

Die Klägerin ist ein Kreditinstitut. Sie hat gegen ihren in … wohnhaften Schuldner A. eine angebliche Forderung von 20.000 DM. Über diesen Betrag erwirkte sie beim zuständigen Amtsgericht … einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, den sie am 09.01.1997 dem für den Schuldner zuständigen Finanzamt … zustellen ließ. Die Pfändung umfaßte die angeblichen Forderungen des Schuldners an das Finanzamt aus dem „Anspruch auf Durchführung der Antragsveranlagung (Lohnsteuer) bzw. Einkommensteuerveranlagung für das abgelaufene Kalenderjahr sowie frühere Erstattungszeiträume und auf Auszahlung des Überschusses, der sich als Erstattungsanspruch bei Abrechnung der auf die Einkommensteuer anzurechnenden Leistungen für das abgelaufene Kalenderjahr und alle früheren Kalenderjahre ergibt.”

Das Finanzamt erkannte mit Drittschuldnererklärung vom 10.01.1997 die Pfändung des Erstattungsanspruchs aus der Einkommensteuerveranlagung 1996 des Schuldners unter Vorbehalt an. Hinsichtlich der Bezeichnung „frühere Jahre” bestritt es dagegen die Wirksamkeit der Pfändung, weil nach seiner Auffassung der gepfändete Anspruch insoweit nicht eindeutig bezeichnet war.

Auf den schriftlichen Einwand der Klägerin hin, daß bei Pfändung von fälligen bzw. rückständigen Erstattungsansprüchen keine Jahresangabe erforderlich sei, entschied das Finanzamt mit Abrechnungsbescheid vom 22.01.1997, daß es an seiner in der Drittschuldnererklärung mitgeteilten Rechtsauffassung festhalte. Gegen diesen nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 14.11.1997 Einspruch ein, der erfolglos blieb. In der Einspruchsentscheidung vom 29.01.1998 ist ausgeführt, der Einspruch sei im Hinblick auf die im Abrechnungsbescheid unterlassene Rechtsbehelfsbelehrung zwar zulässig, er sei aber unbegründet, weil bei mehreren Einzelforderungen (jährliche Erstattungsansprüche) eine genaue Bezeichnung jeder zu pfändenden Einzelforderung unabdingbar sei; dem werde eine unbestimmte Bezeichnung wie „frühere Jahre” nicht gerecht.

Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor: Entgegen der Ansicht des Finanzamts seien auch die Erstattungsansprüche für die früheren Kalenderjahre – vor 1996 – wirksam gepfändet. Nach herrschender Meinung müßten im Pfändungsbeschluß lediglich die Steuerart und der Erstattungsgrund bezeichnet werden. Da nach der Sonderregelung des § 46 Abs. 6 AO ohnehin nur rückständige Erstattungsansprüche gepfändet werden könnten, müßten ein Kalenderjahr oder ein sonstiger Erstattungszeitraum überhaupt nicht bezeichnet werden. Dennoch habe die Klägerin den Zeitraum mit ihrer Angabe 1996 und frühere Jahre ausdrücklich und klar bezeichnet. Das entsprechende Vordruckformular stamme im übrigen von einem bundesweit führenden Hersteller juristischer Vordrucke und sei von zigtausenden Rechtsanwälten, Steuerberatern etc. über eine Vielzahl von Jahren – von Gerichten und Finanzämtern unbeanstandet – verwendet worden. Die Finanzämter ihrerseits pfändeten gegen ihre Schuldner deren gegenwärtige und „künftige Ansprüche, Forderungen und Rechte…” auf „Zahlung des gegenwärtigen Überschusses und aller künftigen Überschüsse bei Saldoziehung aus der laufenden Rechnung bestehenden Geschäftsverbindung”. Von dieser Pfändung sollten erfaßt werden der Zustellungssaldo, „der nächste und alle weiteren künftigen Aktivsalden, die sich jeweils zu den Rechnungsabschlüssen ergeben”. Diese Bezeichnungen seien aber keineswegs konkreter als die vom Beklagten beanstandete Formulierung der „früheren Kalenderjahre vor 1996”.

Der Kläger beantragt festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Pfändung der Klägerin auf Durchführung der Antragsveranlagung (Lohnsteuer) bzw. Einkommensteuerveranlagung des A. gemäß Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts … vom 09.01.1997, Az. …, auch für Zeiträume vor dem Kalenderjahr 1996 anzuerkennen.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.

Es trägt noch vor: Die vom Kläger verwendete Bezeichnung des Zeitraums sei zu unbestimmt. Das Finanzamt wäre dadurch genötigt, den jeweiligen Steuerfall dahin zu überprüfen, ob bereits Veranlagungen durchgeführt worden oder noch durchzuführen seien, wann Festsetzungsverjährung – auch unter dem Gesichtspunkt des § 169 ...

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