Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlangung einer grunderwerbsteuerpflichtigen Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Wird ein Grundstück nur dem Werte nach in eine Gesellschaft eingebracht, erfordert die Einräumung der Verwertungsbefugnis, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein ihm gehörendes Grundstück mit Gebäude dieser zur Fruchtziehung und Lastentragung zur Verfügung gestellt hat, sowie außerdem, dass sich die Gesellschafter für die Fälle der Veräußerung des Grundstücks, des Ausscheidens eines Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft über die Verteilung des Veräußerungserlöses bzw. der Wertsteigerungen oder Wertminderungen geeinigt haben.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.08.2009; Aktenzeichen II B 35/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin eine grunderwerbsteuerpflichtige Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG erlangt hat.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, an deren Vermögen die beiden Kommanditisten - die seit 28.09.2000 verheirateten Ehegatten A und B - jeweils zur Hälfte beteiligt sind (Grundbucheintragung vom 06.06.2003).

I.

Mit Kaufvertrag vom 25.06.1996 erwarben Herr A , seine Schwester C und deren Ehemann D die im Grundbuch des Amtsgerichts 2 Zweigstelle 1 von 1 eingetragenen Grundstücke mit den Flurnummern X1 (Str. 3 , Wohnhaus mit Gastwirtschaft), X2 (Str. 1 ) und X2/2 (Str. 2 ) zu Miteigentum von 1/2 (A ) bzw. jeweils 1/4.

Mit privatschriftlichem Vertrag vom 20.10.1996 gewährte der Miteigentümer A der Besitzgemeinschaft ein Darlehen in Höhe von 140.000 DM zur Ablöse der Rentenverpflichtung aus dem Kaufvertrag.

Am 08.12.1996 trafen die Miteigentümer eine privatschriftliche Vereinbarung, nach welcher das Grundvermögen gesamthänderisch gehalten wird, die Gesamthänder am laufenden Gewinn und Verlust im Verhältnis ihrer im Grundbuch festgehaltenen Bruchteile und am Vermögen und den daraus ausfließenden Erlösen im Veräußerungsfall im Verhältnis der von Ihnen aufgenommen Bankkredite von je 20/93 (D und C ) sowie 53/93 (A ) beteiligt sind. Der Darlehensvertrag vom 20.10.1996 galt uneingeschränkt fort.

Herr A stellte der Besitzgemeinschaft in den Jahren 1999 bis November 2002 weitere Darlehensbeträge in Höhe von insgesamt 21.250 € zur Verfügung.

II.

Mit notariellem Vertrag vom 18.01.2002 veräußerten die Miteigentümer das Grundstück an Frau E im Wege des Mietkaufs. Die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch datiert vom 31.01.2002.

III.

Da die Erwerberin im Kalenderjahr 2002 zu keinem Zeitpunkt die entsprechenden Raten erbrachte und die Erfüllung der Vereinbarung vom 18.01.2002 zweifelhaft erschien, die kreditierenden Banken den ursprünglichen Käufern mit der Kündigung der Kredite drohten und die Miteigentümer D und C die auf sie entfallenden Raten nicht erbringen konnten, wurde eine anderweitige Verwertungsstrategie hinsichtlich des Grundstücks entwickelt:

Mit § 2 der privatschriftlichen Einbringungsvereinbarung vom 20.01.2003 überließen die drei Eigentümer der Klägerin „den Grundbesitz dem Werte nach“ (quoad sortem). Ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums oder ein Verfügungsrecht der Gesellschaft über das Eigentum war ausdrücklich nicht vorgesehen. Die Klägerin war nach § 3 des Vertrages u.a. berechtigt, das vertragsgegenständliche Grundstück in Besitz zu nehmen sowie in beliebiger Weise und zeitlich unbeschränkt zu nutzen, im Falle einer Veräußerung des Grundstücks den gesamten Veräußerungserlös zu vereinnahmen, auch soweit dieser durch eine Wertsteigerung bewirkt worden war, alle sonstigen Nutzungs- und Verwertungsbefugnisse eines Eigentümers auszuüben sowie alle Rechte aus der Vereinbarung vom 18.01.2002 entweder selbst im eigenen Namen oder im Namen der Eigentümer gegen die Käuferin geltend zu machen. Die „Verwertungsbefugnis“ umfasste auch die Geltendmachung von Schadensersatz- und Nutzungsentschädigungsansprüchen aus der vorgenannten Vereinbarung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Eigentümer waren verpflichtet, Verfügungen über das Grundstück nur mit Zustimmung der Gesellschaft vorzunehmen (§ 3.2 des Vertrages). Sie waren von allen Verbindlichkeiten freizustellen (§ 4.1.4 des Vertrages), vereinbarten eine Zuzahlungsverpflichtung für den Fall der Rückabwicklung des Verkaufes vom 18.01.2002 und einer anschließenden Veräußerung (§ 8.1) und waren sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche gegenseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundbesitzes abgegolten und erledigt waren (§ 8.3 des Vertrages).

Aufgrund der Einlage erhöhte sich das Kapitalkonto II des Kommanditisten A bei der Klägerin um 70.385,74 €. Hinsichtlich der Berechnung wird auf § 6 der Vereinbarung vom 20.01.2003 verwiesen.

IV.

Spät...

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