Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnung mehrerer Darlehen zum Safe Haven

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Erhält ein Steuerpflichtiger Darlehen von seiner Tochter- oder Enkelgesellschaft oder anderen nachgeordneten Körperschaften, handelt es sich nicht um Darlehensgewährungen durch dem Anteilseigner nahestehende Personen i.S. des § 8a Abs. 1 KStG.

2) Bei mehreren Darlehen sind diese nicht streng nach ihrer zeitlichen Entstehung mit dem Safe Haven zu verrechnen; dem Steuerpflichtigen steht insoweit ein Wahlrecht für die Zuordnung zu (gegen BMF vom 15.12.1994, BStBl. I 1995, 25 Rz. 71).

 

Normenkette

AStG § 1 Abs. 2; KStG § 8a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.01.2016; Aktenzeichen I R 70/14)

BFH (Urteil vom 28.01.2016; Aktenzeichen I R 70/14)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und inwieweit das der Klägerin in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 zur Verfügung gestellte Fremdkapital den in § 8a Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 2003, 2840) – KStG 2002 n.F. – geregelten sog. Safe Haven übersteigt und welche steuerlichen Folgen für die Klägerin sich hieraus ergeben.

Die A-Gruppe (A-Gruppe) ist eine international tätige Unternehmensgruppe, die im Bereich der … – und …produktion tätig ist. An der Spitze des Konzerns steht die A P.L.C.. Diese war zu 100 % an der A B.V. (AGH) und an der B Ltd. beteiligt, die ihrerseits 79,92 % (AGH) bzw. 19,88 % (B Ltd.) des Stammkapitals der Klägerin, einer GmbH, hielten. Die Klägerin erfüllte in den Streitjahren die Funktion einer Holdinggesellschaft für die in Deutschland ansässigen Gesellschaften der A-Gruppe.

Zu der A-Gruppe gehörten in den Streitjahren darüber hinaus insbesondere:

  • A Deutschland AG (A AG): An dieser Gesellschaft war die Klägerin unmittelbar zu 35,65 % bzw. zu 35,666 % beteiligt. 60,5 % der Anteile hielt die C AG, D, deren Anteile wiederum zu 98,78 % bzw. 98,814 % von der Klägerin gehalten wurden.
  • A Österreich.
  • A Luxemburg.
  • A F GmbH: Die A F GmbH ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der A Niederlande, die ihrerseits – verbunden durch mehrere Gesellschaften – unter der A P.L.C., der Mutter der A-Gruppe, hängt.
  • A G GmbH: Es handelt sich um eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Klägerin.
  • H GmbH: Die H GmbH ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der A AG.
  • A J Ltd., K Ltd. und A L Ltd.: Bei diesen Gesellschaften handelt es sich um Schwestergesellschaften der Klägerin.
  • A M GmbH: Die A M GmbH ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der A AG.
  • N-Stiftung: Die Stiftung hängt unter der A AG.

Mit den vorgenannten Gesellschaften und der Stiftung hatte die Klägerin Verträge über verzinsliche, nicht nur kurzfristige Darlehen abgeschlossen, aufgrund derer in den Streitjahren 2004 und 2005 erhebliche Schuldzinsen zu entrichten waren:

2004

Darlehen

Zinsen (in €)

A Österreich

11.465.921,82

243.976,71

K Ltd.

306.641.485,39

13.757.469,07

A Luxemburg

195.000.000,00

6.638.129,99

A F GmbH

24.514,60

516,79

N-Stiftung

106.584,82

1.844,15

A G GmbH

2.273.299,46

46.703,45

H GmbH

1.800.774,88

38.143,63

A M GmbH

23.839.542,67

371.415,07

A AG

260.509.409,54

4.993.809,96

2005

Darlehen

Zinsen (in €)

A Österreich

11.802.508,18

254.151,04

K Ltd.

306.641.485,39

13.332.135,29

A Luxemburg

195.000.000,00

8.550.885,41

A E UK

5.610.107,04

31.673,67

A F GmbH

24.824,46

532,28

N-Stiftung

408.298,05

7.342,51

H GmbH

2.326.273,10

46.699,82

A M GmbH

17.323.932,25

167.514,76

A AG

226.240.546,69

4.550.548,97

In ihren Steuererklärungen ging die Klägerin davon aus, dass § 8a KStG 2002 n.F. den Betriebsausgabenabzug dem Grunde nach für alle von ihr an Gesellschaften der AGruppe geleistete Fremdkapitalvergütungen beschränke, also auch auf solche Zinsen anzuwenden sei, die auf von ihren Tochter- oder Enkelgesellschaften gewährte Darlehen entfielen (sog. Upstream-Darlehen). Zu der Regelung in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 2002 n.F, wonach Vergütungen nur dann gewinnerhöhend in verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) umzuqualifizieren sind, soweit das Fremdkapital das Eineinhalbfache des anteiligen Eigenkapitals des wesentlich beteiligten Anteilseigners übersteigt (sog. Safe Haven), meinte die Klägerin, ihr stehe ein Wahlrecht zu, welche Darlehen sie mit dem Safe Haven verrechne. Hiervon ausgehend ordnete die Klägerin dem Safe Haven zunächst die von ausländischen Gesellschaften der A-Gruppe aufgenommenen Darlehen zu. Hierdurch standen nur die Schuldzinsenzahlungen auf die Darlehen der A AG und der A M GmbH teilweise außerhalb des Safe Haven. Weil die Klägerin an diesen Gesellschaften jeweils beherrschend beteiligt war, nahm sie insoweit nicht nur gemäß § 8a KStG 2002 n.F. eine gewinnerhöhende Umqualifizierung der von ihr gezahlten Schuldzinsen in Höhe von 5.097.431,58 € (= 4.993.809,96 € an die A AG + 103.621,62 € an die A M GmbH) im Jahre 2004 und 2.952.235,88 € (an die A AG) im Jahre 2005 in vGA vor, so...

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