Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Ermäßigung des Jahresbetrags im Jahr des Eintritts der Volljährigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Zwölftelung des Jahresbetrags der unschädlichen Einkünfte von 12.000 DM findet nicht statt, wenn ein Kind im Laufe des Jahres das 18. Lebensjahr vollendet und im gesamten Kalenderjahr Einkünfte von weniger als 12.000 DM erzielt. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist insoweit teleologisch zu reduzieren.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6, Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2001; Aktenzeichen VI R 113/99)

 

Gründe

Zu entscheiden ist über das Bestehen eines Kindergeldanspruchs auch bei Überschreiten des ermäßigten Grenzbetrages ab Volljährigkeit, wenn die Einkünfte für das gesamte Kalenderjahr unter 12.000 DM liegen.

Der am 01.09.1979 geborene Sohn I. des Klägers (Kl.) absolviert seit dem 01.09.1996 eine Ausbildung zum Energieelektroniker, die vertraglich am 28.02.2000 endet. Er bezog im Jahre 1997 eine Ausbildungsvergütung von insgesamt 13.535 DM brutto. Von diesem Betrag fielen 8.088 DM auf die Zeit bis einschl. August 1997. Im September 1997 erhielt der Sohn des Kl. einschließlich einer Sonderzahlung i.H.v. 1.131 DM insgesamt 2.187,50 DM brutto. Der Monatslohn für die Monate Oktober bis September 1997 betrug 1.086,50 DM brutto.

Im Jahre 1998 bezog der Sohn eine Bruttoausbildungsvergütung von insgesamt 14.614 DM.

Der Beklagte (Bekl.) setzte zunächst mit bestandskräftig gewordenem Bescheid das Kindergeld für den Sohn I. ab September 1997 auf 0,– DM fest.

Mit Schreiben vom 21.11.1997 beantragte der Kl. erneut Kindergeld für seinen Sohn I.. Der Bekl. lehnte dies mit Bescheid vom 04.02.1998 mit der Begründung ab, der Sohn habe in der Zeit von September bis Dezember 1997 den auf diese Monate entfallenden anteiligen Freibetrag von 4.000 DM übersteigende Einkünfte i.H.v. 4.642 DM erzielt.

Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage begehrt der Kl. weiterhin, ihm für die Zeit ab September 1997 Kindergeld für seinen Sohn zu gewähren. Er ist der Auffassung, die im September 1997 erfolgte Sonderzahlung i.H.v. 1.131 DM sei nicht nur bei den Einkünften für die Zeit von September bis Dezember 1997 zu berücksichtigen, sondern auf das gesamte Jahr um- und jedem Monat zu einem Zwölftel zuzurechnen. Bei Berücksichtigung der anteilig auf die Zeit ab September entfallenden Sonderzuwendungen von monatlich 94,25 DM brutto lägen die Einkünfte seines Sohnes unter 4.000 DM.

Der Kl. beantragt,

  • ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 04.02.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.09.1998 ab 01.09.1997 Kindergeld für seinen Sohn I. zu gewähren.

Der Bekl. beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die im September 1997 geleistete Sonderzuwendung sei in voller Höhe bei den Einkünften für die Zeit von September bis Dezember 1997 zu berücksichtigen. Danach übersteige der in dieser Zeit erzielte Gesamtbetrag der Einkünfte die anteilige Einkommensgrenze von 4.000 DM.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Berechnungen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Einspruchsentscheidung des Bekl. Bezug genommen.

Die Klage ist begründet.

Der Bekl. hat zu Unrecht dem Kl. ab September 1997 kein Kindergeld für den Sohn I. mehr gewährt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigung dieses Kindes lagen während des gesamten Kalenderjahres 1997 vor. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres am 31.08.1997 bestand ein Kindergeldanspruch des Kl. gemäß § 32 Abs. 3 EStG. Für die Zeit danach ist der Sohn gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a i.V.m. Satz 2 EStG zu berücksichtigen (§ 62 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG). Zum einen befand sich der Sohn während des gesamten Kalenderjahres 1997 in Berufsausbildung zum Energieelektroniker, zum anderen betrugen seine Einkünfte bei Ansatz der Werbungskostenpauschale von 2.000 DM im gesamten Kalenderjahr weniger als 12.000 DM.

Der Senat verkennt nicht, daß die dem Sohn in den Monaten September bis Dezember 1997 zugeflossenen Einkünfte 4.000 DM (4/12 von 12.000 DM) überschritten haben. Er ist aber der Auffassung, daß dies dem Kindergeldanspruch nicht entgegensteht.

Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG ermäßigt sich der Jahresbetrag nach Satz 2 zwar für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen, um 1/12. Diese Ermäßigungsvorschrift ist aber jedenfalls für den Fall nicht anzuwenden, daß sich ein im Laufe des Kalenderjahres volljährig gewordenes Kind im gesamten Jahr in Ausbildung befindet und seine Einkünfte weniger als 12.000 DM im Kalenderjahr betragen, d. h. wenn allein die Voraussetzung in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG „das 18. Lebensjahr vollendet hat” nicht im gesamten Kalenderjahr vorliegt. Der Senat schließt sich insoweit den Rechtsauffassungen des FG Nürnberg (Urteil vom 19. Februar 1998 IV (V) 288/97, EFG 1998, 958) und des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18. Januar 1999 5 K 1741/98, EFG 1999, 394) an und hält für diese Fälle ebenfalls eine teleologische Reduktion des §...

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