Entscheidungsstichwort (Thema)

Sammelbeförderung von Arbeitnehmern

 

Leitsatz (redaktionell)

Die ohne besonders berechnetes Entgelt zu nicht unternehmensfremden Zwecken durchgeführte Sammelbeförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte ist nicht umsatzsteuerpflichtig.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 2; UStG a.F. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 b; RL 77/388/EWG Art. 6 Abs. 2; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen V R 15/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Sammelbeförderungen von Arbeitnehmern umsatzsteuerpflichtig sind.

Die Klägerin (Klin.) ist eine Kommanditgesellschaft (KG), die im Verhältnis zu der T GmbH Organträgerin ist. Gegenstand des Unternehmens der GmbH ist die Herstellung und der Vertrieb von Lager-, Betriebs- und Büroeinrichtungen sowie Abfalltechnik. Ansässig ist das Unternehmen im Ortsteil T-Dorf von O-Stadt in der Nähe von T1-Stadt. Die Arbeitszeit beginnt morgens um 06.00 Uhr.

Für die Streitjahre 1999 und 2000 war die Klin. entsprechend ihren Angaben in ihren Erklärungen gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Umsatzsteuer (USt) veranlagt worden. Dabei wurden ihr als Organträgerin die von der GmbH verwirklichten Umsätze zugerechnet.

Im Jahr 2002 wurde bei der GmbH eine Lohnsteuer-Außenprüfung durchgeführt, die sich wegen der Streitjahre 1999 und 2000 u. a. auch auf die USt auf Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an Arbeitnehmer bezog. Dabei stellte der Prüfer folgendes fest:

Die Arbeitnehmer der GmbH hatten die Möglichkeit, für die täglichen Fahrten von ihrer Wohnung zur regelmäßigen Arbeitsstätte in T-Dorf vom Arbeitgeber angemietete Busse zu benutzen. Die Arbeitnehmer, die dies beantragt hatten, zahlten einen Fahrpreis von 1,00 DM pro Arbeitstag. Die GmbH hatte bisher lediglich diese Entgelte mit einem Steuersatz von 16 v. H. der USt unterworfen. Der Prüfer beanstandete diese umsatzsteuerliche Erfassung, soweit es um die Zeit ab Juli 1999 ging.

Nach seiner Auffassung lag in der Beförderung der Arbeitnehmer zur Arbeitsstätte eine sonstige Leistung der Arbeitgeber-GmbH an die Arbeitnehmer. Sie sei zwar verbilligt erfolgt, da die gezahlten Entgelte gemessen an den Gesamtkosten nur ca. 8,5 v. H. ausmachten. Von einer unentgeltlichen Leistung könne aber nicht gesprochen werden. Als Bemessungsgrundlage seien zwar seit der Gesetzesänderung ab dem 01.04.1999 grundsätzlich gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) die gezahlten Entgelte anzusetzen. Da diese aber wesentlich geringer als die Selbstkosten des Arbeitgebers gewesen seien, seien gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG i. V. m. § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG mindestens die Selbstkosten anzusetzen. Diese seien mit den von den Busunternehmen der GmbH in Rechnung gestellten Kosten (ohne USt) identisch. Hieraus errechne sich eine Erhöhung der USt wie folgt (vgl. Tz 5 g des Berichts über die USt-Sonderprüfung vom 15.11.2002 i. V. m. der Anlage 2):

1999

2000

(Monate Juli bis Dezember)

Eingangsrechnungen

der Busunternehmen (netto)

85.442,05 DM

179.383,44 DM

durch Arbeitnehmer

bereits versteuerte

Erlöse (netto)

8.963,80 DM

15.281,03 DM

noch zu erfassende

Leistungen an Arbeitnehmer

76.478,25 DM

164.102,41 DM

Steuersatz

16 v. H.

16 v. H.

Erhöhung USt

12.236,52 DM

26.256,38 DM

(6.256,43 EUR)

(13.424,68 EUR)

Das Finanzamt (FA) folgte dem Vorschlag des Prüfers und änderte u. a. wegen dieses Punktes mit den Bescheiden 1999 vom 13.01.2003 und 2000 vom 06.01.2003 die USt-Festsetzungen der Streitjahre auf folgende Beträge:

1999

2000

15.158.280,00 DM

11.140.624,00 DM

(7.750.305,50 EUR)

(5.696.110,60 EUR)

Nachdem die Klin. hiergegen Einspruch eingelegt hatte, stellte das FA fest, dass im zweiten Halbjahr 1999 die Aufwendungen für die Busunternehmen netto 91.064,78 DM betragen hatten und nicht nur 85.442,05 DM. Außerdem waren nach Auffassung des FA auch für das erste Halbjahr 1999 (Monate Januar bis Juni) Korrekturen vorzunehmen. Dies führte zu folgender Erhöhung der USt 1999:

Eingangsrechnungen der

Busunternehmer (netto)

187.468,37 DM

für das gesamte Jahr (vom Arbeitgeber)

bereits versteuert

./.

17.927,60 DM

Mehr Bemessungsgrundlage wegen

Sachleistungen an Arbeitnehmer

169.540,77 DM

bisher als Erhöhung erfasst

./.

76.478,25 DM

Mehr Bemessungsgrundlage

93.062,52 DM

x 16 v. H. USt

14.890,00 DM

In dieser Hinsicht kündigte es für 1999 mit den Schreiben vom 13.03.2003 und 07.05.2003 eine Verböserung an. Die Klin. hielt ihren Einspruch aufrecht.

Den Einspruch betreffend 2000 wies das FA als unbegründet zurück. Für 1999 setzte es die USt in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 05.08.2003 um 14.890,00 DM auf 15.173.170,00 DM (7.757.918,63 EUR) höher fest.

Mit ihren Klagen wegen USt 1999 – Az. 5 K 4758/99 U – und wegen USt 2000 – Az. 5 K 3083/03 U – macht die Klin. geltend, dass es sich bei der Sammelbeförderung um eine unentgeltliche Leistung an die Arbeitnehmer handele. Wenn von ihnen ein Fahrpreis von 1,00 DM je Arbeitstag gezahlt worden sei, sei dieser Betrag als nur symbolische Größe zu vernac...

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