Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Straf- oder Bußgeldbefreiung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein "Erscheinen" i.S. des § 7 Satz 1 Nr. 1a StraBEG liegt auch dann vor, wenn im Finanzamt ein persönlicher Kontakt stattfindet, der nach außen hin erkennbar macht, dass der Prüfer mit der Außenprüfung beginnt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Prüfer die im Rahmen der Betriebsprüfung angeforderten Geschäftsunterlagen in den Räumlichkeiten des FA vom Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter persönlich in Empfang nimmt.

2) Ein Erscheinen lokal in den Wohn- und Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen ist nicht erforderlich.

3) § 7 Satz 1 Nr. 1 StraBEG und § 10 Abs. 3 StraBEG sind verfassungsrechtlich unbedenklich.

 

Normenkette

StraBEG § 10 Abs. 3, § 7 S. 1 Nr. 1a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.03.2010; Aktenzeichen VIII R 50/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Ausschlussgrund für eine Straf- und Bußgeldbefreiung nach § 7 Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) vorliegt.

Mit Prüfungsanordnung vom 2. Januar 2003 ordnete der Beklagte eine Außenprüfung beim Kläger (Kl.) für Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Veranlagungszeiträume 1998 bis 2000 an. Am 4. Februar 2003 begann ein Betriebsprüfer des Beklagten (Bekl.) mit der steuerlichen Außenprüfung. Die Prüfung fand in den Räumen des Finanzamts statt. Der Bevollmächtigte des Kl. überreichte dazu am 4. Februar 2003 dem Prüfer im Finanzamt zahlreiche Unterlagen für die Prüfung. Im weiteren Verlauf der Prüfung wurden mehrfach Unterlagen angefordert und Gespräche zwischen dem Prüfer und dem Bevollmächtigten des Kl. geführt. Am 17. Dezember 2003 fand eine Zwischenbesprechung im Finanzamt und am 31. März 2004 im Büro des Bevollmächtigten statt, an der jeweils auch der Kl. teilnahm. Ebenfalls am 31. März 2004 ging beim Bekl. eine strafbefeiende Erklärung des Kl. ein. Hierin erklärte er einen Betrag i. H. v. 500,75 EUR als zu Unrecht nicht besteuerte Einnahmen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 StraBEG. Es handelte sich hierbei um den Ansatz von Reparaturaufwand eines Privatfahrzeuges als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) und zwar für 1999 i. H. v. 223,83 EUR und für 2000 i. H. v. 276,92 EUR. Der Kl. entrichtete innerhalb von 10 Tagen nach Abgabe der Erklärung einen Betrag von 25 % der erklärten Einnahmen, somit 125,19 EUR.

Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung M (Steufa) leitete gegen den Kl. ein Strafverfahren ein. Am 28. April 2004 erließ der Bekl. einen Aufhebungsbescheid gem. § 10 Abs. 3 StraBEG, mit dem er die mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärung bewirkte Steuerfestsetzungen i. H. v. 125,19 EUR aufhob. Zur Begründung führte er aus, dass nach § 7 Satz 1 Nr. 1 a StraBEG keine Straf- und Bußgeldbefreiung eingetreten sei, da bereits vor Eingang der strafbefreienden Erklärung bei dem Erklärenden ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen sei.

Gegen diesen Bescheid hat der Kl. mit Schreiben vom 27. Mai 2004 Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 a StraBEG nicht vorlägen. Die Sperrwirkung sei nicht eingetreten, weil sich der Gesetzestext auch dahingehend lesen lasse, dass der Amtsträger „wegen einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne des § 6” zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erschienen sei. Ein Betriebsprüfer erscheine jedoch nicht wegen einer Steuerhinterziehung oder einer Steuerordnungswidrigkeit bei dem Steuerpflichten. Eine solche Tat sei dem Betriebsprüfer bei seinem Erscheinen gar nicht bekannt. Er erscheine lediglich zur generellen steuerlichen Prüfung im Rahmen der Prüfungsanordnung. Nur wenn die Textpassage „wegen einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne des § 6” auf strafbefreiende Erklärung bezogen werde, reiche das Erscheinen zur bloßen Prüfung aus. Allerdings werde eine strafbefreiende Erklärung stets „wegen einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne des § 6” erstattet. Sonst wäre es keine strafbefreiende Erklärung. Offenbar habe im Vermittlungsverfahren bei der Einführung der Nr. 1 des § 7 StraBEG keine sprachliche Abstimmung an dem vorhandenen Entwurfstext stattgefunden. Denn bei den Sperrtatbeständen der Nrn. 2 und 3 beziehe sich die Passage „wegen einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne des § 6” auf die Einleitungsbekanntgabe und die Selbstanzeige. Es lasse sich deshalb die Auffassung vertreten, dass das Erscheinen des Betriebsprüfers im Rahmen einer regulären Außenprüfung nach §§ 193 ff. AO nicht zur Sperrwirkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 StraBEG führe, da er nicht wegen einer Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit bei dem Steuerpflichtigen erschienen sei. Der unbestimmte Gesetzestext gehe zu Lasten des Verwenders. Der Kl. verweist in diesem Zusammenhang auf Rudolf Stahl in Selbstanzeige und strafbefreiende Erkl...

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