Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Messestellplätzen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Mietzahlungen für die Anmietung von Messestellplätzen durch eine Produktionsgesellschaft, deren Geschäftsgegenstand es nicht gebietet, permanent Messestände vorzuhalten, um ihrer Tätigkeit wirtschaftlich erfolgreich nachgehen zu können, sind keine Mietaufwendungen für fiktives Anlagevermögen und unterliegen nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG.

 

Normenkette

HGB § 247 Abs. 2; GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.03.2022; Aktenzeichen III R 14/21)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Messestellplätzen.

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von … ist. Die Klägerin selbst hat keinen Direktvertrieb; sie verkauft ihre Produkte durch ein stehendes Händlernetz.

In den Streitjahren 2009 bis 2011 mietete die Klägerin wiederholt auf bestimmten turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen und Räumlichkeiten an, um ihre Produkte dort zu präsentieren. Hierdurch entstand ihr Aufwand in der folgenden Höhe:

2009

Rechnungsdatum

Messe

Aufwand

…2009

A

… €

…2009

B

… €

… €

2010

…2010

C

… €

…2010

D

… €

…2010

E

… €

… €

2011

…2011

A

… €

…2011

B

… €

… €

Den Aufwand behandelte die Klägerin als abziehbare Betriebsausgaben; eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung erklärte sie insoweit nicht.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) übernahm bei der Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge 2009 bis 2011 zunächst die Angaben in den eingereichten Steuererklärungen. Die Festsetzungen erfolgten unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO–).

Im Rahmen einer im Jahr 2013 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Klägerin, die die Streitjahre 2009 bis 2011 betraf, griff der Prüfer die Anmietung der Messestände auf und vertrat die Auffassung, dass eine Hinzurechnung des Aufwands nach den Maßgaben des § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes 2002 (GewStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 (JStG 2008) vom 20.12.2007 (BGBl. I 2007, 3150) bezüglich des Erhebungszeitraums 2009 –GewStG 2009– und i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22.12.2009 (BGBl. I 2009, 3950) bezüglich der Erhebungszeiträume 2010 und 2011 … –GewStG 2010/2011– zu erfolgen habe. Da der zu berücksichtigende Freibetrag in Höhe von 100.000 € bereits im Rahmen anderer Hinzurechnungen verbraucht worden sei, seien folgende Beträge hinzuzurechnen:

… 2009 … 2010 … 2011

Bemessungsgrundlage … € … € … €

Ansatz mit … 13/20 × ¼ … … ½ × ¼ … ½ × ¼

Hinzurechnung … € … € … €

Messbetrag 3,5 % … € … € … €

Das FA erließ ausgehend von dieser Rechtsauffassung entsprechende Änderungsbescheide für 2009 bis 2011 über den Gewerbesteuermessbetrag und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 15.5.2018 als unbegründet zurück. Die Miete für die Messe- und Ausstellungsflächen seien im vorliegenden Fall hinzuzurechnen. Denn die angemieteten Ausstellungsflächen seien dem fiktiven Anlagevermögen zuzuordnen. Um die Produkte auf dem Markt einem interessierten Käuferpublikum vorzustellen und anzubieten, sei die Klägerin auf die Teilnahme an großen Fachmessen und damit auf die entsprechende Verfügbarkeit von Ausstellungsflächen und Messehallen angewiesen. Solche Flächen hätte sie anderenfalls im Betrieb zum Gebrauch vorhalten müssen. Dass die Ausstellungsflächen nur kurzfristig nötig gewesen seien, sei unerheblich.

Darüber hinaus vermöge auch der Einwand, Inhalt und Gegenstand der Messeverträge sei weniger die Flächenvermietung als vielmehr die Übernahme der Messeorganisation, die Besucherwerbung und die Bereitstellung der gesamten Messeinfrastruktur, dem Einspruch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dem wesentlichen Gehalt nach handele es sich im vorliegenden Fall um Mietverträge.

Mit der daraufhin erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass die Mieten für die Anmietung der Ausstellungsflächen nicht hinzuzurechnen seien. Hierzu habe der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Urteilen vom 8.12.2016 IV R 24/11 und vom 25.10.2016 I R 57/15 Stellung genommen. Danach setze die Hinzurechnung einerseits voraus, dass ein Miet- oder Pachtverhältnis i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuches vorliege, zum anderen müsse es sich bei den angemieteten Wirtschaftsgütern um sog. fiktives Anlagevermögen handeln. Es fehle im vorliegenden Fall jedenfalls an dem Charakter des fiktiven Anlagevermögens. Hierzu trägt die Klägerin vor, sie sei Herstellerin von landwirtschaftlichen Maschinen. Die Produktion erfolge in eigenen Räumlichkeiten. Der Absatz dieser Maschinen erfolge durch ein Händlernetz, das sich in Deutschland sowie in mehreren europäischen Ländern befinde. Bei den streitigen Messeaufwendungen handele es sich um Fachmessen, bei denen die Pr...

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