Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für Fachmessen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden, weil durch die Hinzurechnung i.S. einer Finanzierungsneutralität der objektive Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln ist.

2. Entscheidend für die Frage der Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhalten der fraglichen Wirtschaftsgüter voraussetzt und ob sich die betreffende Tätigkeit wirtschaftlich nur sinnvoll ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird.

3. Eine Zuordnung zum Anlagevermögen des Gewerbebetriebs scheidet aus, wenn ein Unternehmer gemietete oder gepachtete Messestände nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen, sondern diese lediglich dreimal im Jahr benötigt und sie deshalb nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehört hätten.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. d, e, § 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.10.2022; Aktenzeichen III R 35/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für die Teilnahme an drei Fachmessen im Streitjahr 2016.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom …1976 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts E unter HRB Nr. eingetragene GmbH. Unternehmensgegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Kunststoff… aller Art. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind Herr U und Herr R. Die Klägerin ist als Herstellerin und Zulieferin für Produkte der Industrie tätig.

Im Streitzeitraum nahm die Klägerin als Ausstellerin an drei Messen teil, und zwar für zwei Tage an der Fachmesse „1” in Z / EU-Ausland, für vier Tage an der Zulieferermesse „2” in A und für vier Tage an der Fachmesse „3” in O / EU-Ausland.

Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 8 Abs. 1 des KörperschaftsteuergesetzesKStG – i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG –. Als Aufwand berücksichtigte sie Kosten für die Messestände i.H.v. insgesamt X € sowie weitere Kosten im Zusammenhang mit der Durchführung der Fachmessen i.H.v. X €. Der erstgenannte Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

Datum

Gegenstand

Betrag

00.00.2016

Messebau

X

00.00.2016

Mietmessestand

X

00.00.2016

Mietmessestand

X

00.00.2016

Standgebühr

X

Summe

X

Der zweite Betrag betraf eine Rechnung „L” i.H.v. X € sowie Aufwendungen für die Messe „Fachmesse 3” i.H.v. X €.

Die Klägerin reichte für das Streitjahr eine Gewerbesteuererklärung ein und erklärte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. X €. Bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen erklärte sie Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Betriebsanlagegüter (§ 8 Nr. 1 Buchst. e des GewerbesteuergesetzesGewStG –) i.H.v. X €. Diese setzen sich zusammen aus Mieten für externe Lager (X €), Mieten für Verwaltungsgebäude (X €) und Erbbauzinsen (X €). Die Aufwendungen für die Messestände waren nicht enthalten. Der Beklagte veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der AbgabenordnungAO –.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (im Folgenden: „GKBP”) führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 durch. Im Prüfungsbericht vom 26.2.2018 erklärte der Prüfer unter Tz. 2.8 des Berichts, die Klägerin habe in allen Jahren des Prüfungszeitraums an Messen teilgenommen. Ihr seien dabei für die Anmietung der Messeflächen und -stände erhebliche Kosten entstanden. Diese Beträge seien bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen, und zwar für das Jahr 2016 i.H.v. X €. Dieser Betrag setzte sich ausweislich der Anlage 4 zum Prüfungsbericht zusammen aus den Kosten für die Messestände i.H.v. X € sowie 70 % der übrigen Kosten im Zusammenhang mit der Durchführung der Fachmessen, also X €. Die Zuordnung der letztgenannten Kosten i.H.v. 70 % zu den Kosten für die Messeflächen und -stände ermittelte der Prüfer im Wege der Schätzung.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ gemäß § 164 Abs. 2 AO am 19.7.2018 einen Änderungsbescheid. Den Gewerbesteuermessbetrag für 2016 setzte er auf X € fest. Dabei erfasste er Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Wirtschaftsgüter i.H.v. X €. Diesen Betrag berücksichtigte er zur Hälfte (X €) in der Summe der Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1 GewStG. Von der Summe der Finanzierungsanteile (X €) zog er einen Freibetrag von X € ab und berücksichtigte die Zwischensumme (X €) zu einem Viertel (X €) als gewerbesteuerliche Hinzurechnung.

Dagegen legte die Klägerin am 20.8.2018 Einspruch ein, der erfolglos blieb.

Gegen die Einspruchsentscheidung vom 8.3.2019 hat die Klägerin am 10.4.2019 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Aufwendungen für die Messeflächen und -stände dürften bei den gewerbesteuerl...

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