Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinslauf

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zahlt der Kläger nach Ablauf der Verzinsung und des Zinslaufs auf einen Nachforderungsbescheid, der sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist und aufgehoben wird, so erhält er keine Verzinsung auf seine nunmehr zu erstattenden Steuern nach §§ 233ff. AO 1977.

2. Es besteht auch kein Anspruch auf Verzinsung aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs.

 

Normenkette

AO 1977 § 239 Abs. 1 Nr. 1, § 233 S. 1, § 233a Abs. 2 S. 3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger wird beim Finanzamt München IV, dem Beklagten, mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Das Finanzamt hatte im Änderungsbescheid vom 31.08.2000 die Einkommensteuer für 1989 auf 599.767 DM (nach Abzug von Lohn-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer 531.335 DM) und für die Zeit vom 01.04.1991 bis 31.03.1995 Zinsen zur Einkommensteuer für 1989 von -39.375 DM (-20.132,12 Euro) festgesetzt. Am 15.09.2000 erhielt es die Mitteilung, dass der Gewinn des Klägers aus der Veräußerung seiner Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Aschaffenburg im Jahr 1989 statt – wie bisher – in den Jahren 1994 bis 1996 anzusetzen sei (Änderungsbescheid vom 24.08.2000 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 1989). In dem nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid vom 22.09.2000 setzte es die Einkommensteuer für 1989 auf 966.955 DM (nach Abzug von Lohn-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer 898.955 DM) und die Zinsen für die Zeit vom 01.04.1991 bis 31.03.1995 auf 48.729 DM (24.914,74 Euro) fest. Die Einkommensteuernachforderung von 367.188 DM (187.740,24 Euro) verrechnete es mit Guthaben aus Einkommensteuerbescheiden für 1994 bis 1996 am 22.09.2000. Am 28.02.2002 wurde der Feststellungsbescheid vom 24.08.2000 wegen Feststellungsverjährung aufgehoben. In dem entsprechend geänderten Folgebescheid für 1989 vom 08.04.2002 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer und die Zinsen für die Zeit vom 01.04.1991 bis 31.03.1995 wieder wie im Bescheid vom 31.08.2000 fest. Es erstattete Einkommensteuer in Höhe von 187.740,24 Euro und – wegen Minderung der bisher zu hoch festgesetzten Nachzahlungszinsen – Zinsen in Höhe von 20.793,71 Euro (20.133 Euro + 660,71 Euro bereits getilgt).

Gegen den Zinsbescheid legte der Kläger Einspruch ein. Die Steuerzahlung von 187.740,24 Euro sei ab der Entrichtung bis zum 08.04.2002 zu verzinsen, da der Fiskus in diesem Zeitraum zu Unrecht die Kapitalnutzung gehabt habe. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1989 vom 22.09.2000 habe einen neuen Zinslauf ausgelöst. Im Jahr 2000 sei längst Feststellungsverjährung eingetreten gewesen; der aufgrund der geänderten Gewinnfeststellung geänderte nichtige Einkommensteuerbescheid 1989 habe keinen Zinslauf rückwirkend zum 01.04.1991 auslösen können. Der Zinslauf habe deshalb mit Entrichtung der festgesetzten Einkommensteuernachzahlung am 22.09.2000 begonnen. Dies entspreche § 233 a Abs. 3 Satz 3, 2. Halbsatz AO 1977, nach dem die Verzinsung im Regelfall nicht 15 Monate nach der Entstehung der Steuern beginne, sondern mit dem Tag der Zahlung.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 29.10.2003 als unbegründet zurück. Der Zinslauf habe am 01.04.1991 begonnen. Ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 233 a Abs. 2a AO 1977, das zu einer Verschiebung des Zinslaufs führen könnte, habe nicht vorgelegen. Der Einkommensteuerbescheid 1989 vom 22.09.2000 sei auch nicht nichtig, sondern nur anfechtbar und rechtswidrig gewesen. Der Beginn und das Ende des Zinslaufs bestimme sich somit nach § 233 Abs. 2 AO 1977, der Zinslauf ende am 31.03.1995, darüber hinaus sei keine Verzinsung vorgesehen.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Zinslauf habe nicht am 01.04.1991 begonnen. Das im Einkommensteuerbescheid vom 22.09.2000 enthaltene Leistungsgebot habe den Kläger zu einer Einkommensteuer-Zahlung im Jahr 2000 verpflichtet, und die Verzinsung beginne nach § 233a Abs.3 Satz 3 AO 1977 frühestens mit der Zahlung der Steuer. Selbst wenn der Zinslauf am 01.04.1991 begonnen hätte, wäre zu beachten, dass die Vierjahresbegrenzung des § 233a Abs. 2 Satz 3 AO 1977 im Rahmen des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 aufgehoben worden sei. In diesem Gesetz sei bestimmt worden, dass der Zinslauf mit Ablauf des Tages ende, an dem die Steuererstattung wirksam werde, und dies sei der 08.04.2002. Dem Sinn des Gesetzes entsprechend sei die Verzinsung daher ab dem Tag der Zahlung bis zum Wirksamwerden der Erstattung zu berechnen, also vom 31.08.2000 bis zum 10.04.2002. Der 31.08.2000 sei maßgeblich, da die frühere Zinsberechnung für Einkommensteuer 1994 – 1996 an diesem Tag geendet habe. Dass eine erweiternde Auslegung der Verzinsungsvors...

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