Entscheidungsstichwort (Thema)

Hemmung nur einer im Zeitpunkt der Neueinführung der Vorschrift des § 32a KStG noch offenen Festsetzungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Die eine korrespondierende Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen bei der Gesellschaft und dem Gesellschafter bezweckende und durch das JStG 2007 neu eingeführte Vorschrift des § 32a KStG bewirkt nicht, dass eine bereits abgelaufene Festsetzungsfrist wieder in Lauf gesetzt wird. Die Vorschrift bedingt lediglich, die Hemmung des Ablaufs einer zum Zeitpunkt der Neueinführung der Vorschrift noch offenen Festsetzungsfrist.

 

Normenkette

KStG 1999 § 32a Abs. 1; AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171; KStG § 8 Abs. 3 S. 2, § 34 Abs. 13c; EStG § 20

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2014; Aktenzeichen VIII R 30/12)

 

Tenor

1. Auf die Klage werden der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 6. Februar 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2009 dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer auf 83.267,97 EUR (= 162.858 DM) herabgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer der F-GmbH. Im Streitjahr schloss er eine Vereinbarung mit der Gesellschaft, wonach ihm gegen Verzicht auf seine Pensionszusage gegen die F-GmbH Ansprüche gegenüber einer Pensionsversicherung, die die F-GmbH im eigenen Namen zur Rückdeckung für sich abgeschlossen hatte, übertragen wurden. In der Einkommensteuererklärung für 1999 fand dieser Tausch von Pensionszusage gegen aktive Rückdeckungsversicherung keine Berücksichtigung, da der Kläger davon ausging, er habe erst bei Zufluss der Pensionszahlungen nach Eintritt des Versorgungsfalles die monatlichen Beträge der vollen Einkommensbesteuerung zu unterwerfen. Die Steuererklärung für das Streitjahr ging am 27. März 2001 beim Beklagten (Finanzamt) ein. Der Kläger wurde mit Bescheid vom 10. Mai 2001 erklärungsgemäß veranlagt. Der Einkommensteuerbescheid wurde noch mehrmals geändert, zuletzt unter dem 11. Februar 2004.

Bei der F-GmbH wurde für die Jahre 1999 – 2002 eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt. Mit Prüfungsanordnung vom 12. Dezember 2006 ordnete das Finanzamt auch eine Außenprüfung beim Kläger für die Jahre 2000 – 2002 an. Der Betriebsprüfer kam neben anderen Feststellungen zu der Auffassung, dass die Übertragung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung auf den Kläger eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstelle und stellte dies für das Streitjahr nachrichtlich im für den Kläger ergangenen Betriebsprüfungsbericht vom 27. Juni 2007 dar. Unter dem 24. Oktober 2007 erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid, in dem es die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 119.050 DM heraufsetzte. Als Änderungsvorschrift gab es § 32 a Abs. 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) an. Bereits mit Bescheid vom 22. August 2007 war der Körperschaftsteuerbescheid 1999 für die F-GmbH dahingehend geändert worden, dass die von der Betriebsprüfung festgestellte vGA einkommenserhöhend angesetzt wurde.

Der Kläger legte gegen die nachträgliche Erhöhung seiner Einkünfte Einspruch ein. Nach einer weiteren Änderung des Einkommensteuerbescheids unter dem 6. Februar 2009 wegen eines hier nicht relevanten Streitpunkts wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2009 den Einspruch als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich die Klage.

Zur Begründung bringt der Kläger im Wesentlichen vor, § 32 a KStG verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, da er den Erlass eines Einkommensteuerbescheids in Fällen wie dem hier streitigen ermögliche, in denen die Festsetzungsfrist bereits vor seiner Einführung abgelaufen sei. Die Festsetzungsverjährung sei mit Ablauf des Kalenderjahres 2005 eingetreten. Der Änderungsbescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil das Finanzamt bei seiner Entscheidung kein Ermessen ausgeübt habe. Es liege somit ein Ermessensfehler in der Form des Ermessensausfalls vor. In Fällen wie dem vorliegenden sei das auszuübende Ermessen dahingehend auf Null reduziert, dass von einer Anwendung der Vorschrift des § 32 a KStG abzusehen sei, weil ansonsten das schutzwürdige Vertrauen des Steuerpflichtigen in die eingetretene Festsetzungsverjährung unterlaufen würde. Jedenfalls sei das Finanzamt zu Unrecht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 6. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2009 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer um 20.032,41 EUR auf 83.267,97 EUR herabgesetzt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung beruft es sich auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus:...

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