Entscheidungsstichwort (Thema)

Garantie-Versicherung für Werk im Ausland unterliegt VersSt

 

Leitsatz (redaktionell)

Bezieht sich die von einem inländischen Unternehmen in Zusammenhang mit der Errichtung einer Industrieanlage in Norwegen abgeschlossene Garantie-Versicherung nicht physisch unmittelbar auf die Anlage, sondern dient dem Schutz vor etwaigen nach Werksabnahme während der Garantieperiode entstandenen Schadensersatzansprüchen, unterliegt die Garantie-Versicherung gem. § 1 Abs. 2 S. 1 VersStG und auch gem. Art. 25 i. V. m. Art. 2 Buchst. d Richtlinie 88/357/EWG der Versicherungsteuer, da sich die Belegenheit des Risikos am Ort des Sitzes des Versicherungsnehmers und nicht bei der nur vorübergehend bestehenden Montage-Betriebsstätte in Norwegen befindet, auch wenn dieser die Versicherungsbeiträge als Betriebsausgaben zugerechnet werden.

 

Normenkette

VersStG § 1 Abs. 2 Sätze 1, 2 Nr. 1; AO §§ 12, 168; Richtlinie 88/357/EWG Art. 25, 2 Buchst. d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2013; Aktenzeichen II R 53/11)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Aufwendungen selbst.

4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Bezahlung des Versicherungsentgelts durch die Klägerin an die Beigeladene für eine dort abgeschlossene Garantie-Versicherung der Versicherungsteuer unterliegt.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das den Bau von Chemie-, Raffinerie- und anderen Industrieanlagen betreibt, und gehört zum Konzernverbund der Fa. X Aktiengesellschaft. Im April 2003 erhielt die Klägerin von dem norwegischen Konzern N den Auftrag zur Errichtung einer Chlor-Alkali-Elektrolyse-Anlage am Standort Z in Norwegen mit einem Auftragsvolumen in Höhe von 80 Mio. EUR, die sie schließlich im Juni 2005 auch fertig stellte. Grundlage des Montageauftrags war der Vertrag der Klägerin (im Original: „Agreement; Contract No.: 06-CL-NH-B45-R3500049963) mit der Fa. M (Norwegen). In diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin in einem umfangreichen Bedingungswerk nicht nur zur Errichtung der Anlage (vgl. Part II bis IV des Vertrags) sondern auch zur Übernahme einer Garantie für den Zeitraum von zwei Kalenderjahren ab der Abnahme des Werks (vgl. Part V Art. 23 des Vertrags). Im Einzelnen umfasste die Garantieverpflichtung insbesondere die Ordnungsmäßigkeit und Mängelfreiheit der Werksanlage sowie der dort eingebauten Materialien für die Dauer der Garantieperiode (Part V Art. 23.1 und 25 des Vertrags). Die Klägerin unterhielt zum Zweck der Erfüllung des Vertrags am Montagestandort in Z (Norwegen) eine Betriebsstätte. Die sich aus dem Montageauftrag ergebenden Risiken sicherte die Klägerin hauptsächlich bei der Beigeladenen ab. Grundlage der Absicherung war zunächst der ab 1. Oktober 2003 wirksame Versicherungs-Rahmenvertrag der Beigeladenen mit der Fa. X 2 (Vers.-Nr.: ITV 40/0610/9270100). Der Rahmenvertrag konnte von allen mindestens in Höhe von 50% zum X-Konzern gehörenden Unternehmen – somit auch von der Klägerin – durch einseitige Anzeige gegenüber der Beigeladenen in Anspruch genommen werden. Bezogen auf das konkrete Projekt in Norwegen schloss die Klägerin zudem eine Montage-Konditionsdifferenzschutz-(KDS) und Garantie-Versicherung bei einem Versicherungskonsortium ab, bestehend aus der Beigeladenen sowie aus sieben weiteren Versicherungsunternehmen …. Die Beigeladene übernahm hierbei von der Mitversicherung einen Anteil von 40%. Ausweislich der „Besonderen Bestimmungen” des Versicherungsvertrags trat die Beigeladene im Verhältnis zu den übrigen beteiligten Versicherungsunternehmen als so genannter führender Versicherer auf. Insbesondere war sie von diesen im Rahmen der Mitversicherung nicht nur rechtsgeschäftlich bevollmächtigt und erforderlichenfalls auch zur Prozessführung ermächtigt sondern auch zum Inkasso der Versicherungsprämie berechtigt. Die Beigeladene stellte allein unter ihrem Namen am 26.07.2004 einen einheitlichen Versicherungsschein über einerseits die Montage-KDS-Versicherung (Vers.-Nr.: ITV 40/0610/9210087) und andererseits die Garantie-Versicherung (Vers.-Nr.: ITV 40/0620/9310087) aus. Der individuelle Versicherungsvertrag umfasste bezogen auf die Errichtung des Werks in Norwegen den Montagezeitraum vom 1. April 2004 bis zum 14. Oktober 2005 einschließlich eines 3 ½ -monatigen Probebetriebs. Bezogen auf die Garantie erstreckte sich der Versicherungszeitraum vom 15. Oktober 2005 bis zum 15. Oktober 2006. In einem als „Nachtrag 1 zur Montage-KDS- und Garantie-Versicherung” bezeichneten Versicherungsbescheinigung der Beigeladenen vom 3. Dezember 2004 wurde in Korrektur der entsprechenden Ausführungen auf dem Versicherungsschein ausdrücklich auf die Teile 1, 2 und 3 des o.g. Rahmenvertrags verwiesen. Unter der laufenden Nummer 7 der „Besonderen Bestimmungen” des Versicherungsvertrags war wegen des 12-monatigen Garantie-Versicherungsschutzes im Übrigen ausdrücklich auf die V...

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