Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld bei mehreren Kindergeldberechtigten erhält nur, wer die Haushaltsaufnahme darlegen kann

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Kindergeld erhält, wer als einer von mehreren Berechtigten nachweisen kann, dass er – und nicht der andere Kidnergeldberechtigte – das (auch volljährige) Kind in eine (auch: Teil-)Familiengemeinschaft mit einem auf ängere Dauer gerichteten Betreuungs-und Erziehungsverhältnis familienhafter Art aufgenommen hat.

2. Die verbleibende Ungewissheit geht nach den Grundsätzen der Darlegungslast / objektiven Feststellungslast zu Lasten der Klägerin.

3. Ist dieser Nachweis nicht geführt, kommt es auf die etwaige Zahlung von Unterhaltsrenten nach § 64 Abs. 3 EStG nicht mehr an.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2-3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld für ihre Tochter …, geboren am … 1987. Streitig ist im Klageverfahren nur noch der Kindergeldzeitzraum vom Juni 2005 bis April 2007.

Mit Bescheid vom 25. März 2010 hob die Familienkasse … (Beklagte) die Kindergeldfestsetzung auf und forderte die Klägerin zur Rückzahlung des für … ausgezahlten Kindergeldes auf. Sie begründete dies mit der fehlenden Haushaltszugehörigkeit von …; diese habe im streitigen Zeitraum dem Haushalt des Kindsvaters und ehemaligen Ehemanns der Klägerin angehört. … sei nicht, wie von der Klägerin vorgetragen, im Juni 2007 bei der Klägerin ausgezogen, sondern die Haushaltszugehörigkeit lasse sich bereits seit Juni 2005 nicht mehr feststellen. Zudem habe … im Februar 2006 ihre Schulausbildung am …gymnasium abgebrochen, auf das sie nach dem Besuch eines Privatgymnasiums erst im Herbst 2005 gewechselt war. … hatte auf Nachfrage der Beklagten erklärt, sie habe die Externistenprüfung in Salzburg Ende 2007 bestanden, nachdem sie sich selbst darauf vorbereitet gehabt habe. Die Kosten für die erforderlichen Nachhilfestunden habe … (weiterer geschiedener Ehemann der Klägerin; in den Schriftsätzen meist als Stiefvater Bezeichnet) bestritten. Anschließend im Februar 2009 die österreichische Matura erlangt. Zu ihrer Mutter, der Klägerin, habe sie aber seit ca. 2006 keinen Kontakt mehr gehabt. Sie lebe seit Sommer 2005 nicht mehr in deren Haushalt, sondern bei ihrem Vater … (Beigeladener). Der Einspruch der Klägerin, die diesen Vortrag unter Hinweis auf den Meldestatus von …, deren überwiegenden Aufenthalt in ihrem Haushalt und die durch sie erfolgte Begleichung von Rechnungen und Versicherungsbeiträgen bestritt, gegen den Bescheid vom 25. März 2010 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12. August 2010 nach Hinzuziehung des Kindsvaters als unbegründet zurückgewiesen. Dieser hatte erklärt, … sei im Sommer 2005 mit ihrer Habe einschließlich Hase und Hasenstall von der Kindsmutter zu ihm in ein eigenes Zimmer gezogen und habe seither dort ihren Lebensmittelpunkt gehabt. … habe anfangs sporadisch noch bei der Kindsmutter in einem Gästezimmer übernachtet, bis es zum endgültigen Zerwürfnis gekommen sei.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, … sei in ihren Haushalt aufgenommen gewesen und habe nur hin und wieder beim Beigeladenen übernachtet. Hauptsächlich habe sie in ihrem Haushalt gelebt und sei auch von ihr mit Geld sowie Sach- und Betreuungsleistungen unterhalten worden. Der Beigeladene sei aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht in der Lage gewesen, … in seinen Haushalt aufzunehmen und zu betreuen. Auf die im Einspruchsverfahren bereits vorgelegten, an die Klägerin gerichteten Rechnungskopien werde ebenso verwiesen wie auf eine eidesstattliche Versicherung, die … in einem gerichtlichen Unterhaltsverfahren abgegeben habe. Daraus gehe hervor, dass … zumindest bis zum 25. April 2007 ihren Lebensmittelpunkt in der Wohnung der Klägerin gehabt habe.

Die Klägerin beantragt (noch),

den Bescheid vom 25. März 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 12. August 2009 für den Kindergeldzeitraum Juni 2005 bis April 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Haushaltsaufnahme sei nicht nachgewiesen. Nach den Grundsätzen der Darlegungslast müsse das gewährte Kindergeld daher von der Klägerin zurückgefordert werden.

Der Beigeladene hat keine Anträge gestellt.

Das Gericht hat die Entscheidung mit Beschluss vom 24. April 2012 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Dieser hat den Kindsvater beigeladen sowie dessen schriftliche Vernehmung sowie die schriftliche Vernehmung der Zeugen … und … (Schwester des Beigeladenen) durchgeführt. Auf die jeweiligen Beschlüsse vom 26. April, 10. Mai und 9. August 2012 sowie die Beantwortung der Beweisfragen wird verwiesen. Im Übrigen wird auf die Kindergeldakte und die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Anspruch auf Kindergeld hat, wer im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 62 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuerg...

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