Entscheidungsstichwort (Thema)

Zweistufiges Verfahren im Mehr-Konten-Modells

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die steuerliche Abziehbarkeit der Schuldzinsen nach herrschender Ansicht zweistufig zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob und inwieweit Schuldzinsen überhaupt zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen durch § 4 Abs. 4a EStG eingeschränkt ist.

2. Nach diesen Grundsätzen können die Kläger den bei der Gewinnfeststellung ermittelten Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich nicht abziehen (vgl. FG Köln v. 6.11.2008, 12 K 6390/04, juris-web). Zutreffend hat das FG ausgeführt, dass die bei Überentnahmen gebotene Gewinnkorrektur nach § 4 Abs. 4a EStG nicht dazu führt, dass der wirtschaftliche Zusammenhang bestimmter Schuldzinsen mit der betrieblichen – hier freiberuflichen – Tätigkeit gelöst wird (vgl. auch BFH v. 21.6.2006, XI R 14/05, BFH/NV 2006, 1832). Denn nach den vom BFH entwickelten Grundsätzen sind Schuldzinsen anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Erwerbs- oder der Privatsphäre zuzuordnen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Strittig ist, ob nach § 4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) nicht abziehbare Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigungsfähig sind.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie erzielten in den Streitjahren 2009 und 2010 unter anderem Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Steuerberater (Kläger), aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung verschiedener Vermietungsobjekte. Im Jahr 2010 wurden außerdem Einkünfte aus einer gewerblichen Beteiligung erzielt. Die Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers werden einheitlich und gesondert beim Finanzamt Ingolstadt festgestellt.

Der Kläger hatte seinen für die Jahre 2009 und 2010 eingereichten Einkommensteuererklärungen im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine Erläuterung mit der Überschrift „Schuldzinsenabzug für V+V Objekte, Privatentnahmen für V+V Objekte aus der Gewinnermittlung der Steuerkanzlei” beigefügt. Die Summe der Entnahmen bezifferte er auf negativ 157.685,63 EUR (2009) bzw. 94.126,96 EUR (2010). Von den kumulierten Entnahmen von 533.191,27 EUR (2009) bzw. 627.318,23 EUR (2010) seien 6 % als Schuldzinsen abziehbar (31.991,47 EUR in 2009 bzw. 37.639,09 EUR in 2010). Als Werbungskosten wurden „dem Gewinn hinzuzurechnende Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4 EStG” in Höhe von 7.210,44 EUR (2009) bzw. 15.190,50 EUR (2010) geltend gemacht. Die für die Jahre 2009 und 2010 eingereichten Einkommensteuererklärungen wurden vom Finanzamt unverändert für die Veranlagung übernommen.

Der nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 22. Februar 2011 weist eine auf 145.443 EUR festgesetzte Einkommensteuer und einen Solidaritätszuschlag von 7.999,36 EUR aus. Der verbleibende Verlustvortrag wurde im ebenfalls nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. 12. 2009 wie folgt festgestellt:

Einkünfte aus Leistungen i.S. § 22 Nr. 3 EStG

Verbleibender Verlustvortrag zum 31. 12. 2008

1.070 EUR

Verbleibender Verlustvortrag zum 31. 12. 2009

1.070 EUR

Der nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 24. Mai 2012 weist eine auf 81.020 EUR festgesetzte Einkommensteuer, Zinsen zur Einkommensteuer von negativ 18 EUR und einen Solidaritätszuschlag von 4.456,10 EUR aus. Der verbleibende Verlustvortrag wurde im ebenfalls nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. 12. 2010 wie folgt festgestellt:

Einkünfte aus Leistungen i.S. § 22 Nr. 3 EStG

Verbleibender Verlustvortrag zum 31. 12. 2009

1.070 EUR

Verbleibender Verlustvortrag zum 31. 12. 2010

1.070 EUR

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens im Zusammenhang mit der Festsetzung der Einkommensteuer für 2008 vertrat das Finanzamt, dass die bei den selbständigen Einkünften wegen der Überentnahmen gebotene Gewinnkorrektur nach § 4 Abs. 4a EStG zu keinen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führe und teilte den Klägern mit, dass die in Höhe von 7.211 EUR und 15.191 EUR mit 6 % pauschalierten Schuldzinsen laut eingereichten Anlagen V nicht als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden könnten. Die bei Überentnahmen gebotene Gewinnkorrektur nach § 4 Abs. 4a EStG führe nicht dazu, dass der wirtschaftliche Zusammenhang bestimmter Schuldzinsen mit d...

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