rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Folgen der Löschung einer US-amerikanischen Limited Liability Company im dortigen Handelsregister. Beteiligtenfähigkeit der LLC. Vertretung einer gelöschten LLC bzw. Berechtigung zur Erstellung einer Prozessvollmacht. unzulässiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, wenn keine Vollmacht vorliegt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch eine im Handelsregister gelöschte US-amerikanische Limited Liability Company (LLC) verliert nicht ihre Beteiligtenfähigkeit im finanzgerichtlichen Verfahren, solange sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen hat oder gegen sie ergangene Steuerbescheide angreift.

2. Verliert die inländische Geschäftsführerin einer vermögenslosen US-amerikanischen LLC mit deren Löschung im Handelsregister in entsprechender Anwendung des deutschen Rechts die Vertretungsbefugnis und erfolgt keine Bestellung zur Nachtragsliquidatorin, ist sie nicht zur Unterzeichnung einer Prozessvollmacht für die LLC berechtigt.

3. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig, wenn die Bevollmächtigung der namens der Antragstellerin als Prozessbevollmächtigte aufgetretenen Rechtsanwälte nicht durch Vorlage einer für die Antragstellerin wirkenden schriftlichen Vollmacht nachgewiesen worden ist.

 

Normenkette

FGO §§ 57, 62 Abs. 3, § 76 Abs. 1 S. 4, § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; AO § 90 Abs. 2; Freundschaftsvertrag Art. VI Abs. 1, Art. XXV Abs. 1

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die als gesetzliche Vertreterin aufgetretene ….

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob die Antragstellerin Umsatzsteuer aus der Überlassung eines Alleinvertriebsrechts schuldet.

Die Antragstellerin wurde „von professionellen Dienstleistungsfirmen” als „Vorratsgesell-schaft” in der Form einer Limited Liability Company (LLC) nach dem Recht des US-Staates Oregon gegründet und am Juli 2000 in das dortige Handelsregister (Business Registry Database) eingetragen.

Am Dezember 2002 übernahm Frau (S) sämtliche Geschäftsanteile der Antragstellerin und beschloss ein „Operating Agreement” (Gesellschaftsvertrag), auf das im Einzelnen verwiesen wird (Bl. 135 ff. Gerichtsakte).

Die Antragstellerin wurde am 3. Dezember 2008 aufgelöst und reichte die „Articles of disso-lution” am 3. Dezember 2008 beim zuständigen Oregon Secretary of State, Corporation Division ein, wo sie mit dem Vermerk „FILED DEC 03 2008” versehen und die Einreichung im Register veröffentlicht wurde (vgl. Bl. 167 ff. der FG-Akte).

Am 4. März 2011 erließ der Antragsgegner (Finanzamt – FA) auf Grund einer Steuerfahndungsprüfung gegenüber der Antragstellerin zu Händen der Geschäftsführerin S Umsatzsteuerbescheide für 2004 bis 2008, mit denen er die Überlassung des Vertriebsrechtes der Umsatzsteuer unterwarf.

Dagegen erhoben die Rechtsanwälte namens der Antragstellerin am 1. April 2011 Einspruch, über den bislang noch nicht entschieden ist.

Den Antrag, die Vollziehung der streitigen Umsatzsteuerbescheide auszusetzen, lehnte das FA mit Bescheid vom 16. Mai 2011 ab.

Am 7. Juni 2011 hat die Rechtsanwaltsgesellschaft namens der Antragstellerin beim Finanzgericht München einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und dazu eine Prozessvollmacht vom 3. März 2011 vorgelegt. Frau S sei „Manager” der Antragstellerin.

Die Verträge vom 2003 und vom 2004 seien nur Scheingeschäfte und Frau S sei nur die Strohfrau ihres Vaters gewesen. Die von gezahlten Gebühren seien von der Antragstellerin wenige Tage nach Zahlungseingang auf Konten des Vaters oder von ihm kontrollierter Gesellschaften überwiesen worden.

Am 1. August 2011 hat die Rechtsanwaltsgesellschaft dem Gericht mitgeteilt, dass sie die Antragstellerin nicht mehr vertrete.

Am 3. August 2011 hat sich Rechtsanwalt … als Prozessbevollmächtigter der Antragstellerin/Frau S bestellt und eine am 9. August 2011 von Frau S als Vertreterin der Antragstellerin unterzeichnete Vollmacht vorgelegt.

Im Übrigen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Namens der Antragstellerin wird beantragt,

die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide für 2004 – 2008 vom 4. März 2011 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Zustellung des Urteils im Hauptsacheverfahren ohne Sicherheitsleistung in voller Höhe auszusetzen,

hilfsweise die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unzulässig.

1. Die Antragstellerin ist zwar als juristische Person beteiligtenfähig.

a) Die Antragstellerin als eine nach dem Recht des US-Staates Oregon gegründete Limited Liability Company (LLC) ist aufgrund des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954 (dort XXV Abs. 5 Satz 2), der durch Gesetz vom 7. Mai 1956 (BGBl II 487) in die nationale Rechtsordnung inkorporiert worden ist, als juristische Person beteiligtenfähig, da sie nach dem Recht der Vereinigten Staaten von Amerika (hier: des Sta...

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