Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht einer Sparkasse zur Vorlage von Provisionserlöskonten aus Wertpapiergeschäften mit Kunden im Rahmen einer Außenprüfung. Vorlageverlangen gem. § 200 Abs. 1 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird im Rahmen der Außenprüfung einer Sparkasse diese zum Zweck der Feststellung von (Provisions-)Einnahmen und zu deren umsatzsteuerlicher Würdigung zur Vorlage des Erlöskontos Wertpapierprovisionen aufgefordert, aus denen sich die Namen aller Kunden, die Wertpapiergeschäfte getätigt haben, sowie die einzelnen Wertpapiergeschäftsvorfälle ergeben, ist die Angemessenheit eines solchen Vorlageverlangens ernstlich zweifelhaft.

 

Normenkette

AO 1977 § 194 Abs. 3, § 30a Abs. 1, 3, § 154 Abs. 2, § 200 Abs. 1 S. 2, § 92 S. 1, § 90 Abs. 1 S. 3; UStG § 4 Nr. 8e; EStG § 4; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.04.2005; Aktenzeichen VII B 305/04)

 

Tenor

Die Vollziehung des Mitwirkungsverlangens vom 27. Oktober 2003, das Erlöskonto „Wertpapierprovisionen” für das Jahr 2000 vorzulegen, wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ausgesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 400,00 EUR.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Antragstellerin, einer Sparkasse, im Rahmen einer Außenprüfung Provisionserlöskonten aus Wertpapiergeschäften mit Kunden vorzulegen.

Der Antragsgegner ordnete am 21. Juli 2003 bei der Antragstellerin eine Außenprüfung für die Kalenderjahre 1998 bis 2001 an. Geprüft werden sollten die Bereiche Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Prüfungsbeginn war der 22. September 2003. Mit der Prüfungsanfrage Nr. vom 27. Oktober 2003, die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, bat der Antragsgegner unter Hinweis auf § 200 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) um die Vorlage des Erlöskontos „Wertpapierprovisionen” für das Jahr 2000. Dagegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 30. Oktober 2003 Einspruch und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Der Antragsgegner wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Bescheid vom 16. Februar 2004 zurück.

Die Antragstellerin hat bei Gericht am 12. März 2004 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung macht sie im wesentlichen geltend, dass sich nach den Darlegungen des Antragsgegners aus den vorzulegenden Unterlagen ergeben soll, welcher Kunde welches Wertpapiergeschäft mit der Sparkasse vorgenommen habe, weil nur dieses die vollständige Erfassung des Sachverhaltes ermögliche. Das sei unzulässig. Ihre Prüfung dürfe nicht als Vorwand dienen, um an interne Unterlagen ihrer Kunden zu kommen. § 30 a Abs. 3 AO schränke die Kontrollmitteilungsbefugnis anlässlich von Außenprüfungen ein. Legitimationsgeprüfte Konten dürften anlässlich einer Außenprüfung nicht festgestellt oder abgeschrieben werden, Kontrollmitteilungen hätten insoweit zu unterbleiben. Hierzu gehörten auch die Belege, die zu legitimationsgeprüften Konten gehören, weil ansonsten die Schutzwirkung des § 30 a AO umgangen werden könnte. Die angeforderten Unterlagen gehörten jedoch vorrangig zu den legitimationsgeprüften Konten. Sie leite Wertpapieraufträge ihrer Kunden an die weiter. Diese rechne den Kauf oder Verkauf ihr gegenüber ab und nehme auch entsprechende Buchungen vor. Sie habe keinen Einfluss auf den Buchungsvorgang, da es sich um Sammelbuchungen im Datenträgeraustausch handele.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des Vorlageverlangens vom 27. Oktober 2003 bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er erklärt zunächst, ihm sei die Sonderzuständigkeit zur Durchführung für Außenprüfungen bei Kreditinstituten im Land Mecklenburg-Vorpommern übertragen worden. In der Prüfungsanordnung sei der Bereich „Umsatzsteuer” ausgewählt worden. Mit der Überprüfung des bankinternen Wertpapierprovisionskontos sollen die Einnahmen der Antragstellerin belegt und Erkenntnisse über die Umsatzsteuerfreiheit gem. § 4 Nr. 8 e UStG freigegeben werden. Das Konto sei nicht gem. § 154 Abs. 2 AO legitimationsgeprüft und für die Besteuerung der Antragstellerin relevant, weil darauf Einnahmen und deren umsatzsteuerliche Würdigung zu erkennen seien. Bankinterne Konten, die lediglich Papierspuren zu legitimationsgeprüften Konten aufwiesen, fielen nicht unter den Schutz des § 30 a Abs. 3 AO. Ein Mitwirkungsverweigerungsrecht sehe die Abgabenordnung insoweit nicht vor.

Die Antragstellerin habe Einflussnahmemöglichkeiten auf die seitens der erstellten Provisionsgutschriften, weil es sich dabei um die zwischen den Kunden und der Sparkasse ausgehandelten Konditionen handele. Er – der Antragsgegner – überschreite seine Prüfungsbefugnisse mit der Prüfungsanfrage Nr. nicht. Er beabsichtige keine alleinige Überprüfung des Wertpapierprovisionskontos mit dem Ziel der Ermittlung einzelner Wertpapiergeschäfte von Dritten zum Zwecke der Fertigung von Kontrollmitteilu...

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