Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbefreiung von ärztlichen Leistungen im Bereich d. plastischen Chirurgie

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Umsätzen, denen Leistungen mit begünstigter und nicht begünstigter Zielrichtung zugrunde liegen, ist also der Schwerpunkt der Leistung maßgeblich dafür, ob der Umsatz steuerfrei oder -pflichtig ist, wonach das Hauptziel der Maßnahme der Schutz der Gesundheit sein muss. Maßgebend für die Qualifizierung einer Leistung als "heilberufliche Tätigkeit" ist somit das jeweils mit der Leistung verfolgte Ziel.

2. Es ist Sache des Stpfl., die tatsächlichen Voraussetzungen für die begehrte Steuerbefreiung darzulegen und nachzuweisen, da er die objektive Beweislast trägt. Soweit der Stpfl. seine fehlende Mitwirkung hinsichtlich d. Darlegung d. tatsächlichen Voraussetzungen auf die gem. § 203 StGB strafbewehrte ärztliche Schweigepflicht stützt, kann diese nicht dazu führen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Steuerbefreiungstatbestandes gem. § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG als erwiesen gelten. Der erkennende Senat kann dabei offen lassen, ob der Stpfl. sich im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu Recht auf seine ärztliche Schweigepflicht berufen kann.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.04.2014; Aktenzeichen V B 38/13)

BFH (Beschluss vom 08.04.2014; Aktenzeichen V B 38/13)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Umsatzsteuerfreiheit von ärztlichen Leistungen des Klägers im Bereich der plastischen Chirurgie streitig.

In den Streitjahren 1999 bis 2002 war der Kläger Chefarzt der Abteilung für Plastische Chirurgie und Handchirurgie des A-Krankenhauses in B. Er verfügte bereits damals über langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der plastischen, rekonstruktiven und kosmetischen Chirurgie sowie der Handchirurgie, so dass er über einen internationalen Patientenstamm verfügte. Zwischenzeitlich ist der Kläger in die Türkei verzogen.

Auf der Grundlage der Prüfungsanordnung vom 29.07.2004 führte der Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Zur Aufklärung des Sachverhalts forderte der Betriebsprüfer den Kläger zunächst auf, beispielhaft für die Monate November und Dezember 2000 und 2002 sämtliche Rechnungen vorzulegen. Bei den daraufhin vorgelegten Rechnungen deckte der Kläger die Indikationen der Patienten ab. Im weiteren Verlauf der Prüfung legte der Kläger sodann ausgewählte Rechnungen ambulanter Behandlungen mit nunmehr sichtbaren Indikationen vor, deren Rechnungsbeträge relativ gering waren, und später reichte er nochmals ausgewählte Rechnungen ein. Eine darüber hinaus gehende Vorlage weiterer Rechnungen lehnte der Kläger ab. Im Einzelnen wird auf Textziffer 2.2.2. des Betriebsprüfungsberichts vom 21.06.2005 verwiesen

Schließlich wertete der Betriebsprüfer die vorliegenden Unterlagen mit Einverständnis des Klägers aus. Seiner Beurteilung, ob eine umsatzsteuerpflichtige oder eine umsatzsteuerfreie Leistung vorlag, legte er die Wertung zu Grunde, ob die Behandlung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet worden war. Soweit die Rechnungen einen Rechnungsbetrag „kosmetische Teilbehandlung” oder den Vermerk „Die Kosten der kosmetischen Behandlung können nicht von der Krankenkasse übernommen werden” auswiesen, behandelte er diesen Teilbetrag als umsatzsteuerpflichtig. Bei der Schätzung ermittelte der Betriebsprüfer den prozentualen Anteil der Rechnungsbeträge für umsatzsteuerpflichtige Leistungen an der jeweiligen Rechnungsgesamtsumme für ambulante und stationäre Behandlungen der Monate November bis Dezember 2000 und 2002 und übertrug das Ergebnis auf die einzelnen Prüfungsjahre. Danach berechnete sich folgendes Ergebnis:

Honorare lt. EUR

1999

2000

2001

2002

abgerundet

TDM

TDM

TDM

TEuro

ambulante Re. (Kto. a)

449

505

538

222

ustpfl. 19 % lt. Bp (Anl. 2)

85

95

102

42

stationäre Re. (Kto. b)

1.559

1.883

1.616

897

aconto stationäre Re. (Kto. c)

328

23

ustpfl. lt. Bp (Anl. 1 u. 3)

(39 %)

49 %

(59 %)

65 %

=

735

933

953

583

Summe brutto

820

1.028

1.055

625

enthaltene USt

113.103 DM

141.793 DM

145.517 DM

86.206 EUR

geschätzte VorSt lt. Bp

10.856 DM

15.240 DM

16.790 DM

10.241 EUR

USt-Nacherhebung lt. Bp

102.247 DM

126.553 DM

128.727 DM

75.965 EUR

Im Einzelnen wird auf den Betriebsprüfungsbericht unter Textziffer 2.2.3. und die Anlagen 1 bis 3 verwiesen.

Daraufhin erließ der Beklagte am 18.10.2005 erstmalige Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte die Umsatzsteuern wie folgt fest:

1999 / DM

2000 / DM

2001 / DM

2002 / EUR

USt

113.103,36

141.793,12

145.517,28

86.206,88

VorSt

10.856,00

15.240,00

16.790,00

10.241,00

festgesetzte USt

102.247,00

126.553,00

128.727,00

75.965,00

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einsprüche ein und vertrat die Auffassung, dass Schönheitsoperationen steuerfrei seien, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund stehe. Daher habe er auch Operationen abgelehnt, wenn Operationen aus seiner Sicht ohne ein solches Ziel angestrebt worden seien. Ein Indiz könne die regelmäßige Übernahme der Kosten durch die Kr...

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