Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorab entstandene Werbungskosten durch dreijähriges Forschungsstipendium in Kanada

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen, die eine promovierte Diplom-Biologin im Zusammenhang mit einer - mit einem Stipendium geförderten - dreijährigen Forschung in Kanada tätigt, um im Anschluss daran ihre Hochschulkarrieren in Deutschland aufzunehmen bzw. fortzusetzen, sind vorab entstandene Werbungskosten.

 

Normenkette

EStG §§ 3c, 9 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Werbungskosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Gewährung eines Stipendiums an einer kanadischen Universität entstanden sind, sowie die Berücksichtigung von Kirchensteuerzahlungen als Sonderausgaben streitig.

Die Klägerin ist promovierte Diplombiologin. Sie hat ihr Examen und ihre Promotion mit Auszeichnung bestanden und war bereits während ihrer Promotionszeit mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität A betraut. Forschungsergebnisse ihrer Dissertation wurden in der weltweit führenden naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift „…” veröffentlicht. Die Klägerin strebt die Hochschullaufbahn an. Ihr Forschungsgebiet, das bereits Gegenstand ihrer Diplomarbeit und ihrer Dissertation gewesen ist, ist die …. Zu den führenden Forschungsinstituten auf diesem Gebiet gehört das der Universität B angegliederte „B.” (B.) in B/Kanada. Die Klägerin bewarb sich deshalb im Streitjahr darum, beim B. als sogenannter Postdoc angenommen zu werden. Da der Forschungsdirektor des B., C. im … 2008 an dem Internationalen D-Kongress im E in F teilnahm, verabredete sich die Klägerin mit ihm dort zu einem Vorgespräch und erhielt dabei die Zusage, beim B. als Postdoc angenommen zu werden. Das B., dem die Veröffentlichungen der Klägerin bekannt waren, lud die Klägerin deshalb im Herbst 2008 zu einem Vortrag nach B ein. Aufgrund dieser Einladung des B. reiste die Klägerin vom 30.09. bis 17.10.2008 nach B.

Im Anschluss an diesen Besuch der Klägerin in Kanada entschloss sich das B. der Klägerin ein in Kanada steuerfreies Stipendium in Form eines Unterhaltszuschusses anzubieten und sie von den Studiengebühren freizustellen. Das Stipendium sollte eine Dauer von drei Jahren haben und ab dem 01.02.2009 beginnen. Der monatliche Unterhaltszuschuss aus diesem Stipendium beträgt umgerechnet 1.057 EUR und ist in Kanada steuerfrei.

Vor ihrer Abreise nach Kanada kündigte die Klägerin ihre Wohnung in A und schloss im Dezember 2008 einen Mietvertrag mit der Firma H Deutschland GmbH betreffend die Einlagerung ihrer Möbel. Für die Einlagerung ihrer Möbel entstanden der Klägerin im Dezember 2008 Kosten in Höhe von 155 EUR.

Das Speditionsunternehmen K transportierte die Möbel der Klägerin von ihrer Wohnung zur Einlagerungsstätte. Die Transportkosten betrugen insgesamt 458,15 EUR.

Für ihre Teilnahme am Internationalen D-Kongress in F entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 228 EUR.

Für ihre Reise nach B in der Zeit vom 30.09. bis 17.10.2008 musste die Klägerin insgesamt 1.713 EUR aufwenden.

Die genannten Aufwendungen sind der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig.

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 vom 26.12.2009 machte die Klägerin diese Aufwendungen in Höhe von insgesamt 2.554 EUR als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend.

Die im Streitjahr 2008 gezahlte Kirchensteuer gab die Klägerin in Höhe von 1.391 EUR an und machte diese als Sonderausgaben geltend.

Im Rahmen des erstmaligen Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr 2008 vom 27.05.2010 wurden die von der Klägerin geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 2.554 EUR nicht berücksichtigt. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid führte der Beklagte aus, dass die Bewerbungskosten nicht im Zusammenhang mit Einkünften stünden, die in Deutschland steuerpflichtig seien. Werbungskosten im Sinne von § 9 EStG seien jedoch nur Aufwendungen zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, die nach deutschen Steuergesetzen steuerpflichtig seien.

Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, den sie im Wesentlichen dahingehend begründete, dass die vorübergehende, vertraglich befristete wissenschaftliche Forschungstätigkeit ihrer Habilitation für eine Professoren- und Institutsleiterstelle an einer deutschen Universität diene.

Grundlage einer Habilitation im Fachbereich der D seien durch Versuche gewonnene Forschungsergebnisse, die in der Schrift naturwissenschaftlich ausgedeutet und in einem wissenschaftlichen Erklärungszusammenhang gebracht werden müssten. Diese Grundlage werde im Bereich der Biowissenschaften vielfach durch eine Forschungsund Fortbildungstätigkeit auf internationaler Ebene als sogenannter Postdoc an einem international führenden Institut erarbeitet. Die Vernetzung der Bewerber um die Leitung eines Universitätsinstituts mit der internationalen Spitzenforschung sei auch im Übrigen zur faktischen Voraussetzung einer Berufung zum Institutsdirektor – Ordinarius – einer deutschen Universität...

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