Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsratsmitglieds; Berichtigungspflicht gem. § 14c UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Stellung des Stpfl. als Aufsichtsratsvorsitzender und damit als Mitglied eines gesetzlichen Organs einer Aktiengesellschaft erfüllt weder die Voraussetzung eines Tätigwerdens im eigenen Namen und eigener Verantwortung noch trägt er aufgrund der einschlägigen Vergütungsbestimmungen in Gesetz, Satzungen und Geschäftsordnung ein wirtschaftliches Risiko aus dieser Tätigkeit.

2. Eine Steuerschuld nach § 14c UStG kann nicht entstehen, wenn feststeht, dass durch den unberechtigten oder unrichtigen Steuerausweis in einer Rechnung keine Steuergefährdung eintreten kann. Der Aussteller der Rechnung muss daher in diesen Fällen weder die Rechnung berichtigen noch den zu viel vereinnahmten Steuerbetrag an den Rechnungsempfänger zurückzahlen.

 

Normenkette

UStG § 14c; MwStSystRL Art. 9; UStG § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen XI R 35/23)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung der Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener Gesellschaften der Z-Gruppe in den Jahren 2015 bis 2020.

Der Kläger war in den Streitjahren Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender der Aufsichtsräte der folgenden Gesellschaften:

Z … AG,

Y … AG (vormals bis 2015: Y AG),

Z … X AG,

Z … W AG,

Z … V AG (nur in 2015),

U … AG.

Für die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsvorsitzender schlossen die Gesellschafter jeweils eine D&O-Versicherung ab.

Der Kläger erhielt eine durch die jeweilige Gesellschaftssatzung und hierauf beruhende Hauptversammlungsbeschlüsse geregelte Vergütung. Diesbezüglich enthalten die Satzungen der Gesellschaften jeweils folgende, sich inhaltlich entsprechende Regelungen:

„Die Mitglieder des Aufsichtsrates erhalten neben dem Ersatz ihrer Auslagen, insbesondere der Reisekosten, eine von der Hauptversammlung festzusetzende Vergütung. Die Umsatzsteuer wird von der Gesellschaft erstattet, sobald die Mitglieder des Aufsichtsrates die Umsatzsteuer der Gesellschaft gesondert in Rechnung stellen.

Ausscheidende oder neu gewählte Aufsichtsratsmitglieder erhalten nur den Teil der Vergütung, welcher der Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat in dem betreffenden Geschäftsjahr entspricht. Gleiches gilt sinngemäß für Ersatzmitglieder.”

Die dem Senat vorliegenden Beschlüsse der Hauptversammlungen enthalten hinsichtlich der Vergütungsregelungen folgende, sich inhaltlich entsprechende Regelungen:

„Die Mitglieder des Aufsichtsrates erhalten neben dem Ersatz ihrer Auslagen, insbesondere der Reisekosten, eine Vergütung pro Sitzungstag (Alternative Formulierung: je Sitzung) in Höhe von X EUR, der Vorsitzende das Doppelte.”

Die durch die Hauptversammlung der jeweiligen Gesellschaften festgelegten Vergütungen des Aufsichtsratsvorsitzenden betrugen in den Streitjahren bei der

Z … AG, Y:

… EUR (bis 30. Juni 2018)

(Beschluss HV vom … 2003

… EUR (ab 1. Juli 2018)

(Beschluss HV vom … 2018)

Y AG

(vormals T & Z AG):

… EUR

(Beschluss HV vom … 2006)

Y … AG:

… EUR

(Beschluss HV vom … 2017)

Z … X AG:

… EUR

(Beschluss HV vom … 2006)

Z … W AG:

… EUR

(Beschluss HV vom … 2011)

Z … V AG:

… EUR

gemäß Mitteilung des Klägers

U AG

… EUR

(Beschluss HV vom … 2016)

In den Streitjahren fanden folgende Sitzungen der jeweiligen Aufsichtsräte statt, die Eingang in die Vergütungsabrechnung gefunden haben (Anzahl der Sitzungen):

Z … AG, Y:

2015

2016

2017

2018

2019

2020

0

0

1

1

0

0

Y AG

(vormals T & Z AG):

2015

2016

2017

2018

2019

2020

3

0

1

1

0

0

Y … AG:

2015

2016

2017

2018

2019

2020

0

0

2

2

2

2

Z … X AG:

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2

2

2

3

2

2

Z … W AG:

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2

2

2

2

3

2

Z … V AG:

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2

0

0

0

0

0

U … AG:

2015

2016

2017

2018

2019

2020

0

1

2

2

2

2

Die dem erkennenden Senat vorliegende Geschäftsordnung der Aufsichtsräte (Bl. 105 bis 107 d. A.) bestimmt in § 4 Abs. 1, dass Aufsichtsratssitzungen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal pro Halbjahr stattfinden sollen. Darüber hinaus ist nach § 4 Abs. 2 eine Aufsichtsratssitzung auch dann einzuberufen, wenn ein Aufsichtsratsmitglied oder ein Vorstandsmitglied dies unter schriftlicher Angabe des Zwecks und der Gründe beantrage.

Die für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender bzw. Mitglied erhaltene Vergütung, behandelte der Kläger entsprechend der damaligen Auffassung in Finanzverwaltung und Rechtsprechung in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre als umsatzsteuerpflichtig, wies in den Rechnungen an die Gesellschaften die Umsatzsteuer aus und reichte entsprechende Umsatzsteuererklärungen ein. Im Einzelnen ergaben sich nach jeweiliger Zustimmung des Beklagten folgende Umsatzsteuerfestsetzungen:

Jahr

Zustimmung FA

Bemessungsgrdl.

Festsetzung

2015

12. April 2016

… EUR

… EUR

2016

6. Juli 2017

… EUR

… EUR

2017

11. Juli 2018

… EUR

… EUR

2018

10 Mai 2019

… EUR

… EUR

2019

3. Dezember 2020

… EUR

… EUR

2020

20. Oktober 2021

… EUR

… EUR

Die Festsetzungen standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, ...

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