Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgängigmachung, mehrfache Korrektur gemäß § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG, Reichweite der Korrekturvorschrift

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglich eine punktuelle Änderung („insoweit”) des ESt-Bescheides zur Rückgängigmachung des geltend gemachten Investitionsabzugsbetrages. Ein dem FA bei der Erstkorrektur unterlaufener Fehler kann dabei durch eine erneute Korrektur berichtigt werden.

2) Eine darüber hinausgehende Korrektur des ESt-Bescheides wegen anderer Fehler kann auch dann nur unter den Voraussetzungen anderer Korrekturvorschriften erreicht werden, wenn diese Fehler „im Umfeld” einer auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG gestützten Änderung unterlaufen sind.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.03.2021; Aktenzeichen VIII R 45/18)

 

Tatbestand

Der einzeln zur Einkommensteuer veranlagte Kläger war im Streitjahr selbständig als G tätig. In seiner im November 2010 durch seine steuerliche Beraterin, die Prozessbevollmächtigte, eingereichten Einkommensteuererklärung erklärte er einen Gewinn aus selbständiger Arbeit i.H.v. 89.174 €. Hierbei wurde unstreitig ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG; in der im Streitjahr 2009 geltenden Fassung) für geplante Investitionen (siehe i.E. Aufstellung der geplanten Anschaffungen Bl. 46 der Gerichtsakte) gewinnmindernd i.H.v. 15.800 € berücksichtigt. Der Beklagte veranlagte den Kläger unter dem 18. Januar 2011 antragsgemäß ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Unter dem 18. Februar 2011 und 18. Oktober 2011 ergingen aus anderen Gründen Änderungsbescheide.

In der im Jahre 2014 abgegebenen Einkommensteuererklärung 2012 teilte der Kläger mit, dass keine Investition der in 2009 angegebenen Güter erfolgt sei.

Der Beklagte beabsichtigte daraufhin ausweislich der vorgehefteten Unterlagen zur Bilanzakte „Überwachungsbogen [§ 7g EStG] VZ 2009” die Hinzurechnung eines Betrags von 15.800 € in 2009, d.h. die Rückgängigmachung des seinerzeit berücksichtigten Investitionsabzugsbetrags. Er erließ daraufhin am 29. September 2014 einen Änderungsbescheid. Als Änderungsvorschrift benannte er § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG. In den Erläuterungen wird aufgeführt, der in 2009 gewinnmindernd abgezogene Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG i.H.v. 15.800 € werde rückgängig gemacht, weil keine Investition bis zum dritten auf das Jahr der Rückstellungsbildung folgende Jahr (d.h. bis zum Jahr 2012) erfolgt sei. Im Widerspruch zu diesen Angaben erhöhte der Beklagte jedoch nicht den Gewinn um 15.800 €, sondern verminderte den Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von 89.174 € um 14.200 € auf 74.974 € und setzte hierzu eine Einkommensteuer i.H.v. 21.242 € fest. Dies bewirkte beim Kläger eine Erstattung i.H.v. 5.964 € Einkommensteuer (zzgl. Zinsen und SolZ; Erstattung insgesamt 7.542,04 €). Anhand des Akteninhalts und auch aufgrund vom im Klageverfahren beim Beklagten eingeholten Erläuterungen ist allen Beteiligten und dem Gericht nicht erklärlich, weshalb sowohl die „Änderungsrichtung” (Gewinnverminderung statt Gewinnerhöhung) als auch der Änderungsbetrag (14.200 € statt 15.800 €) fehlerhaft sind.

Etwa zweieinhalb Jahre später, im Jahr 2017, bemerkte der Beklagte den Fehler und setzte mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 21. Februar 2017 den Gewinn von 74.974 € auf 104.974 € (d.h. ursprünglich erklärter Gewinn 89.174 € zzgl. Rückgängigmachung Investitionsabzugsbetrag von 15.800 €) herauf. Die Gewinnerhöhung beträgt damit insgesamt 30.000 € und entfällt zu 14.200 € auf die Korrektur des früheren Fehlers (falscher Änderungsbetrag und falsche Änderungsrichtung im Bescheid vom 29. September 2014) und zu 15.800 € auf die wohl schon 2014 beabsichtigte Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags. Hierdurch entstand eine Nachzahlungslast von 12.600 € Einkommensteuer zzgl. Zinsen und SolZ, insgesamt i.H.v. 15.435 €. Als Rechtsgrundlage benannte der Beklagte erneut § 7g Abs. 3 EStG und führte unter Verweis auf § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG aus, die Festsetzungsfrist sei nicht abgelaufen. Sie richte sich nach der für den Veranlagungszeitraum 2012 (= Jahr, in welchem die Investition endgültig nicht erfolgt ist) geltenden Festsetzungsfrist und ende wegen Erklärungsabgabe im Jahre 2014 erst mit Ablauf des 31. Dezember 2018. Einen gegen diesen Änderungsbescheid vom Kläger fristgerecht erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2017 als unbegründet zurück.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er ist der Auffassung, die Festsetzungsfrist sei im Jahre 2017 bereits abgelaufen gewesen. Der Bescheid könne nicht auf § 7g Abs. 3 EStG gestützt werden. Der Beklagte habe bereits im September 2014 einen auf § 7g Abs. 3 EStG gestützten Bescheid erlassen, diese Änderungsnorm sei damit „verbraucht”. § 7g Abs. 3 EStG gestatte nicht die mehrfache Berichtigung wegen eines gleichen Sachverhalts. Im Streitfall sei auch keine Änderung nach § 129 der Abgabenordnung (AO) möglic...

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