Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer zeitanteiligen degressiven Absetzung für Abnutzung nach § 7 Abs. 5 EStG. Beschwer bei Null-Festsetzung. Einkommensteuer 1979

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es besteht keine Verpflichtung die degressive Absetzung für Abnutzung nach § 7 Abs. 5 EStG im Jahre der Fertigstellung des Gebäudes mit dem vollen AfA-Jahresbetrag anzusetzen (entgegen Abschn. 42 Abs. 6 EStR 1975). Die AfA kann zeitanteilig bemessen werden.

2. Durch eine auf 0 DM festgesetzte Steuer kann der Steuerpflichtige ausnahmsweise in seinen Rechten verletzt sein, wenn der zu niedrige Ansatz einer Besteuerungsgrundlage in späteren Jahren eine zu hohe Steuer auslösen kann.

 

Normenkette

EStG 1979 § 7 Abs. 5; FGO § 40 Abs. 2; EStG 1975 Abschn. 42 Abs. 6

 

Tenor

Die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 09.11.1981 wird aufgehoben.

Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1979 wird die Einkommensteuer auf 646,00 DM festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob Absetzungen für Abnutzung (AfA) an Gebäuden im Rahmen des § 7 Abs. 5 Einkommensteuergesetz in der Fassung vom 21. Juni 1979 (EStG 1979) nur in Höhe des Jahresbetrages oder auch zeitanteilig – hier für 2 Monate – vorgenommen werden dürfen.

Der als Kläger auftretende Ehemann errichtete im Jahre 1979 in …, ein Mietwohnhaus, welches zum 01.11.1979 bezugsfertig wurde. Die Herstellungskosten beliefen sich auf 661 747,41 DM.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1979 beantragten die Kläger (Kl.), die AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG 1979 in Höhe von 3,5 v.H. zeitanteilig für 2 Monate als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, und setzten für die Monate November und Dezember einen Betrag in Höhe von 3 860,00 DM an.

Der Beklagte (Bekl.) entsprach diesem Antrag der Kl. nicht und setzte als AfA nach § 7 Abs. 5 EStG 1979 einen um 19 301,00 DM erhöhten Betrag als vollen Jahresbetrag in Höhe von 23 161,00 DM fest.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 1979, der aufgrund der Vorgehensweise des Bekl. im Bereich des zu versteuernden Einkommens einen negativen Betrag 8 971,00 DM demzufolge eine Steuerschuld von 0,00 DM auswies, legten die Kl. am 07.11.1980 fristgerecht Einspruch ein, der erfolglos blieb.

Mit ihrer Klage wiederholen die Kl. im wesentlichen ihre bisherige Auffassung. Sie sind der Ansicht, dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 EStG 1979 sei nicht zu entnehmen, daß dem Steuerpflichtigen (Stpfl.) nur die Absetzung in Höhe des vollen Jahresbetrages im Jahre der Fertigstellung offenstehe.

Sie tragen vor, daß, entgegen Abschnitt 42 Abs. 6 der Einkommensteuer-Richtlinien in der Fassung vom 14. April 1976 (EStR 1975), § 7 Abs. 5 EStG 1979 die Möglichkeit zur zeitanteiligen Absetzung im Fertigstellungsjahr eröffne, da sich zum einen die Argumentation der Finanzverwaltung in Abschnitt 42 Abs. 6 EStR 1975 auf einen anderen Sachverhalt beziehe und zum anderen § 7 Abs. 5 EStG 1979 dem Stpfl. im Jahre der Veräußerung eine zeitanteilige Absetzung auferlege. Insofern sei nicht einzusehen, warum Unterschiede zwischen dem Jahr der Fertigstellung und dem Jahr der Veräußerung gemacht würden.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 09.11.1981 und Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1979 vom 29.10.1980 die Steuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 10 330,00 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Bekl. auf seine Einspruchsentscheidung sowie darauf, daß der Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 5 EStG 1979 ein Wahlrecht zwischen der Absetzung § 7 Abs. 4 EStG 1979 und § 7 Abs. 5 eröffne. Habe sich der Stpfl. für die Absetzungsmethode nach § 7 Abs. 5 EStG 1979 entschieden, so bestehe für ihn nur die Möglichkeit, den vollen Jahresbetrag abzuziehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die Kl. haben zu Recht geltend gemacht, durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Zwar wird ein Stpfl. durch eine auf 0 DM festgesetzte Steuer in der Regel nicht in seinen Rechten verletzt und kann demnach durch den Steuerbescheid nicht beschwert sein; ausnahmsweise kann jedoch ein zu niedriger Ansatz einer Besteuerungsgrundlage eine Rechtsverletzung durch den Bescheid auslösen, wenn der zu niedrige Ansatz in späteren Jahren eine zu hohe Steuer auslösen kann (vgl. Tipke/Kruse, AO-FGO, 11. Aufl., § 40 FGO Rdnr. 12 mit weit. Nachw.). Im Streitfall führt das Vorgehen des Bekl. dazu, daß der Restwert des Gebäudes in späteren Jahren zu niedrig und daher die Steuerbelastung entsprechend zu hoch angesetzt wird.

Die Klage ist auch begründet.

Die Kl. waren berec...

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